Persönliche Energiewende mit einem Passivhaus

Bei der Energie steigen die Kosten kontinuierlich an – für Hausbesitzer und Mieter erhöhen sich so die Ausgaben für Warmwasser und Heizung mit jeder Abrechnungsperiode. Dieser seit Jahren anhaltende Trend wird sich aufgrund der weltweiten Verknappung von fossilen Brennstoffen nicht umkehren, sondern im Gegenteil weiter an Fahrt aufnehmen.

Eine Möglichkeit, aus der Spirale steigender Energiekosten auszubrechen, ist der persönliche Verzicht auf Komfort durch kürzere und seltenere Nutzung der Heizung, denn diese macht in der Energiebilanz noch immer den grössten Posten aus. Eine andere Option ist die Steigerung der Energieeffizienz durch eine bessere Wärmedämmung und weitere technische Massnahmen.

Denn gerade die Heizenergie ist bei vielen Bestandsbauten der grösste Posten der Energiebilanz, da schlecht isolierte Wände, Decken und Böden, ein- oder zweifach verglaste Fenster und andere Baumängel dazu beitragen, dass ein Grossteil der Heizungswärme nach aussen dringen kann und verloren geht. Aus diesem Grund haben sich im Bauwesen neue Standards entwickelt, etwa das Niedrigenergiehaus oder das Passivhaus. Beide verbrauchen deutlich weniger Heizenergie als ein Haus in konventioneller Bauweise, bei gleichzeitig gesteigertem Wohnkomfort.

Kennzahl des Heizwärmebedarfs

Um den Energieverbrauch von Wohnhäusern zu messen, wird der Heizwärmebedarf (HWB) ermittelt. Dieser stellt die Energiemenge dar, die pro Jahr für das Beheizen der gesamten Wohn- und Nutzfläche zugeführt werden muss. Sie wird in der Einheit kWh/m²a angegeben und ist damit für alle Gebäudearten vergleichbar. Unsanierte Altbauten weisen typischerweise einen HWB von mehr als 150 bis weit mehr als 300 kWh/m²a mit einfachverglasten Fenstern auf, während moderne Neubauten mit einer effizienten Wärmedämmung einen HWB von weniger als 100 kWh/m²a erreichen.

Um diesen abstrakten Wert zu verdeutlichen, kann das so genannte Heizöläquivalent genutzt werden: 1 Liter Heizöl entspricht etwa 10 kWh, ein moderner Neubau verbraucht also weniger als 10 Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr. Was im Vergleich mit einem Altbau nach einem moderaten Verbrauch klingt, relativiert sich schnell, wenn man die Standards für Niedrigenergie- und Passivhäuser zum Vergleich heranzieht: So verbraucht ein Haus in Niedrigenergiebauweise, das nach dem Standard Minergie-P zertifiziert ist, nicht mehr als 38 kWh/m²a, also nur höchstens 3,8 Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr. Ein Passivhaus, wie es in Deutschland als Standard festgelegt ist, verbraucht nicht mehr als 1,5 Liter Heizöl pro Quadratmeter und ein Nullenergiehaus nach schweizerischem Minergie-A-Standard braucht keine zusätzliche Energie.

Mehr als nur die Summe der Teile

Um diese ökologisch und ökonomisch sinnvollen Standards zu erreichen, muss das Haus ganzheitlich als System betrachtet und optimiert werden. Um die Wärme im Haus zu halten und die Räume gegen eindringende Kälte zu schützen, muss die Gebäudehülle möglichst dicht sein, angefangen bei Fenstern und Türen bis hin zu sämtlichen Stellen, an denen Wärmebrücken entstehen können. Um die Dichtigkeit zu ermitteln, wird das Gebäude mit dem Blower-Door-Test überprüft, mit dem Leckagen zuverlässig identifiziert werden können.


