Wetter-News: Was ist ein Downburst beziehungsweise eine Fallböe?

Das extreme Windereignis am späten Montagvormittag in La Chaux-de-Fonds und Le Locle beschäftigt uns auch heute Dienstag noch.

Für eine ausführliche Aufarbeitung fehlte bislang die Zeit. Mittlerweile gehen wir aber davon aus, dass ein sehr starker Downburst für die enormen Schäden verantwortlich war. Aus diesem Grund wird dieses Phänomen nachfolgend erklärt.

Downburst

Ein Downburst ist eine Fallböe, die im Zusammenhang mit Gewittern oder auch Schauern auftreten kann. Dabei beschleunigt sich der Abwind unterhalb der Gewitterwolke und schlägt mit hoher Geschwindigkeit auf den Erdboden auf. Am Boden strömt die Luft üblicherweise radial auseinander, kann aber, je nach Topographie kanalisiert werden. Dies geschah möglicherweise auch in Le Locle und La Chaux-de-Fonds. Ein Downburst kann Windgeschwindigkeiten von über 200 km/h erreichen und damit enorme Schäden verursachen.


Illustration eines Microburst. Ein Merkmal ist das radiale auseinanderströmen der Luft. (Wikipedia)

Downbursts werden in Abhängigkeit der Dimension in Microbursts oder Macrobursts unterteilt. Wenn der Schadensradius auf weniger als 4 km Ausdehnung begrenzt ist, wird von einem Microburst gesprochen, andernfalls von einem Macroburst.

Bei kräftigen Gewittern können Downbursts auch wiederholt auftreten. Wodurch es entlang der Zugrichtung des Gewitters wiederholt zu Schäden kommen kann. Dies geschah beispielsweise vor rund zwei Jahren am 13. Juli 2021, als eine Superzelle vom Aargau über die Stadt Zürich nordostwärts zog und an verschiedensten Orten eine Spur der Verwüstung hinterliess.

Welche Vorgänge innerhalb einer Gewitter- oder Schauerzelle sind nun aber für die Entstehung eines Downbursts verantwortlich? Im Wesentlichen sind zwei Prozesse für die Beschleunigung des Abwindes verantwortlich. Zum einen das Abkühlen der Luft aufgrund schmelzender Hagelkörner beziehungsweise der Verdunstung des Regens, und zum anderen die Beschleunigung des fallenden Niederschlags selbst.


Konzeptuelles Schema von einem trockenen Microburst (links) und einem nassen (wet) Microburst (rechts). Der nasse Microburst entsteht oft aus einer relativ bodennahen Gewitterbasis und wird von viel Niederschlag begleitet. Der trockene Microburst ist meist mit einer hohen Gewitterbasis verbunden und enthält wenig oder gar keinen Niederschlag, da dieser größtenteils in der trockenen Schicht verdunstet ist. Beide Typen können heftige Windböen verursachen. (Daniela Roth)

Durch das Schmelzen des festen Niederschlags (Hagel, Graupel etc.) innerhalb des Gewitters und durch das Verdunsten von flüssigem Niederschlag wird der Luft Wärme entzogen. Die Luft kühlt dadurch ab und wird schwerer (kalte Luft ist aufgrund der höheren Dichte schwerer als warme Luft). Die Verdunstungsabkühlung kann einerseits unterhalb der Gewitterzelle erfolgen und andererseits in den mittleren Wolkenniveaus durch das Einbringen von trockener Umgebungsluft. Besonders günstig ist es, wenn die Wolkenbasis relativ hoch ist und die darunterliegende Luft relativ trocken. In La Chaux-de-Fonds sprachen diese Faktoren eigentlich nicht unbedingt für ein derart heftiges Downburstereignis. Die kalte Luft beschleunigt anschliessend auf dem Weg zum Erdboden und kann sehr hohe Windgeschwindigkeiten erreichen.

Auffallend auf den Fotos und Webcambildern ist hingegen der ausgeprägte und dichte „Niederschlagsvorhang“. Die Niederschlagsintensität muss entsprechend stark gewesen sein und entsprechend auch die Beschleunigung des Abwindes durch die riesigen Niederschlagsmassen.


Das herannahende Gewitter über La Chaux-de-Fonds. Das Gewitter war gekennzeichnet durch einen extrem dichten Niederschlagsvorhang, welche ebenfalls auf das Potential eines starken Downburst hindeutet. (Roundshot La Chaux-de-Fonds, Tourisme neuchâtelois)

Auf den Radarbildern und deren Vertikalschnitten ist ausserdem erkennbar, wie die zuvor zwar kräftige, aber keineswegs aussergewöhnliche Gewitterzelle über La Chaux-de-Fonds deutlich an Intensität verliert. Es scheint, als ob der einst starke Aufwind der Gewitterzelle über La Chaux-de-Fonds zusammenbrach und sich die Gewitterzelle direkt über der Stadt in einem aussergewöhnlich starken Downburst entlud.


Kurz bevor das Gewitter La Chaux-de-Fonds erreichte, konnte im Vertikalschnitt noch ein kräftiges Radarsignal (rot) beobachtet werden. (MeteoSchweiz)

Ein Zeitschritt später war die Signatur verschwunden. Dafür nahm die Zelle zunehmend eine Bogenform an. (MeteoSchweiz)

Es scheint, dass die einstige Superzelle durch einen Downburst stark geschwächt wurde und die Radarsignatur dadurch die Form eines Bow Echos (bogenförmige Radarsignatur durch den dominierenden Abwind) annahm. Nach einer Schwächephase regenerierte sich die Superzelle über dem Mittelland wieder und überquerte in der Folge erneut mit Böen um 70 km/h den Flughafen Zürich. (MeteoSchweiz)

Radarloop inkl. Vertikalschnitt von Montagvormittag, der die Gewitterzelle zeigt, welche in La Chaux-de-Fonds (Markierung) für enorme Schäden gesorgt hat. (MeteoSchweiz)

Aufgrund der Beobachtungen und Messungen gibt es kaum aussagekräftige Indizien, die für einen Tornado sprechen. Wir gehen deshalb von einem sehr starken Downburst beziehungsweise Microburst aus.

Ein Kollege von MeteoSuisse wird heute Dienstag noch die Schäden vor Ort inspizieren, woraus wir uns klärende Erkenntnisse erhoffen.

Es ist übrigens nichts aussergewöhnliches, dass Downbursts im Zusammenhang mit Gewittern auftreten. Solche extremen Downbursts wie in La Chaux-de-Fonds sind jedoch äusserst selten. Weitere Infos und Illustrationen zum Thema finden sich übrigens auch im Blog vom 19. Juni 2023.


Die Kaltfront am Dienstagnachmittag war ebenfalls von Gewittern und teils kräftigen Böen begleitet. Downbursts oder Fallböen traten bestimmt auch irgendwo auf, doch sind sie oftmals nicht so verherrend wie am Montagvormittag in La Chaux-de-Fonds.

 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz /Was ist ein Downburst beziehungsweise eine Fallböe? – MeteoSchweiz (admin.ch)
Titelbild: Roundshot Baldegg, Regionalwerke AG Baden

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