Abzocke auf Schweizer Strassen
von Agentur belmedia
2012 werden in der Schweiz so viele Strafzettel verteilt wie nie zuvor. Denn die Polizei hat von den Kantonen den Auftrag erhalten, höhere Bussenerträge einzutreiben – unter anderem auch durch Radarfallen. Mit Verkehrssicherheit hat das wohl nichts mehr zu tun, sondern eher mit Abzocke.
Stell dir vor, alle Autofahrer würden sich plötzlich brav an die Geschwindigkeitsgrenzen halten und auch alle sonstigen Verkehrsregeln streng beachten. Aus behördlicher Sicht wäre dies geradezu fatal. Denn wie, bitte, sollte die Polizei dann höhere Bussenerträge eintreiben? Kein Witz: Solche Zielvorgaben fürs Verteilen von Strafzetteln gibt es tatsächlich.
So haben über die Hälfte aller Kantonspolizeien die Vorgaben, 2012 mehr Bussgelder einzutreiben als im vorigen Jahr. Insgesamt haben die Kantonsparlamente den Polizeien für 2012 einen Bussenertrag von 307 Millionen Franken vorgegeben – das sind 8 Prozent mehr als 2011. 23 Millionen Franken zusätzliche Bussgelder sollen in die Kassen kommen.
Mehr Strafzettel sollen Staatskassen füllen
An der Spitze steht Genf mit 7,7 Millionen Franken zusätzlichen Bussgeldern, gefolgt von Basel-Land mit 3,3, Luzern mit 3,1 und Bern mit 2,1 Millionen. Die Kantonspolizei Zürich hat 2 Millionen Franken mehr Bussen im Budget eingeplant. Nur fünf Kantone rechnen für das laufende Jahr mit tieferen Bussenerträgen.
Dass höhere Bussenerträge der Aufbesserung der Staatskassen dienen, ist zumindest bei einigen Kantonen offensichtlich. Hier sind die geplanten Mehrerträge ausdrücklich in den Kantonsbudgets ausgewiesen – so in Baselland als Teil des „Entlastungspakets 12/15“ oder im Kanton Bern im Voranschlag 2012 unter den Sanierungsmassnahmen.
Polizei geht auf Bussenjagd
Um die Vorgaben zu erfüllen, macht sich die Polizei voller Eifer ans Werk – unter anderem mit verschärften Radarkontrollen. So hat die Polizei im Kanton Luzern (geplante Mehreinnahmen: 3,1 Millionen Franken) das ehrgeizige Ziel, „die mobilen Kontrollen um bis zu 50 Prozent zu erhöhen“, wie Kommandant Beat Hensler gegenüber der SonntagsZeitung erklärte. Das sei auch in Ordnung so, denn schliesslich gehe es um die Sicherheit im Strassenverkehr.
Von einem Missbrauch der Bussen spricht dagegen der Verband der Polizeibeamten, der bestätigt, dass in gewissen Korps Polizisten klare Zielwerte für das Ausstellen von Strafzetteln erhalten. „Wenn Politiker mit Bussen die Staatskasse aufbessern, missbrauchen sie die Polizisten“, so Generalsekretär Max Hofmann.
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