Ehrverletzungen im Internet nehmen zu: So können Sie sich wehren

Verleumdungen und Ehrverletzungen im Internet nehmen ständig zu und können unter bestimmten Umständen durchaus zur Computer-Kriminalität gezählt werden. Dabei machen diese rufschädigenden Praktiken nicht halt bei Privaten, die gegen andere Privatpersonen oder Firmen hetzen. Auch Selbstständige, Unternehmer und Firmen unterstellen anderen Firmen online und öffentlich das Schlimmste.

Die Straftaten-Statistik des Bundes zeigt eine deutliche Zunahme von Verurteilungen wegen Ehrverletzung und Verleumdung in den letzten Jahren. Über 2500-mal wurde dieses Vergehen vor Gericht abgeurteilt, auch wenn hierbei nicht ausgewiesen ist, wie viele der Fälle tatsächlich im Internet stattfanden. Onlineexperten können sich eine derart drastische Zunahme allerdings nur durch Online-Fälle erklären.

Einer der Gründe könnte die Anonymität sein, mit der auf sozialen Plattformen, in Blogs und Foren Aussagen getätigt werden können. Zudem entfällt die soziale Hemmschwelle, die beim Direktkontakt häufig eine Eskalation verhindert. Darüber hinaus werden viele der Aussagen im Affekt getätigt und würden bei längerer Reflexion sicher nicht geschrieben oder gesagt werden. Das Problem: Einmal ins Netz geschickt, kann jede Aussage ein Eigenleben entwickeln, das der Absender selbst nicht mehr unter Kontrolle bringen kann. Über die praktischen und rechtlichen Konsequenzen sind sich die Absender selten im Klaren.

Wie aber kann man sich wehren, wenn man Opfer einer Verleumdungsattacke geworden ist? Was sind die zulässigen juristischen Mittel und in welcher Reihenfolge sollte man sie einsetzen? Das Internet hat einen Vorteil: Hier geschieht nichts unbeobachtet, wie es etwa in einem abendlichen Streit auf offener Strasse der Fall ist, bei dem ein Wort gegen ein anderes steht. Andererseits verpufft im Internet auch nichts: Schreitet man nicht selbst ein und besteht auf der Löschung der Ehrverletzung, können wahrscheinlich noch die Kindeskinder darauf zugreifen.

Rein rechtlich betrachtet stehen zivilrechtliche und strafrechtliche Mittel zur Verfügung, um gegen eine Verleumdung oder üble Nachrede vorzugehen; dabei wird häufiger der strafrechtliche Weg beschritten. Dieser hat sich seit der Einführung der neuen Strafprozessordnung im Jahr 2011 deutlich vereinfacht – auch ein Zeichen, dass in der EU wie in der Schweiz die juristische Sensibilität für Online-Rechtsverletzungen zunimmt. Nun reicht eine Anzeige bei der Polizei, um Ermittlungen in Gang zu setzen. Allerdings: Bevor dieser Schritt gegangen wird, der nicht zuletzt Zeit und Nerven kostet, stehen noch eine Reihe weiterer Massnahmen zur Verfügung.

Davor sollte man sich allerdings sicher sein, welchen Vorwurf man in den Raum stellt. Denn juristisch betrachtet ist nicht jede Beschimpfung gleich eine Verleumdung. Zuallererst muss sie nicht nur online, sondern auch auf einer öffentlich zugänglichen Plattform geäussert werden. Dann ist es nur eine Verleumdung, wenn sich der Absender nachweislich bewusst ist, dass seine Aussage nicht der Wahrheit entspricht – sie also nur in der Absicht in die Welt setzt, Schaden anzurichten. Denkt er oder sie hingegen, das Gesagte, Gezeigte oder Geschriebene würde der Wahrheit entsprechen (oder tut es dies tatsächlich, so unangenehm es auch ist), dann kann man lediglich von übler Nachrede sprechen.


