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„Molecules“ von Akku Quintet: Aussergewöhnliche Schweizer Minimal-Jazz-Combo präsentiert ihr zweites Album

07.05.2015 |  Von  |  Beitrag

Akku Quintet – das sind die fünf Musiker Thierry Lüthy, Markus Ischer, Maja Nydegger, Andi Schnellmann und Manuel Pasquinelli. Der Name steht aber auch dafür, wie gross auch ein kleines Land musikalisch aufgestellt sein kann – Jazz aus der Schweiz ist nach wie vor eine feste Grösse.

Mit ihrem zweiten Album „Molecules“ geht das Akku Quintet jetzt auf Tour. Jazzfans können sich aber nicht nur auf eine spannende und virtuose Musikdarbietung freuen, sondern auch auf die Visuals von Jonas Fehr, die die Konzerte optisch begleiten und abrunden.

Musik aus dem Mikrokosmos

Mit „Molecules“ tauchen die Instrumentalisten von Akku Quintet musikalisch in den Mikrokosmos ein. Mit ihren Kompositionen und Instrumenten schaffen sie Musik, die zwischen verschiedenen Aggregatzuständen zu wechseln scheint: Mal klingt sie fest, mal flüssig, mal gasförmig oder geradezu ätherisch. Ergänzt wird die Live-Darbietung durch die Visuals des Medienkünstlers Jonas Fehr.

Die Schweiz wird von vielen ebenfalls als eine Art Mikrokosmos betrachtet: Sie nimmt nur einen kleinen Teil der Weltkarte ein, hat aber jede Menge zu bieten. Das gilt auch für den Jazz: Was auf diesem Gebiet in den letzten Jahren alles zu hören und zu entdecken war, ist bemerkenswert. Folglich ist Schweizer Jazz weltweit bekannt: Seine Klassiker und Innovatoren können sich auf der ganzen Welt hören und sehen lassen – und brauchen den Vergleich mit internationalen Grössen nicht zu fürchten.

Zwar steht dem Jazz nicht das finanzielle Budget zur Verfügung, das beispielsweise der elegante Bruder Klassik vom Land bereit gestellt bekommt, doch das ist laut einer Studie der Zürcher Hochschule Winterthur gar nicht so entscheidend. Man spiele, so die Ergebnisse der Studie, „zur Erweiterung der Auftrittsmöglichkeiten in verschiedenen Formationen“ und scheue dabei auch nicht davor zurück, „schon mal unter dem Zaun hindurch zu fressen und Musik anderer Genres zu spielen.“

Diese Beschreibung, so eigenwillig sie klingen mag, trifft ziemlich genau, was das Berner Akku Quintet um den Schlagzeuger Manuel Pasquinelli mit seinem zweiten Album „Molecules“ verwirklicht hat. Denn hier ist Musik ohne Berührungsängste und fernab der Klischees entstanden –trotzdem oder gerade deswegen lässt sie sich gerade noch in die Sparte „Minimal Jazz“ einordnen.


Akku-Quintet: Schon das Debütalbum machte die Band über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt. (Bild: Akku Quintet)

Akku-Quintet: Schon das Debütalbum machte die Band über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt. (Bild: Akku Quintet)


Musik wird in ihre Atome zerlegt und neu zusammengesetzt

Der Minimal Jazz des Akku Quintet klingt zum Teil fast so, als hätten die Spieler die Musik in ihre Einzelteile zerlegt und dann neu zusammengesetzt. Der dadurch entstehende Effekt ist oft überraschend, denn trotzdem hält die Musik in ihrem Inneren fest zusammen und zerfliesst trotz aller Experimente nie ins rein Experimentelle.

Als Elementarteilchen oder Moleküle der Musik fungieren hier die repetitiven, ineinander verschlungenen Piano- und Keyboardmuster von Maja Nydeggers, Thierry Lüthys Saxophonstimmen, Markus Ischers Gitarrenlinien, Andi Schnellmanns rollendem Bass und Manuel Pasquinellis Beats. Die Rhythmen können messerscharf sitzen, aber auch gekonnt in die Zeitlupe abdriften oder zeitweise ins Wanken geraten, um dann wieder zueiander zu finden – im Flug oder mit solider Erdhaftung.

