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FeminisMUSS: Die Diktatur des Karrieremachens

09.09.2013 |  Von  |  Beitrag

Jeder spricht heutzutage über Frauenquote, Gleichberechtigung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Wer aber erhebt die Stimme für jene Frauen, denen ihre Rolle als Ehefrau und Mutter wichtiger als die Karriere ist? Bestandsaufnahme einer Ideologie, die sich selbst ad absurdum geführt hat.

Will eine Frau in unserer Gesellschaft bewusst auf berufliches Vorankommen zugunsten ihrer Familie verzichten, muss sie sich oft dafür rechtfertigen. Schluss damit, sagt Birgit Kelle, Autorin des Buches „Dann mach doch die Bluse zu“ – wenn die karriereorientierten Frauen Wahlfreiheit haben sollen, dann müssen sie auch die familienorientierten bekommen. Doch nicht nur in diesem Punkt widerspricht der Feminismus seiner eigenen Logik, so die vierfache Mutter.

Eigentlich fing alles mit dem Kampf für gleiche Rechte an. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts durften Frauen nicht wählen gehen und keine universitären Lehrstühle innehaben. Gut 100 Jahre später kann der Kampf für Gleichberechtigung viele Erfolge vorweisen. Frauen steht praktisch die Welt offen, sie haben quasi die gleichen Möglichkeiten der beruflichen und staatsbürgerlichen Verwirklichung wie auch Männer. Freilich gibt es noch einige Kritikpunkte, zum Beispiel die nach wie vor ungleiche Bezahlung in vielen Branchen. Aber im Grossen und Ganzen können sich Frauen nicht beklagen. Wenn sie wollen, können sie sogar Karriere machen und gleichzeitig Kinder haben – die werden dann einfach morgens in einer Kita abgegeben und abends wieder abgeholt.

Man (oder feministisch korrekt: frau) wollte sich vom Diktat der Männerwelt loslösen und hat das auch geschafft. Freiheit und Selbstbestimmung sind der Frauenrechtsbewegung systemimmanent. Doch aus dem Kampf für weibliche Rechte wurde der einseitige Feminismus. Und nun, so stellt Birgit Kelle fest, hat eine andere Diktatur begonnen, nicht mehr von Seiten der Männer, sondern von Seiten anderer Frauen. Als „Heimchen am Herd“ muss sich so manche hingegebene Mutter, die lieber zuhause bleibt, beschimpfen lassen. Warum sie denn nicht die Kinder in die Krippe steckt und arbeiten geht? So schade sie ja nur der Wirtschaft und letztlich unserem Staat. In Deutschland kassiert so eine Frau jetzt auch noch Betreuungsgeld, welches von namhaften Politikern diffamierend als „Herdprämie“ geschmäht wird. Dass der Staat mit den 150 Euro pro Monat viel besser wegkommt als mit den über 1000 Euro, mit denen ein Krippenplatz subventioniert wird, wird verschwiegen. Unfassbar auch die Tatsache, dass hier öffentlich und schamlos Gleichberechtigung und Wahlfreiheit mit Füssen getreten werden. Die würden nämlich bedeuten, sich ohne öffentlichen Druck und mit gleicher staatlicher Subventionierung zwischen den Modellen „Zuhause bleiben“ und „Arbeiten gehen“ entscheiden zu können.

Doch nicht nur im Spannungsfeld Beruf-Familie verstrickt sich der Feminismus in Widersprüche. Kelle, die übrigens auch berufstätig ist, stellt heraus, dass die übertrieben argwöhnische Grundhaltung der Feministinnen Männern gegenüber den Umgang zwischen den Geschlechtern deutlich verkompliziert hat. Dadurch, dass selbst bewundernde Blicke zum Teil als sexuelle Belästigung aufgefasst werden, herrscht zunehmend Verunsicherung darüber, was Mann überhaupt noch darf. Demgegenüber würde niemand eine Frau des Sexismus bezichtigen, wenn sie sich einen wohlgeformten Männerkörper ansieht. Kelle: „Wenn David Beckham in Unterwäsche auf einer Plakatwand abgebildet ist, schauen wir Frauen doch auch gerne mal hin.“ Natürlich ist und bleibt es ein lobenswertes Ziel des Feminismus, den (tatsächlichen) Sexismus zu bekämpfen. Die dafür eingesetzten Waffen sind jedoch zum Teil abstrus. Dass die ukrainische Feministinnen-Organisation „Femen“ ihren Forderungen mit nackten Brüsten Nachdruck verleiht, vergleicht Kelle mit einer Grillparty, durch die man für Vegetarismus wirbt. Da möchte man den Femen fast raten: „Dann mach doch die Bluse zu“.



Eng verwandt, wenn auch nicht kongruent mit dem Feminismus ist das Gender Mainstreaming. Der darin propagierte „durchgegenderte Einheitsmensch“ ist laut Kelle „kein Glücksversprechen, sondern eine Horrorvision“. Das Problem ist ja nach wie vor die wissenschaftlich unhaltbare Basis des Gender Mainstreamings, die sämtliche Geschlechterunterschiede wegleugnet, egal was die Fakten sagen. All dem zum Trotz folgen viele Politiker und Funktionäre blind einer Ideologie, die sie kaum verstehen. Die Folge: Millionen Franken und Euro an Steuergeldern werden für gendergerechte Spielplätze, Unisex-Toiletten oder anderen Unsinn ausgegeben. Und eine Forschung finanziert, die sich ihre eigene Wirklichkeit zurechtzimmert und häufig resistent gegen Argumente und Tatsachen ist.

Als Fazit lässt sich ziehen, dass die Frauenrechtsbewegung viel Gutes erreicht hat. Nun scheint sie aber an einem Punkt angelangt zu sein, an dem sie sich neu erfinden muss. Das heisst zum Beispiel, nicht länger kategorisch gegen die Männer, sondern mit ihnen gemeinsam zu arbeiten. Es bedeutet auch, Frauen echte Wahlfreiheit zuzugestehen. Sonst droht ein Verrat an den Werten, für welche die Frauen so lange gekämpft haben.

 

Oberstes Bild: © detailblick – Fotolia

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