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Exekutionsvideo: Facebook lehnt Löschung ab

24.04.2014 |  Von  |  Beitrag

Auf Facebook macht ein grausames Video die Runde. Es zeigt offenbar die Hinrichtung mehrerer syrischer Soldaten durch islamische Extremisten. Wie schon in einigen anderen Fällen, reagiert Facebook ziemlich seltsam auf die Bitte, dieses Filmmaterial von seinen Seiten zu verbannen.

Wie 20 Minuten berichtet, beklagte sich ein Leser bei Facebook. Die Antwort: Das Video sei OK. Schweizer sollten jedenfalls aufpassen, denn eine Weiterverbreitung kann strafbar sein.

Einige gefesselte Männer knien in der syrischen Stadt Aleppo nieder. Hinter ihnen Kämpfer, die im Stile islamischer Extremisten gekleidet sind. Dann beginnen die Gräueltaten. Aus nächster Nähe schiessen die Bewaffneten den knienden Männern in den Kopf. Sterbend brechen sie zusammen.

Das ist auf Facebook zu sehen. Unzensiert und ohne zusätzliche Information. Unklar auch, wer das Video ins Netz gesetzt hat. Einem 20 Minuten-Leser ist das zu viel, er beschwert sich bei Facebook. Die Antwort des sozialen Netzwerks ist verwunderlich und wirkt ein bisschen wie eine auswendig heruntergebetete Standardphrase : „Wir haben das von dir wegen Darstellung drastischer Gewalt gemeldete Video geprüft und festgestellt, dass es nicht gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstösst.“

Fragwürdiger Umgang mit Gewaltvideos

Da mag man doch fragen: Was sind das für „Gemeinschaftsstandards“, die der Darstellung solcher Grausamkeit keinen Einhalt gebieten? Ein Facebook-Sprecher erläuterte gegenüber 20 Minuten das Vorgehen: „Wir löschen solche Inhalte nicht, weil wir glauben, dass Facebook ein Ort sein muss, an dem es möglich ist, Probleme auch mithilfe von drastischen oder verstörenden Inhalten ansprechen zu können.“ Also Aufklärung durch Abschreckung. Aus Sicht von Facebook sei dies die Voraussetzung „für gesellschaftliche Diskurse und das Problembewusstsein unter den Menschen“. 

Schön und gut, nur: In dem genannten Video wird gar nichts aufgeklärt. Auch kann hierüber kein Diskurs und kein Problembewusstsein entstehen, weil entscheidende Informationen fehlen: Wer sind die getöteten Männer? Wer die Killer? Selbst wenn sie, wie vermutet, Teil der syrischen Opposition sind, reicht dieses Label nicht für eine vernünftige Informationsvermittlung. Denn die syrische Opposition ist in sich uneins, es gibt gemässigte und extreme Kräfte. Als etwa im vergangenen Mai ein Kämpfer der Omar-al-Faruk-Brigaden die Leiche eines toten Soldaten schändete, distanzierte sich ein Grossteil der Opposition davon.

Aufklärung geht nur über Information

Die fehlende Information ist einfach das Problem an dem Video. Warum schauen es sich Leute an? Wohl kaum, um über den syrischen Bürgerkrieg aufgeklärt zu werden, zumal auch die Mainstream-Medien solche Zustände nahelegen. Nein, wohl eher, um zu sehen wie jemand aus nächster Nähe erschossen wird. Vielleicht ist es für Egoshooter-Freaks interessant, so eine Hinrichtung „in echt“ statt nur in 3D-gerenderten Spiellandschaften zu sehen.

Einstweilen bleibt nur festzuhalten: Facebook könnte ein wenig mehr Fingerspitzengefühl bei der Bewertung von Inhalten an den Tag legen. Schon nach Michael Schumachers Unfall weigerte man sich, gefälschte Todesanzeigen des im Koma liegenden Rennfahrers zu verbieten. So bleibt das Exekutionsvideo weiter in Umlauf. Schweizer, die es zu Gesicht bekommen, sollten es auf keinen Fall weiterverbreiten, auch nicht teilen. Ein Sprecher der Fedpol sagte, wer ein solches Video teile, weiterverbreite oder speichere, könne sich nach Schweizer Recht strafbar machen.

 

Titelbild: Screenshot facebook

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