Ob aus den Lautsprechern daheim oder unter den Lichtern der grossen Bühne: Das Akku Quintet nimmt seine Zuhörer mit auf einen streng kontrollierten, aber doch grenz- und genreüberschreitenden Höhenflug. Manche Kompositionen sind einfach zum Dahinschmelzen schön, andere warten mit psychedelischen Elementen oder fast fremdartigen Stimmungen auf. Sicher ist nur eines: Auch das zweite Album von Akku Quintet ist weder Musik von der Stange noch Musik für die breite Masse. Im Mainstream wird es also nicht mitschwimmen – doch das bedeutet für die weltweiten Fans der Schweizer Combo nichts weiter als eine kleine, geheime Zusatzfreude.

Ein Album als Schallplatte im edlen Design

Das Album „Molecules“ von Akku Quintet kommt als CD und, in einer auf 300 Exemplare limitierten Auflage, auch als Vinyl-Schallplatte auf den Markt. Bei der Gestaltung der Vinyledition hat die Band den Grafiker Sandro Galli mit ins Boot geholt – und der hat keinen Aufwand gescheut, um LP und Cover zu einem echten Hingucker in Kupfer und einem besonderer Blauton zu machen.

Die schwarze Hülle wurde von Hand bedruckt und punktet auch haptisch durch ihre hochwertige und schwere Ausführung: Es macht Spass, sie zu betrachten, in die Hand zu nehmen und die 180 Gramm wiegende Schallplatte aus- und einzupacken. Als echtes Handmade-Produkt ist jede LP ein Unikat und nicht nur für das Regal eines passionierten Sammlers eine Zierde.

Ein kurzer Überblick über die Geschichte des Akku Quintet

Manuel Pasquinelli, der Schlagzeuger, gründete die Combo Akku Quintet im Jahr 2010. Das Label „Morpheus Records“ brachte im Mai 2013 die erste CD mit dem Namen „Stages of Sleep“ heraus, auf der die unterschiedlichen Phasen des Schlafes musikalisch thematisiert werden. Schon das Debütalbum machte die Band über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt; das Stück „Deep Sleep 2“ wurde ausgekoppelt und erschien auch auf der CD-Compilation „Jazz made in Switzerland 2014/15“. Vier Konzerte der „Molecules“-Tour finden im Rahmen der „Suisse Diagonales Jazz 2015” statt.



Jonas Fehr, der Mann hinter den Visuals

Es lohnt sich, „Molecules“ auch live zu erleben. Denn für die Konzerte der aktuellen Tour inszeniert Medienkünstler Jonas Fehr visuelle Bildwelten, die die Musik nicht nur optisch untermalen, sondern ihr eine weitere Dimension verleihen.

Jonas Fehr ist gelernter Elektroniker. Er ergänzte seine Ausbildung durch ein Studium der Musik und Medienkunst an der Hochschule der Künste Bern (HKB), das er mit einem Bachelor abschloss. Im September des Jahres 2013 begann er ein weiterführendes Masterstudium (Master in Medialogy) an der Universität Aalborg in Kopenhagen.

Schon lange zuvor hat der Licht- und Medienkünstler damit begonnen, eine ganz eigene sicht- und hörbare Sprache zu entwickeln. Dabei kommen ihm sowohl seine Elektronik- und Programmiererkenntnisse zugute als auch seine Kreativität mit Geräuschen, Lärm und vielfältig einsetzbaren Effekten wie Rückkopplungsschleifen.

In unterschiedlichen Projekten und Experimenten zeigt Fehr, was er konnte und wohin er wollte. Lichtshows, Grafiken und Live-Visuals gestaltete er unter anderem für die Band Copy & Paste – oder eben jetzt für das Akku Quintet und deren „Molecules“-Tour.

 

Oberstes Bild: (© Akku Quintet)

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