Mit einem Passiv- oder Niedrigenergiehaus kann man steigenden Energiekosten gelassen entgegenblicken. (Bild: © yulyla – fotolia.com)

In einem Niedrigenergie- oder Passivhaus weist die Gebäudehülle eine vergleichsweise hohe Dichtigkeit auf, die es erforderlich macht, mit intelligenter Haustechnik für eine angenehme Wohnatmosphäre mit ausreichender Frischluftzufuhr zu sorgen. Ermöglicht wird das durch die so genannte Komfortlüftung, die auch bei dauerhaft geschlossenen Fenstern gewährleistet, dass verbrauchte Luft kontinuierlich abgesaugt, die dort gespeicherte Wärme rückgewonnen und frische Luft so erwärmt wird, bevor sie in die Innenräume gelangt. Durch diese Komfortlüftung wird in den Innenräumen ein angenehmes, gesundes Raumklima erzeugt, auch bei geschlossenen Fenstern.

Eine so hohe Dichtigkeit kann nur durch die gezielte Auswahl und Abstimmung von Baustoffen erreicht werden: Holz und natürliche Dämmmaterialien sind ideal für Passivhäuser, denn sie gewährleisten optimale Dämmungseigenschaften, tragen zu einem gesunden Raumklima bei und sind zudem in der Herstellung klimaneutral. Besonders entscheidend für die Energiebilanz sind bei jedem Gebäude die Fenster, hier geht selbst bei zweifachverglasten Scheiben viel Wärme verloren. Moderne Passivhäuser setzen daher auf speziell beschichtete dreifachverglaste Scheiben, die zudem so in die Gebäudehülle integriert werden, dass keine Wärmebrücken entstehen.

Die Wärmedämmung von Dach, Wänden und Boden sorgt zusätzlich dafür, dass die Wärme dort bleibt, wo sie soll: im Inneren. Alleine durch eine optimale Wärmedämmung kann der Bedarf an Energie deutlich reduziert werden, bei einem modernen Passivhaus reichen einige Teelichter aus, um einen Raum angenehm zu temperieren. Auf Wohnkomfort und angenehme Temperaturen auch bei kalten Minusgraden im Winter muss man also in einem solchen Haus nicht verzichten.

Die Versorgung der Innenräume mit Frischluft und der kontinuierliche Abtransport verbrauchter Luft wird über ein ausgefeiltes System von Lüftern erreicht, die von der zentralen Haustechnik automatisch gesteuert werden. Hocheffiziente Wärmerückgewinnungsanlagen lassen die Wärme der Abluft nicht einfach entweichen, sondern führen sie wieder in die Räume zurück und sorgen so jederzeit für thermische Behaglichkeit.

Auch mit der räumlichen Gestaltung und Ausrichtung des Gebäudes kann der Energieverbrauch beeinflusst werden: Je kompakter die Gebäudeform gestaltet ist, desto einfach lässt sich eine hohe Dichtigkeit erreichen, und mit möglichst grossen Fenstern nach Süden hin kann viel Sonnenwärme in den Innenbereich gelangen und zu einem angenehmen Wohn- und Raumklima beitragen. Und nicht zuletzt sorgen energieeffiziente moderne Elektrogeräte für einen geringeren Stromverbrauch der Bewohner.

Photovoltaik und Solarthermie

Zusätzlich kann durch solarthermische Anlagen die Wärme der Sonnenenergie genutzt werden, um heisses Wasser zu bereiten und so den Gesamtenergiebedarf des Gebäudes ganz oder teilweise von der externen Energieversorgung unabhängig zu machen. Auch diese Anlagen können in die Haustechnik integriert werden, ebenso wie die Stromerzeugung durch Photovoltaik. Diese Erweiterungen lohnen sich für Hausbesitzer und Mieter gleichermassen, denn die notwendigen Investitionen amortisieren sich je nach bisherigem Energieverbrauch mittel- bis langfristig. Gleichzeitig leisten sie einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Umweltschutz und machen die Bewohner auf lange Sicht unabhängiger von steigenden Energiepreisen.



Fazit: Mit einem Passiv- oder Niedrigenergiehaus kann man steigenden Energiekosten gelassen entgegenblicken, denn wer weniger Energie verbraucht, ist auch von einer Verteuerung weniger betroffen. Zwar kostet ein solch energieeffizientes Haus zunächst mehr, spart dann jedoch für Jahre und Jahrzehnte Energie. Das schont Umwelt und Geldbeutel gleichermassen.

 

Oberstes Bild: © bildergala – fotolia.com

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