Findet man auf einer Website, einem Blog, in einem Forum oder auf einer sozialen Plattform Material oder Text, die tatsächlich als verleumderisch oder beleidigend empfunden werden, sollte der erste Schritt eine Protokollierung des Inhalts sein. (Bild: Jmiks / Shutterstock.com)
Findet man auf einer Website, einem Blog, in einem Forum oder auf einer sozialen Plattform Material oder Text, die tatsächlich als verleumderisch oder beleidigend empfunden werden, sollte der erste Schritt eine Protokollierung des Inhalts sein. (Bild: Jmiks / Shutterstock.com)


Findet man auf einer Website, einem Blog, in einem Forum oder auf einer sozialen Plattform wie Facebook oder YouTube Material oder Text, die tatsächlich als verleumderisch oder beleidigend empfunden werden, sollte der erste Schritt eine Protokollierung des Inhalts sein. Ein Link allein ist zwar die Grundlage, reicht aber oft nicht aus, da dieser bei Löschung des Inhalts in die Leere führt. Am besten sind ein Screenshot und ein Ausdruck des Inhalts; möglich ist bei einer speicherbaren Datei auch ein mit einem Datum versehener Download. Günstig ist ebenfalls, von Anfang an Zeugen für den Inhalt zu haben.

Danach folgt die Kontaktaufnahme mit dem Absender beziehungsweise dem Betreiber des Blogs oder dem Administrator der Website; dies sollte immer eine Mail sein, um den Löschungsprozess zu beschleunigen. Darin sollte höflich, aber unmissverständlich die Forderung formuliert sein, den Beitrag unmittelbar zu löschen. Sollte der Verantwortliche dieser Forderung nicht in einer gesetzten (realistischen) Frist nachkommen, hat er oder sie mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Wichtig dabei: Egal wie angegriffen man sich fühlt, sollte man doch in diesem Anschreiben nicht persönlich werden und vor allem in keinster Weise auf den Inhalt der Ehrverletzung eingehen, sondern lediglich mitteilen, dass diese den Tatbestand der Verleumdung erfüllt.

Handelt es sich um eine Plattform, auf der sich der Absender des Inhalts vom Betreiber unterscheidet (wie es etwa in Foren oder in Kommentarspalten meist der Fall ist), dann sollte immer der Betreiber mit der Bitte um Löschung kontaktiert werden. Allerdings kann es sein, dass auch nach dem gelöschten Eintrag Fragmente oder ganze Inhalte als Cache-Eintrag bei Suchmaschinen wie Google & Co. einzusehen sind. Hier ist eine Löschung schwieriger zu erreichen, sollte aber im Lichte neuerer Rechtsprechung ebenfalls möglich sein, auch wenn es erfahrungsgemäss länger dauert.

Wird eine Löschung abgelehnt oder ist schlichtweg keine Reaktion zu bekommen, bleibt erstens die Strafanzeige. Hier reicht ein formloses Schreiben an Staatsanwaltschaft oder Polizei zusammen mit dem ausgedruckten Beweismaterial und einem funktionierenden Link. Sind Informationen zum Adressaten bekannt, sollten diese ebenfalls so detailliert wie möglich gelistet werden. Allerdings ist Vorsicht mit Vermutungen geboten, wenn der Absender anonym war. Die Ermittlung liegt nun in der Hand der Legislative.

Strafanzeigen eignen sich immer dort, wo es nicht um Schadensersatz geht, sondern lediglich um eine schnelle Löschung und Bestrafung des Täters, vor allem bei anonymen Ehrverletzungen. Geht es allerdings um Schadensersatz oder Genugtuung, wie etwa bei der Rufzerstörung eines Unternehmens, kommt ein zivilrechtliches Verfahren zum Tragen, das sich dann auf den § 28 des ZGB, den Persönlichkeitsschutz, berufen wird.

 

Oberstes Bild: © Sergey Nivens – Shutterstock.com

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