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Berner Initiative wehrt sich gegen Kürzungen bei Krankenkasse

10.04.2015 |  Von  |  Beitrag

Für manche Schweizerinnen und Schweizer machen die monatlichen Krankenkassenbeiträge einen wesentlichen Teil ihrer Ausgaben aus. Besonders Geringverdiener sind stark betroffen, auch wenn sie nur die Grundversicherung und keine zusätzlichen Leistungen gebucht haben. Mit einer Prämienverbilligung hat der Gesetzgeber in einzelnen Kantonen einen wertvollen Beitrag zur Entlastung geschaffen.

Abhängig von der Haushaltslage und politischen Ausrichtung wurden einzelne dieser Massnahmen bereits wieder gekürzt. Im Kanton Bern wehrt sich nun eine Initiative gegen diese Kürzungsmassnahme, die aufgrund ihrer namhaften Vertreter durchaus gute Aussichten auf Erfolg und die Rücknahme der Kürzungen hat.

Starke Stimmen gegen die Kürzung

Bezug nimmt die Initiative auf das Sparprogramm im Berner Kanton, das Ende 2013 nach der grossen Strukturüberprüfung ins Leben gerufen wurde. Neben vielen politischen Ressorts und Themenbereichen war auch die bislang gewährte Prämienverbilligung vom Sparprogramm getroffen, die Rücknahme der Vergünstigungen soll dem Kanton mehr als 35 Millionen Franken einbringen. Kritiker der Sparmassnahme bemängelten frühzeitig, dass die Kürzung erneut auf dem Rücken einkommensschwacher Haushalte des Hauptstadtkantons ausgetragen würde. Viele von ihnen sind über jeden Franken für die monatliche Lebensführung froh und leiden unter der Kürzung der Prämienverbilligung im starken Ausmass bis zur Existenzgefährdung.

Die Gründung der Initiative gegen die Kürzung bei Prämienverbilligung hatte sich früh abgezeichnet, da SP und Grüne eine solche Option schnell ins Spiel brachten. Neben den beiden Grossparteien haben sich zehn weitere Parteien zu dieser Initiative bekannt und streben eine Rückkehr zum System an, wie es bis zum Jahr 2013 Gültigkeit besass. Auch der kantonale Gewerkschaftsbund AvenirSocial und weitere gewerkschaftliche Verbände sind Teil der Initiative. Politisch würde sich ein Erfolg der Initiative ausschliesslich auf die Regelung im Kanton Bern auswirken. Allerdings könnte von einem positiven Volksentscheid eine Signalwirkung ausgehen, die eine Kürzung von Vergünstigungen in anderen Kantonen in der politischen Durchführung erschweren würde.



 Unterschriftensammlung bis September 2015

Nach den gesetzlichen Regelungen des Kantons Bern haben die Organisatoren der Initiative bis zum Herbst Zeit, eine ausreichende Anzahl an Stimmen für ihr Vorhaben zu sammeln. Bis zum September müssen nach geltenden Statuten 15.000 Unterschriften vorliegen, mit denen Bürger des Kantons der Kürzung bei Prämienverbilligung der Krankenkasse widersprechen. Wird diese Stimmenzahl erreicht, wird die Frage dem Volk gestellt und zur Abstimmung gebracht. Eine Umsetzung der Volksstimme ist bindend und wird für viele Haushalte des Kantons existenziell sein, um einen grösseren Spielraum zur Finanzierung des alltäglichen Lebens zu erhalten.

Über den Ausgang der potenziellen Abstimmung kann aktuell nur spekuliert werden. Allerdings gilt es als wahrscheinlich, dass die Initiative die geforderte Anzahl von 15’000 Unterschriften zusammenbekommt. Alleine durch die Zugehörigkeit zu den grossen Partien und Gewerkschaften sowie ihrer Akzeptanz bei Wählern und Gewerkschaftsmitgliedern dürfte die genannte Zahl an Unterschriften vergleichsweise einfach zu erreichen sein. Unabhängig vom Ausgang der Initiative lohnt es sich für jeden Versicherten, einen genauen Blick auf Leistungen und Prämien der eigenen Krankenkasse zu werfen. In vielen Fällen trägt bereits ein Wechsel zu einer anderen Grundversicherung dazu bei, etwas Geld pro Monat einzusparen und hierbei nicht unter einem geringeren Leistungsspektrum leiden zu müssen.

Kritik an der Initiative auch aus anderen Kantonen

Während die Regierung des Kantons Bern die Initiative aus verständlichen Gründen ablehnt, wird auch Kritik aus anderen Kantonen laut. Vorrangig die Rolle des Hauptstadt-Kantons im Länderfinanzausgleich wird als Kritikpunkt genannt, mehr als eine Milliarde Franken wird jährlich von anderen Kantonen nach Bern überwiesen. Auf Basis dieser Ausgleichsregelung erscheint es einfacher, stärkere Sozialleistungen einzuführen, die über Umwege durch Einwohner anderer Kantone finanziert würden. Dies löst allerdings nicht das Problem vieler Berner Haushalte und weitere Einwohner der Schweiz, die von den Kosten für ihre Krankenkasse tatsächlich überfordert werden und auf echte Entlastungen angewiesen sind.

Kantonale Durchschnittsprämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (mit Unfall) in der Schweiz im Jahr 2015 (in CHF)

Erwachsene (ab 26 Jahren) Junge Erwachsene (19-25 Jahre) Kinder (0-18 Jahre)
Aargau 387,38 355,41 89,04
Appenzell A. Rh. 319,63 293,21 75,55
Appenzell I. Rh. 351,86 326,28 82,71
Bern 438,14 404,7 98,23
Basel-Land 441,92 405,96 105,23
Basel-Stadt 533,18 497,64 127,71
Freiburg 386,15 359,12 88,7
Genf 499,65 463,24 110,79
Glarus 358,66 322,97 81
Graubünden 344,49 319,52 83,82
Jura 423,55 398,54 88,92
Luzern 372,63 342,86 83,2
Neuenburg 423,85 404,41 90,74
Nidwalden 329,34 302,34 76,06
Obwalden 345,7 318,83 79,83
St. Gallen 379,81 353,05 89,2
Schaffhausen 396,28 363,54 92
Solothurn 397,09 362,69 90,73
Schwyz 359 331,46 82,52
Thurgau 373,77 343,44 89,39
Tessin 429,28 396,63 99,25
Uri 345,69 315,02 80,23
Waadt 450,26 427,07 104,28
Wallis 355,59 328,48 81,11
Zug 349,57 321,21 81,13
Zürich 411,69 379,27 98,23
Schweiz 411,84 379,71 94,99

Quelle: Bundesamt für Gesundheit (Schweiz) / © Statista 2015

 

Oberstes Bild: Volksinitiative wehrt sich gegen die Kürzung von Krankenkassen-Zuschüssen im Kanton Bern. (© PathDoc / Shutterstock.com)

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