Abtreibung aufgrund des Geschlechts soll verhindert werden
von Alin Cucu
Pränatale Bluttests ermöglichen es heutzutage, das Geschlecht eines Fötus bereits in der neunten Schwangerschaftswoche zu bestimmen. Dadurch besteht allerdings die Gefahr, dass einige Eltern sich für eine Abtreibung entscheiden, weil ihnen das Geschlecht des Kindes nicht zusagt. Das soll sich jetzt ändern.
Die Möglichkeit einer vorgeburtlichen Geschlechterselektion durch die Hintertür alarmierte die Aargauer SP-Ständerätin Pascale Bruderer. In einer Motion, die jetzt vom Ständerat angenommen wurde, forderte sie eine Überarbeitung der bestehenden Anforderungen an pränatale Frühuntersuchungen, um das Missbrauchsrisiko zu reduzieren.
Das Problem besteht darin, dass Abtreibungen bis zur 12. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden können. Neue pränatale Untersuchungen können das Geschlecht des Kindes allerdings schon in einem viel früheren Schwangerschaftsstadium bestimmen und somit vor dem Zeitpunkt, bis zu dem ein Abbruch der Schwangerschaft noch erlaubt ist.
Pränatale Tests sollen nicht verboten werden
Es ist zwar heute verboten, pränatale Tests zu einem anderen Zweck als der Diagnose einer Krankheit durchzuführen, das Risiko des Missbrauchs bestehe aber dennoch, gibt Bruderer zu bedenken. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn das Geschlecht nur als Nebenbefund eines pränatalen Tests bestimmt und anschliessend den Eltern mitgeteilt werde. Sie betont allerdings, dass sie sich keineswegs gegen die Durchführung von pränatalen Tests oder die bestehenden Fristen stellen möchte – einzig diese Hintertür solle geschlossen werden.
Unklar ist bisher allerdings noch die mögliche Umsetzung. Bruderer schlug zwar vor, den Laboratorien die Weitergabe des Geschlechtsbefundes zu verbieten, dies könne allerdings unter den heutigen Voraussetzungen kaum durchgesetzt werden, so der Einwand des Bundesrats. Schliesslich würden nicht invasive pränatale Untersuchungen in den meisten Fällen von ausländischen Laboratorien durchgeführt, bei denen ein Verbot kaum durchzusetzen wäre.
Missbrauchsrisiko lässt sich nicht vollständig ausschliessen
Zusätzlich würde die Gesetzgebung durch den raschen Fortschritt in der Medizintechnik erschwert, ergänzte Bundesrat Alain Berset. So könne man nicht ausschliessen, dass in Zukunft Tests entwickelt werden, die direkt beim Arzt angewendet und ausgewertet werden können, ohne dass ein Laboratorium hinzugezogen werden muss. Im Rahmen der laufenden Überarbeitung des Bundesgesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen, möchte der Bundesrat jetzt aber verschiedene alternative Lösungsansätze prüfen, mit deren Hilfe sich die Missbrauchsgefahr reduzieren lässt.
In Bern ist man sich allerdings auch darüber im Klaren, dass sich die Gefahr einer Geschlechterselektion durch Bruderers Motion nicht vollständig bannen lässt. Schliesslich könnten Paare das Geschlecht auch auf eigene Initiative hin im Ausland testen lassen. In solchen Fällen würden Schweizer Gesetzesvorschriften zwar wenig nützen, aber sie könnten das Selektionsrisiko trotzdem erheblich reduzieren, so Bruderer.
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