DE | FR | IT

Gefährliches Leichtmetall: Erhöht Aluminium das Krebs- und Alzheimerrisiko?

03.06.2015 |  Von  |  Beitrag

Aluminium ist ohne Zweifel ein sehr nützliches Metall. Doch als Bestandteil von Nahrungsmitteln und Körperpflegeprodukten ist es in letzter Zeit ziemlich in Verruf geraten – und das zu Recht, denn nicht in jeder Form ist es für den Menschen verträglich.

Kommt Aluminium im Essen und in Beauty-Produkten als Auslöser für schwere Krankheiten wie Brustkrebs oder Alzheimer-Demenz in Frage? Aktuelle Studien lassen zumindest den Verdacht aufkommen, dass das Leichtmetall nicht so harmlos ist wie früher angenommen.

Aluminium ist nicht selten, aber auch nicht harmlos

Aluminium ist das häufigste Metall dieses Planeten und gehört nach Sauerstoff und Silicium zu den drei Elementen, die in der Erdkruste am häufigsten vorkommen. Da es jedoch ein unedles Metall ist und darum fast nur in gebundener Form existiert, hat der Mensch es erst vergleichsweise spät entdeckt. Als der Naturwissenschaftler Sir Humphry Davy es im Jahr 1808 zum ersten Mal beschrieb, gab er ihm auch den Namen „Aluminium“. Dagegen waren Gold und Silber, Eisen, Kupfer, Zinn, Quecksilber und Blei schon seit der Antike bekannt und hatten in jeder Hochkultur ihre eigenen Namen.

Aufgrund seiner hohen spezifischen Festigkeit sind Bauteile aus Aluminium bei gleicher Stabilität viel leichter als solche aus Eisen oder Stahl. Darum ist das Leichtmetall in der Luft- und Raumfahrt, aber auch beim Fahrzeugbau oder in der Architektur nützlich. Aluminium spielt eine wichtige Rolle bei der Wasseraufbereitung, und da das leichte Erdmetall so häufig ist, ist es ausserdem in nahezu sämtlichen Lebensmitteln enthalten. Als sogenanntes Spurenelement ist es ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Organismus.


Aluminium wird in der Luft- und Raumfahrt, aber auch beim Fahrzeugbau verwendet. (Bild: © Marco Herrndorff - fotolia.com)

Aluminium wird in der Luft- und Raumfahrt, aber auch beim Fahrzeugbau verwendet. (Bild: © Marco Herrndorff – fotolia.com)


Besonders viel Aluminium, nämlich bis zu 145 Mikrogramm Alu pro Gramm, enthalten getrocknete Gewürze und Kräuter, gefolgt von Schokolade und Schokoprodukten mit durchschnittlich 33 Mikrogramm Alu pro Gramm. Davon wiederum gelangt jedoch nur ein geringer Teil direkt in den Körper: Rund ein Prozent des in der Nahrung enthaltenen Aluminiums wird bei seiner Wanderung durch den Verdauungstrakt resorbiert, der Rest wird ausgeschieden.

Laut einer Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nimmt ein Europäer je nach Wohnort und Essgewohnheiten täglich zwischen einem und 15 Milligramm Alu über seine Nahrung auf. Das entspricht bis zu 0,2 Milligramm pro Tag und Kilo Körpergewicht bei einem Erwachsenen und bis zu ca. 0,36 Milligramm pro Tag und Kilo Körpergewicht bei einem Baby oder einem Kind.

Die Behörde geht davon aus, dass es für die Gesundheit unbedenklich ist, ein Milligramm Aluminium oder weniger pro Woche und Kilo Körpergewicht aufzunehmen. Allerdings ist schon in der ganz normalen Nehrung so viel davon enthalten, dass ein grosser Teil der Bevölkerung diesen Grenzwert schon durch das gewohnte Essen überschreitet. Davon wird man davon jedoch nicht automatisch krank: In Tierversuchen hat sich gezeigt, dass es erst zu einer chronischen Aluminiumvergiftung kommt, wenn pro Tag und Kilo Körpergesicht bis zu 100 Milligramm Alu oder noch mehr ausgenommen werden, und das über einen längeren Zeitraum hinweg.

Was passiert bei einer Überdosierung von Aluminium?

Wenn es im Organismus zu einem Überangebot an Aluminium kommt, hat das negative Auswirkungen auf verschiedene Stoffwechselvorgänge. Unter anderem beeinträchtigt ein Zuviel an Alu die Verstoffwechselung anderer Mikronährstoffe bzw. Vitalstoffe, zum Beispiel Eisen, Zink, Magnesium und Calcium, und stört die Funktionen des zentralen Nervensystems und des Knochenstoffwechsels. Stark erhöhte Aluminiumwerte im Blut können Blutarmut (Anämie), Gelenkentzündungen (Arthritis), Störungen der Leber- und Nierenfunktion, Lungenkrankheiten und Gehirnfunktionsstörungen auslösen.

