Karriere machen – in jedem Fall?
von Agentur belmedia
Ist eine Karriere tatsächlich in jedem Fall erstrebenswert? Eigentlich ist sie doch eine gute Sache – oder nicht? Doch ob dies wirklich für jeden von uns gilt, ist mehr als fraglich. Selbst in Unternehmerkreisen ist der Begriff mit äusserst positiven wie aber auch negativen Bedeutungen besetzt.
In diesem Artikel diskutieren wir deshalb darüber, was Karriere überhaupt ist und ob es sich lohnt, diesen vermeintlichen Erfolg überhaupt anzustreben.
Karriere: eine Sache mit zwei Seiten
Der Begriff Karriere beschreibt nichts Eindeutiges, sondern kann sehr gegensätzlich verwendet werden. Wer aussagt „Der hat aber schnell Karriere gemacht!“ empfindet Karriere offenbar als etwas Positives und verbindet sie mit zahlreichen anderen Eigenschaften wie Erfolg, Status, Macht, Einfluss usw. sowie einer aussichtsreichen, vorteilhaften Zukunft. Vor allem ältere Personen und Unternehmen verbinden Karriere mit dieser Botschaft. Doch sie kann auch negativ besetzt werden: „Wenn der weiter so mit seinen Kollegen umgeht, macht er immerhin eine schnelle Karriere.“ In diesem Fall beschreibt der Satz Karriere als etwas, wofür Durchsetzungsvermögen im negativen Sinne benötigt wird. Karriere steht hier für Erfolg ohne Kompromisse, Grenzen, Rücksicht oder Sympathie für andere – etwas, was dem typischen Karrieremenschen häufig unterstellt wird. Gerade für die jungen Mitarbeiter hat Karriere oft einen bitteren Beigeschmack.
Balance zwischen Arbeit und Leben
Eine Ausgewogenheit zwischen Arbeit und dem eigentlichen Leben streben vor allem junge Menschen an, denen beide Aspekte des Lebens wichtig sind – Stichwort: Work-Life-Balance. Nur fehlt es den meisten Personen an einer klaren Vorstellung davon, wie das überhaupt funktionieren soll. Dies mag auch daran liegen, dass es keine exakte Definition des Begriffs Karriere gibt. In den folgenden Absätzen wollen wir daher untersuchen, was Karriere eigentlich genau bedeuten kann.
Karriere am besten persönlich definieren
Die Vorstände weltumspannender Konzerne haben im klassischen Sinn Karriere gemacht, doch solch ein Posten wird nur von einem winzigen Bruchteil aller infrage kommenden Personen erreicht. Wer seine Vorstellungen von Karriere an diesen Ausnahmen orientiert, hat seine Vorbilder vermutlich unerreichbar hochgesteckt und muss mit Enttäuschungen rechnen. Optimaler wäre es, Karriere nicht als allgemeingültigen Begriff zu verstehen, sondern als etwas ganz Persönliches. Zur persönlichen Definition sollt man sich die Fragen beantworten, welche Fähigkeiten vorliegen, wie man diese bestmöglich einsetzen kann und wie das möglich ist, ohne Familie, Freunde, Freizeit, Hobbys und Reisen zu vernachlässigen. Für junge Menschen ist Karriere häufig eine Kombination aus Arbeit und Leben – daher sollten die veralteten Muster nicht mehr als Massstab genommen werden. Ebenso unzeitgemäss ist das Verharren in einer bestimmten Berufsrichtung, denn dies würde zum einen das Entdecken neuer Fähigkeiten drastisch einschränken, zum anderen wird in der heutigen Zeit Flexibilität erwartet.
Auch Unternehmen profitieren von Work-Life-Balance
Möglicherweise sind Unternehmer vom Ansatz dieser neuen Generation nicht sonderlich überzeugt. Sie könnten aufgrund ihrer eigenen Karrieredefinition der Ansicht sein, dass Menschen, die nicht ihre Arbeit und Karriere ins Zentrum stellen, sondern den Ausgleich zwischen Arbeit und Leben suchen, für ihr Unternehmen einen geringeren Wert hätten. Denn wer nicht viel arbeiten möchte, leistet der nicht zwangsläufig weniger als der typische Karrieremensch, der für das Unternehmen lebt? Diese Ansicht ist insgesamt zu kurz gedacht, denn auch Betriebe profitieren von einer ausgewogenen gesunden Einstellung zu Leben und Arbeit.
Ein Mitarbeiter, der eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit erlebt, vermag seine Fähigkeiten beruflich perfekt einsetzen und hat zugleich noch Freude am Leben. Deshalb führt er mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein zufriedenes Leben. Wer zufrieden ist, sieht den Weg zur Arbeit nicht als notwendiges Übel an, um den Lebensunterhalt zu verdienen, sondern möchte dem Unternehmen tatsächlich dienen. Diese Personen arbeiten motiviert, eigenständig und sehr sorgfältig. Aus Sicht dieser Menschen haben sie bereits Karriere gemacht, und zwar in Form eines glücklichen Lebens – und nicht als zeitlich unflexibler Vorstand eines Grosskonzerns.
Geänderte Karrieremuster im 21. Jahrhundert
In den letzten Jahren haben sich die Ansichten in Bezug auf klassische Karrieremuster geändert. Noch vor 30 Jahren wäre es beispielsweise nahezu unmöglich gewesen, als alleinerziehende Mutter einen wichtigen Posten, so beispielsweise als Eventmanagerin, in einem Unternehmen innezuhaben und gleichzeitig von zuhause aus zu arbeiten. Heute ist dies hingegen durchaus möglich – auch weil die Unternehmen erkannt haben, wie vorteilhaft glückliche Mitarbeiter für ihr Unternehmen sind. Somit existiert der Begriff der Karriere, der nur eine einzige Möglichkeit zum beruflichen und sozialen Aufstieg beschreibt, heute nicht mehr, sondern ist lebenweltlicher, flexibler geworden.
Diese Flexibilität schliesst natürlich ein, dass nicht jeder Mensch Arbeit und Freizeit ausbalancieren muss – wenn er will, kann er natürlich auch die Karriere des typischen „Ellenbogentypen“ anstreben und gern auch weiterhin alles tun, um ein Unternehmen ohne Rücksicht auf die eigenen Vorstellungen voranzubringen. Dieser Artikel soll aber zumindest als Anregung dienen, die eigenen Ziele hinterfragend zu reflektieren. Möglicherweise führt dies zu der Feststellung, dass der klassische Weg nach oben weitaus interessanter und vielseitiger gestaltet werden kann, indem einige Haltestationen eingelegt werden.
Oberstes Bild: © Sergey Nivens – shutterstock.com