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Googles Link-Löschung in der Schweiz

16.10.2014 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column][vc_column_text]Über das gegenüber Google durchsetzbare neue Recht auf Vergessen innerhalb der EU – und auch die Kritik daran – hatten wir bereits ausführlich berichtet. Nun wird es hierzulande Zeit für eine erste Bestandsaufnahme.

Denn ein Unternehmenskoloss wie Google braucht nun einmal eine gewisse Zeit, um Forderungen wie das Löschen von Links zu prüfen und auch umzusetzen. Das gilt in besonderem Masse dann, wenn diese Anträge in sechsstelliger Zahl einlaufen. In der Schweiz sind wir im internationalen Vergleich dabei noch relativ zurückhaltend.

„Moment mal …“

Aufmerksame Leser werden jetzt vielleicht schon hellhörig geworden sein: Die neue Rechtsvorlage bezieht sich deutlich auf die EU – an welcher die Schweiz jedoch gar nicht beteiligt ist. Nach eigenen Aussagen wird Google hier jedoch präventiv tätig. Die Datenschutzregulierungen hinsichtlich der digitalen Revolution, die auch die Schweiz betrifft, würden sich nicht in besonderem Masse von denen in der EU abgrenzen, so dass zu erwarten sei, dass in Zukunft ähnliches Recht auch auf die Schweiz angewendet wird. Google hat dieser möglichen Zukunft nun also den Wind aus den Segeln genommen, indem man einfach zuerst aktiv geworden ist. Für ein ähnliches Vorgehen hatte Google sich auch in anderen Staaten, die an der Europäischen Freihandelsassoziation teilnehmen, entschieden.

In Zahlen ausgedrückt können wir dabei festhalten, dass seit der Umsetzung der Regulierung im Mai 2014 insgesamt 4184 Anträge bei dem Unternehmen eingegangen sind. Sie teilen sich wiederum auf 12’895 Webseiten auf, welche auf Wunsch der Antragsteller bestimmte Inhalte nicht mehr auffindbar machen sollten. Offenbar geht Google dabei jedoch sehr gewissenhaft vor und nickt nicht einfach jedes Gesuch durch: Nur in etwas mehr als 46 % der Fälle wurden Links tatsächlich entfernt, konkret geht es um 4910 Webseiten, die zumindest durch Google nicht mehr auffindbar sind. Wer ein wenig genauer recherchieren möchte, kann dies unter diesem Link bei Google tun.

Durchschnitt in Europa

Besonders auffällig verhalten sich die Zahlen in der Schweiz dabei nicht: Etwa 146’300 Anträge hat Google bislang in ganz Europa verarbeiten müssen, 500’000 Webseiten waren davon betroffen. Wirklich aktiv wurde Google jedoch nur in etwa 42 % der Fälle, die restlichen Suchergebnisse bleiben nach wie vor bestehen. Interessant fällt jedoch die Verteilung der Ergebnisse aus: Im Zeitalter der sozialen Medien sind es insbesondere Netzwerke wie Facebook oder auch Portale wie YouTube, zu denen mit Abstand die meisten Links entfernt wurden. Während bezüglich Ersterem 3350 Einträge gelöscht worden sind, hat Google beim eigenen Videodienst 2400 Mal zugeschlagen. Ein weiteres Indiz dafür, dass sich das Internet bei vielen Menschen inzwischen sowohl privat als auch beruflich innerhalb dieser Netzwerke abspielt.[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]

Etwa 146’300 Anträge hat Google bislang in ganz Europa verarbeiten müssen. (Bild: Gil C / Shutterstock.com)

Etwa 146’300 Anträge hat Google bislang in ganz Europa verarbeiten müssen. (Bild: Gil C / Shutterstock.com)

[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]Tatsächlich aufsehenerregende Löschungen konnten in der Schweiz bislang übrigens nicht beanstandet werden: Medienpublikationen waren bislang nur in sehr kleinem Ausmass betroffen, so wie etwa im Fall der NZZ, welche bislang drei Löschungen zu beklagen hatten. Grössere Unternehmen wie Ringier – die etwa hinter der Blick oder auch der TVtäglich stehen – sind bislang noch gar nicht von Googles neuen Regulierungen angerührt worden. Leider bekommt der durchschnittliche Bürger darin aber auch keine Einsichten, denn Google zeigt sich ungewohnt zugeknöpft – was angesichts des Begriffs „Transparenzbericht“ schon sehr ironisch erscheint.

Google scheut die Öffentlichkeit

Für dieses Vorgehen erntete Google nun auch Kritik: Es sei weder für den normalen Bürger noch für Experten ersichtlich, wie das Unternehmen zu seinen Entscheidungen gelange. Google akzeptiert diese Einschätzung und weist darauf hin, dass man zunächst weiterhin die Kommunikation auf ein vernünftiges Mass beschränken wolle. Man bewege sich auf „rechtlichem Neuland“, weshalb man die genauen Details der eigenen Arbeit nicht öffentlich machen wolle. Stattdessen setzt Google auf ein anderes Mittel, das sich in der Vergangenheit bereits bewährt habe: die Expertenrunde. Diese fand jüngst in Warschau und auch in Paris statt und hatte das Ziel, für mehr Transparenz zu sorgen. Für die Schweiz ist ein solcher Auftritt leider nicht geplant.

Bei den Expertenrunden gab Google Einblicke in die eigene Arbeit, unter anderem wurde auch ein Beispiel aus der Schweiz genannt: Ein Finanzfachwirt hatte einen Antrag auf Löschung von Seiten gestellt, die über seine (gerechtfertigte) Verhaftung als Folge von Finanzdelikten berichteten. Google verneinte diesen Antrag mit der Begründung, dass es sehr wohl im erheblichen Interesse der Öffentlichkeit stehe, wenn die vergangenen Fehltritte des Mannes nicht einfach in die Vergessenheit rutschen würden.

An der Spitze der Länder mit den meisten Anträgen steht derweil übrigens ein Nachbarland: Mit fast 30’000 Anträgen sind die Franzosen ganz besonders von der neuen Regulierung begeistert. Geholfen hat es unterdessen wenig, denn der Durchschnitt der tatsächlich durchgesetzten Anträge stieg nur wenig auf 51 %. Wie immer werden wir Sie über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

 

Oberstes Bild: © turtix – Shutterstock.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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