Den Trojaner gibt’s gratis ab Werk
von Olaf Hoffmann
Aufgeflogen ist vor einigen Tagen die Kopie des Samsung Galaxy S4, die vom chinesischen Hersteller als N9500 billig auf den Markt geworfen wird. Das Imitat ist mit dem Uupay.D-Trojaner „vorgerüstet“, der sich als Google-Play-Dienst tarnt. Erkannt wird der Trojaner bestenfalls von einem Virenschutz-Programm für mobile Geräte, der natürlich nicht mit ausgeliefert wird.
Was macht Uupay.D?
Uupay.D sorgt dafür, dass zunächst die Daten der Nutzer ausgespäht, registriert und analysiert werden können. Sie werden anschliessend an Kriminelle weiterverkauft und spielen so dem Hersteller im fernen Asien zusätzliche Gewinne in die Kassen. Da diese aus kriminellen Aktivitäten stammen, werden sie natürlich weder veröffentlicht noch in irgendwelchen Bilanzen auftauchen. Fest steht, dass der ab Werk vorinstallierte Trojaner kein friedlicher Zeitgenosse ist und den Nutzern der Billig-Imitate durchaus erheblichen Schaden zufügen kann.
Bösartig ist hier nicht nur die Lieferung der Schadsoftware ab Werk, sondern vor allem die Einbettung in scheinbar harmlose Dienste. Dort wird ein Trojaner im Regelfall nun wirklich nicht vermutet. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass gerade im Billig-Smartphone-Segment eine Menge solcher Störenfriede unterwegs sein dürften, die bislang möglicherweise nur noch nicht erkannt und/oder veröffentlicht wurden.
Spionage nimmt neue Dimension an
Ich selbst kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass die modernen Smartphones als Mittel der allgemeinen und weitgreifenden Spionage genutzt werden. Mittlerweile sind es nicht nur die üblichen Verdächtigen wie NSA und andere Geheimdienste, sondern auch die Wirtschaft selbst, die mit den Cyber-Kriminellen Hand in Hand arbeitet. Während die einen sich hinter dem Schutz nationaler und globaler Interessen verstecken, spielen bei den anderen rein wirtschaftliche Interessen die dominierende Rolle.
Schade, dass der technische Fortschritt nur noch scheinbar zum Nutzen der Menschen selbst und tatsächlich eher zum Nutzen von Systemen benutzt wird. Das stellt einen Missbrauch von Vertrauen dar und führt den technologischen Fortschritt letzten Endes ad absurdum. Die Verbrauchergewohnheiten herauszufiltern bedeutet hier nämlich nicht nur, gezielt auf wirtschaftliche Entwicklungen einwirken zu können, sondern vor allem auch, ein Überwachungsregime zu errichten, in dem letztlich jeder einzelne Bürger zu einer berechenbaren Grösse wird.
Das klingt nach einem Szenario, das letztlich jeden Bürger überwachbar, kontrollierbar und letztlich auch steuerbar werden lässt. Wie nah wir an einer solchen Situation sind, zeigt die Tatsache, dass sich nicht nur Kriminelle, sondern auch staatliche Organisationen für Trojaner als Mittel der Überwachung interessieren.
Wie viel Technik ist noch sinnvoll?
Heutzutage ist es bei einer halbwegs zeitgemässen technischen Ausstattung in den Haushalten und Unternehmen kaum noch möglich, den Überwachungsinteressen von Staaten, Organisationen und Kriminellen aus dem Wege zu gehen. Traurig dabei ist vor allem die Tatsache, dass hier gesellschaftliche Systeme, Unternehmen und Kriminelle in einem Atemzug genannt werden müssen. Für den normalen Verbraucher ist hier der Unterschied kaum noch signifikant.
Letztlich erscheint da die Entscheidung für jeden Schritt hin zu einer modernen technischen Ausstattung immer auch mit dem Risiko der persönlichen Durchschaubarkeit behaftet zu sein. So macht letztlich der technische Fortschritt auch in den privaten Haushalten alles andere als Spass.
Profiteure der kriminellen Aktivitäten, die längst auch schon die Hersteller erreicht haben, sind letztlich nicht nur Cyber-Kriminelle, Geheimdienste und Behörden. So profitiert auch die Wirtschaft selbst von der zunehmenden Streuung der Schadsoftware. Die Entwickler und Hersteller von Antiviren-Schutzsoftware erleben einen regelrechten Boom, Smartphonehersteller erfreuen sich mit jedem neuen Gerät eines gesteigerten Interesses, und mittlerweile ist das Smartphone selbst nicht der einzige Träger von Hochtechnologie.
So lassen sich beispielsweise ganze Haushalte per Überwachungskameras, Bewegungsmeldern und dergleichen technologischer Bereicherungen auch online von überall auf der Welt überwachen. Angeblich soll dies dem Schutz des Eigentums dienen, fraglich bleibt hier allerdings, wer sonst noch online Zugriff auf solche sensiblen Daten hat. Immerhin kann damit auch jederzeit ermittelt werden, wie viele Personen sich gerade in einem Haushalt aufhalten und was diese eventuell gerade tun. Daran dürften nicht nur Kriminelle ein gesteigertes Interesse haben, sondern auch solche Spionageorganisationen, die im staatlichen Auftrag unterwegs sind.
Was wir lernen dürfen
Das Beispiel N9500 als trojanerverseuchte Imitation des erfolgreichen Samsung Galaxy S4 zeigt, dass wir nicht nur dem Rausch nach „besser“, „schneller“ und vor allem „billiger“ längst erlegen sind. Es zeigt auch, dass die Hemmschwelle zur Bespitzelung der Verbraucher mit unlauteren Mitteln auch vonseiten der Industrie längst überschritten ist.
Was wir lernen dürften, ist Vorsicht und eine gesunde Skepsis vor allem, was neu, billig und eigentlich in vielen Fällen auch völlig überflüssig ist. Wer sich überlegt, an wen sich Billig-Smartphones wenden, weiss auch genau, welche Zielgruppe der Spionage jetzt zusätzlich erreicht werden soll. Eine solche Entwicklung muss nicht zwingend Angst machen und eine Abkehr von der Zukunft mit sich bringen, sie sollte aber Gruppen auf den Plan rufen, die jetzt endlich für eine neue Souveränität und Unantastbarkeit jedes einzelnen Menschen eintreten.
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