SBB – Preise hoch, Platzangebot runter
von Olaf Hoffmann
Zwei Fragen vorab: Sind Sie Berufspendler? Und stehen Sie gern? Wenn Sie beide Fragen mit einem klaren Ja beantworten können, ist auch in der nächsten Zeit für Sie in den Zügen der SBB und der Partnerunternehmen alles zum Besten bestellt.
Natürlich dürften dann im Dezember auch wieder die Preise für die Billets steigen, aber daran haben sich die meisten Schweizer ohnehin schon gewöhnt. Zwar steigen die Ticketpreise in eher homöopathischen Dosen, aber genau dahinter verbirgt sich auch das System des stetigen Anwachsens der Aufwendungen für den Öffentlichen Verkehr.
Geben und Nehmen
Daran haben sich die meisten Eidgenossen ohnehin gewöhnt. Beim Wettbewerb um das Geben und Nehmen ist der Sektor Verkehr immer mit dabei. So, wie die Bezüge im Allgemeinen steigen, beteiligt sich auch der ÖV daran, dass das Einkommensplus nicht allzu lange in den Taschen der Schweizer bleibt. Gründe für Preiserhöhungen sind immer schnell gefunden und reichen von der Modernisierung der Waggons über die Teuerungen bei Energie und Treibstoffen bis hin zu verständlichen Lohnsteigerungen auch bei den SBB-Beschäftigten.
Und so zahlt der SBB-Dauerkunde zwar murrend bis einsichtig, aber eben immer ein bisschen mehr. In der neuerlichen Tarifrunde dürften denn auch unterschiedslos alle Tickets teurer werden; wie teuer, ist derweil noch ein gut gehütetes Geheimnis der SBB. Beim Nehmen ist man halt nicht so offenherzig.
Beim Geben dann eher schon. Und so gibt die SBB den Pendlern nicht nur wertvollere Tickets, sondern auch mehr zwischenmenschliche Nähe. Geht es nämlich nach dem Bund, dann dürften Fahrgäste bei Fahrstrecken bis 15 Minuten gern auch stehen. Bahnsprecher behaupten sogar, Pendler auf kurzen Strecken würden gern stehen. Umfragen zufolge wollen aber etwa 80 % der Bahnfahrer für ihr gutes Geld auch gut sitzen und nichts anderes. Bei längeren Bahnfahrten sowieso.
Hier spielt die Bahn mit den abweichenden Realitäten. Wer kürzere Strecken fährt, wird sicherlich erst keinen Sitzplatz suchen, zumal er sich dabei zum Aussteigen oftmals durch eine Menge anderer stehender Fahrgäste durchdrängeln müsste. Also bleibt auch der lieber sitzende Bahnkunde stehen, um so auf kurzen Strecken den Ausstieg nicht zu verpassen. Hier verkauft die Bahn saure Äpfel als süsse Birnen. Zumal bekannt sein dürfte, dass es Finanzierungen für den Streckenausbau nur dann gibt, wenn vorhandene Strecken ausgelastet sind. Mit durchschnittlich drei Fahrgästen pro Quadratmeter Waggon dürfte das dann mit Sicherheit auf vielen Strecken der Fall sein. Ein Vergleich bringt hier allerdings wegen der Monopolstellung der SBB nichts.
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