Warum nimmt die Sonneneinstrahlung in Europa seit Mitte der 1980er-Jahre zu?

Seit Mitte der 1980er-Jahre nimmt die Globalstrahlung – die gesamte auf die Erdoberfläche einfallende Solarstrahlung – in Europa zu.

Als Gründe dafür kommen vor allem die geringere Luftverschmutzung oder eine Abnahme der Wolkenbedeckung in Frage. Satellitendaten helfen bei der Ursachenforschung.

Globalstrahlung als Lebensgrundlage

Die Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfläche, auch als Globalstrahlung bezeichnet, stellt die primäre Energiequelle für das Leben auf unserem Planeten dar. Sie steuert eine Vielzahl von Umweltprozessen. Nicht nur liefert sie direkt Wärme an unsere Umgebung, sondern sie spielt auch eine entscheidende Rolle im globalen Wasserkreislauf, indem sie Energie für die Verdunstung bereitstellt. Angesichts dieser wichtigen Rolle ist die Erde äusserst sensibel gegenüber Schwankungen in der Globalstrahlung. Dieser Sensibilität sind sich auch immer mehr Leute bewusst, die Solaranlagen betreiben. Es ist daher zentral, die Ursachen der Globalstrahlungstrends zu verstehen.

Zunahme der Globalstrahlung

Seit Mitte der 1980er Jahre wird in Europa ein positiver Trend, also eine zunehmende Globalstrahlung, festgestellt. Die Strahlung der Sonne ausserhalb der Atmosphäre schwankt weniger stark als die Globalstrahlung an der Erdoberfläche und kann daher die beobachteten Trends nicht erklären. Deshalb muss die Erdatmosphäre dafür verantwortlich sein. Je durchlässiger die Atmosphäre ist, desto mehr Strahlung erreicht die Erdoberfläche und umgekehrt.

Die Durchlässigkeit der Atmosphäre über einem bestimmten Ort auf der Erdoberfläche steht in direktem Zusammenhang mit der Zusammensetzung der Atmosphäre darüber und der Gegenwart von Wolken. Feinste Partikel in der Atmosphäre, sogenannte Aerosole, oder auch Wolken reflektieren Solarstrahlung zurück ins All. MeteoSchweiz entwickelt seit mehr als 15 Jahren satelliten-basierte Solarstrahlungskarten im Rahmen der EUMETSAT Satellite Application Facility (CM SAF). Wir haben für unsere neue Studie die Globalstrahlung jeweils mit und ohne Wolken bzw. Langzeit-Trend der Aerosole simuliert. Dies ermöglichte es, Aerosol- und Wolkeneffekt zu separieren und ihre individuellen Beiträge zu den Globalstrahlungstrends zu berechnen.

Aerosol- und Wolkeneffekte

Die Aerosolkonzentration in der Luft wird hauptsächlich durch menschliche Emissionen beeinflusst, insbesondere durch Schwefel und Russ. In den 1980er und 1990er Jahren fanden bedeutende Anstrengungen zur Reduzierung des vom Menschen verursachten Aerosolausstosses statt. Die Analyse wurde daher in zwei Phasen unterteilt, wobei die erste Phase repräsentativ für den Rückgang von Aerosolpartikeln ist und die zweite Phase für stabilere Konzentrationen steht.

Obwohl die Zunahme der Globalstrahlung in beiden Phasen ähnlich stark ist, sehen wir grosse Unterschiede in Bezug auf den Einfluss von Aerosolen und Wolken. In der folgenden Grafik sieht man, dass in den 1980er und 1990er Jahren der Aerosoleffekt dominant war – die Zunahme der Globalstrahlung also primär auf den Rückgang der Aerosolkonzentrationen zurückzuführen ist. In diesem Zeitraum nahm die Wolkenbedeckung eher zu, was dem Aerosoleffekt leicht entgegenwirkte. Dieses Resultat geht einher mit den bereits genannten Massnahmen zur Regulierung der Aerosolemissionen und dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991, wo viele stark emittierende Industriebetriebe eingestellt wurden. An den besonders starken Aerosoleffekten in Osteuropa ist dies deutlich zu erkennen.

Nach der Jahrtausendwende veränderte sich das Bild. Ein Aerosoleffekt ist in dieser Phase kaum noch erkennbar. Die Emissionsregulierung hat Wirkung gezeigt. Die Aerosolkonzentrationen sind seither relativ konstant geblieben. Der Wolkeneffekt ist hauptverantwortlich für die immer noch positiven Globalstrahlungstrends in den letzten 20 Jahren. Dies bedeutet, dass entweder eine Abnahme der Wolkenbedeckung oder der Wolkendicke zur Zunahme der Globalstrahlung in der zweiten Phase geführt hat.


Relative Änderung der Globalstrahlung infolge des (links) Aerosol- und (rechts) Wolkeneffekts (%/Dekade) für die Perioden 1983-2002 (oben) und 2001-2020 (unten). (Schilliger et al. (2024), ESS Open Archive)

Fazit

Von 1983 bis 2002 erlebte Europa eine Zunahme der Globalstrahlung, vor allem aufgrund von verminderten atmosphärischen Aerosolenkonzentration, da anthropogene Emissionen reguliert wurden. Für den Zeitraum von 2001 bis 2020 erwies sich die Abnahme der Wolken als Haupttreiber für die anhaltende Zunahme der Globalstrahlung. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Veränderungen in der Luftverschmutzung und in den atmosphärischen Bedingungen erhebliche Auswirkungen auf die solare Strahlung haben können und unterstreichen die Notwendigkeit weiterer Forschung, um diese komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen.

Weiterführende Links


Sonnenstrahlen durchdringen die Wolkendecke in den Bergen.

 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz / Warum nimmt die Sonneneinstrahlung in Europa seit Mitte der 1980er-Jahre zu? – MeteoSchweiz (admin.ch)
Titelbild: unsplash.com

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