Über einen möglichen Zusammenhang von Aluminium und dem Auftreten der Demenzerkrankung Morbus Alzheimer wird übrigens derzeit nicht zum ersten Mal geforscht: Der Verdacht kam bereits in den 1970er und 1980er Jahren auf, galt in den 1990ern als entkräftet, erhielt jedoch durch jüngste Erkenntnisse neue Aktualität. Als bewiesen gilt er immer noch nicht, doch lohnt es sich, die diesbezüglichen Entwicklungen weiterhin aufmerksam zu beobachten.

Ebenfalls hochaktuell und sehr erschreckend sind die Diskussionen über Aluminium als möglichen Auslöser für Brustkrebs. In Deutschland hatte Mitte 2014 ein Fernsehbeitrag über eine junge, an Brustkrebs erkrankte Hebamme, die aluminiumhaltiges Deo für ihre Krankheit verantwortlich machte, viele Zuschauer so geschockt, dass der Fall schliesslich sogar politisch wurde.



Das Verbraucherschutzministerium dachte über eine Verschärfung der Kennzeichnungspflicht bei entsprechenden Produkten nach, und auch der Markt reagierte schnell: Renommierte Hersteller brachten praktisch über Nacht neue Antitranspirantien (Schweisshemmer) ohne Aluminium bzw. Aluminiumsalze heraus, die von den verunsicherten Käufern gern angenommen wurden.

Wie gefährlich sind Deos und Antitranspirantien mit Aluminium?

Plötzlich gibt es jede Menge Deos ohne Aluminium – und die Leute riechen auch nicht anders als vorher. Da drängt sich doch die Frage auf: Wozu war das Alu vorher überhaupt nötig? Ganz einfach: Moderne Deos sollen nicht nur gut riechen und eventuellen Schweissgeruch damit überdecken, sondern das Schwitzen möglichst ganz verhindern.

Das schaffen sogenannte Antitranspirantien (Schweisshemmer) auf Aluminiumbasis. Denn sie enthalten Stoffe, die die Schweissproduktion in den Achselhöhlen stark reduzieren oder ganz unterdrücken – üblicherweise in Wasser gelöste Aluminiumverbindungen wie Aluminiumchlorhydroxid oder Aluminiumchlorid.


Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte Deos mit Aluminium lieber nicht benutzen. (Bild: © Dan Race - fotolia.com)

Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte Deos mit Aluminium lieber nicht benutzen. (Bild: © Dan Race – fotolia.com)


Nach dem Auftragen auf die Haut trifft grosse Chemie auf simple Mechanik: Es entstehen Eiweisse, die die Schweissdrüsen ganz prosaisch verstopfen. Der Schweiss kann nicht mehr austreten und wird stattdessen von der Schweissdrüsenwand resorbiert. Dabei gelangt, obwohl die Aluminiumverbindungen nur äusserlich wirken, ein kleiner Teil des darin enthaltenen Aluminiums in den Körper – und bei jahrelangem oder exzessivem Gebrauch von Schweisshemmern kann sich da einiges ansammeln.

Der Verdacht, Aluminium in Deodorants könne Brustkrebs auslösen, wird vor allem mit drei Argumenten begründet:

  • Viele bösartige Knoten in der Brust sitzen eher auf der äusseren, also der Achselhöhle zugewandten Brustseite – genau in dem Bereich, in dem auch die Schweisshemmer aufgetragen werden.
  • Das Aufstauen des Schweisses durch die mechanische Verstopfung der Drüsen führt dazu, dass Schadstoffe ins Gewebe gelangen, statt über die Haut ausgeschieden zu werden.
  • Wie giftig Aluminium wirklich ist, wissen wir einfach noch nicht genau.

Diese Ansätze reichen längst nicht aus, um von einem Beweis zu sprechen. Ausserdem gibt es auch Gegenargumente: So besteht Schweiss, egal ob er nach aussen oder innen fliesst, erwiesenermassen fast nur aus Wasser mit Spuren von Salz und Proteinen.

Wichtig ist vor allem die Erkenntnis, dass weder Wissenschaft noch Politik oder Schönheitsindustrie genug über Aluminium wissen, um dessen leichtfertigen Gebrauch in Pflegemitteln empfehlen oder es auch nur für unbedenklich erklären zu können.

Fazit: Ob und wie die tägliche Aluminiumdosis mit Krankheiten wie Brustkrebs oder Alzheimer zusammenhängt, wird noch erforscht. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte Pflegeprodukte und Deos mit Aluminium aber lieber nicht benutzen – es geht auch ohne.

 

Oberstes Bild: © Pavel Losevsky – fotolia.com

[xcatlist name="beitrag" numberposts=24 thumbnail=yes]