Wetter-News: Die atmosphärische Zirkulation – Teil 3
Im dritten Teil unserer Serie wollen wir verstehen, welche der bereits untersuchten Konzepte sich auf die allgemeine atmosphärische Zirkulation anwenden lassen.
Dabei soll untersucht werden, inwieweit die Variation der planetaren Vortizität mit der geografischen Breite die Zugbahn der Luftmassen an der Erdoberfläche in den Tropen und in den Polarregionen beeinflusst.
Zusammenfassung der ersten beiden Teile
Im ersten Teil haben wir gesehen, dass bei einem Körper, der sich um eine Achse bewegt, die Masse, die Rotationsgeschwindigkeit und der Abstand von der Drehachse den so genannten „Impuls“ bilden. Da auf der Erde die Rotationsgeschwindigkeit und die Masse als konstant angenommen werden, hängt der Impuls einer Luftmasse nur vom Abstand zur Rotationsachse, d.h. vom Breitengrad ab.
Im zweiten Teil haben wir uns mit den Begriffen der absoluten, relativen und planetaren Vortizität beschäftigt und festgestellt, dass die absolute Vortizität in einem System erhalten bleibt, wenn es keine äusseren Einflüsse gibt, was bei der Erde vom Weltraum aus gesehen der Fall ist. Ausserdem haben wir gezeigt, dass die planetare Vortizität (Vp), die ebenfalls nur von der geografischen Breite abhängt, an den Polen am grössten ist und zum Äquator hin abnimmt, wo sie gleich Null ist.
Neben dieser sogenannten planetaren Vortizität wird die Atmosphäre von Wirbelbewegungen durchzogen, die mit ihrer eigenen Bewegung zusammenhängen und deren Vortizität als „relative“ Vortizität (Vr) in Bezug auf eine Beobachterin auf der Erde bezeichnet wird. Die Summe beider Arten von Vortizität ergibt die „absolute“ Vortizität (Va). Sie stellt das dar, was man vom Weltraum aus sehen würde, und wird durch folgende Gleichung ausgedrückt:
Va = Vp + Vr
Last but not least: Bei Abwesenheit einer äusseren Kraft bleibt die absolute Vortizität erhalten, d.h. sie verändert sich nicht. Mit anderen Worten: Wenn die planetare Vortizität zunimmt, nimmt die relative Vortizität ab und umgekehrt.
Die allgemeine Zirkulation
Um die Bewegung der Atmosphäre zu beschreiben, muss neben der Vortizität und der linearen Geschwindigkeit ein drittes Element berücksichtig werden – und zwar die Erwärmung der Erdoberfläche durch die Sonneneinstrahlung. Diese ist abhängig vom Sonnenstand und dieser wiederum von der geographischen Breite.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass alle Elemente, die die Bewegung der Luftmassen beeinflussen, von der geographischen Breite abhängen. D.h., in Polnähe ist die Vortizität einer Luftmasse maximal, ihre lineare Geschwindigkeit gering und ihre Erwärmung durch Sonneneinstrahlung minimal. In den Tropen dagegen ist die Vortizität einer Luftmasse nahezu null, ihre lineare Geschwindigkeit hoch und ihre Erwärmung maximal. Dazwischen liegen die gemässigten Breiten, in denen der Gradient zwischen Vortizität und Lineargeschwindigkeit gross ist. Auf dem Satellitenbild vom Montag, 25. November 2024 (siehe Teaserbild) stellen die orangefarbenen Bereiche trockene Gebiete dar, d.h. das Vorhandensein von Subsidenz (die Luft sinkt ab), und die lilafarbenen Bereiche stellen gesättigte Gebiete dar, d.h. das Vorhandensein von Aufwindzonen. Gebiete mit hoher positiver (zyklonaler) Vortizität sind in Form von Wirbeln gut zu erkennen (z.B. Nordatlantik; rotes Rechteck). Die orangefarbenen Gebiete über Nordafrika entsprechen Subsidenzgebieten (weisses Rechteck).
Die allgemeine Zirkulation in den Tropen
In den Tropen sorgen die Homogenität der Luftmasse (fast keine Fronten) und die sehr geringe Vortizität für ein wenig dynamisches Umfeld, das im Wesentlichen durch ein konvektives Regime gekennzeichnet ist und durch die Sonneneinstrahlung erzeugt wird. Dieses vorwiegend konvektive System wird durch die Hadley-Zellen und die so genannte Intertropische Konvergenzzone (ITCZ) repräsentiert. Die ITCZ liegt je nach Jahreszeit zwischen dem nördlichen und südlichen Wendekreis. Die mit der konvektiven Zirkulation der Hadley-Zelle verbundenen Luftbewegungen werden durch die Erdrotation und die hohen linearen Geschwindigkeiten in diesen Regionen beeinflusst. So wird Luft in grosser Höhe, die sich nahe der Tropopause befindet und nach Norden oder Süden strömt, über Regionen mit geringeren Lineargeschwindigkeiten geleitet und erhält so eine relative West-Ost-Ausrichtung (Ablenkung nach rechts auf der Nordhalbkugel): den subtropischen Jet. Umgekehrt wird bodennahe Luft, die nach ihrer Subsidenz über Wüstengebiete zurück zum Äquator strömt, über ein Gebiet mit höherer Lineargeschwindigkeit als ihr Ursprungsgebiet geleitet und nimmt daher auf der Nordhalbkugel eine relative Nordost-Südwest-Ausrichtung an: die Passatwinde.
Die allgemeine Zirkulation an den Polen
In gewisser Weise sind die Polar-Zellen (siehe Bild oben links) den Hadley-Zellen sehr ähnlich: Es gibt eine Aufwindzone, die diesmal in den gemässigten Breiten ihren Ursprung hat, und eine Subsidenzzone über den Polen, die dort für stabile Hochdrucklagen sorgt. Die Nordostströmung, die von den polaren Hochdruckgebieten ausgeht, ist gewissermassen das eisige Gegenstück der tropischen Passatwinde. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass die Aufwindzone dynamisch und nicht wie die intertropische Konvergenzzone rein thermisch bedingt ist. In den Polargebieten spielt die Oberflächenerwärmung nämlich nur eine untergeordnete Rolle.
Im vierten Teil dieser Serie werden wir uns mit der allgemeinen Zirkulation der gemässigten Breiten beschäftigen, die, wie man sich denken kann, die Eigenschaften der tropischen und polaren Zonen in sich vereint und den konvektiven Antrieb durch Erwärmung mit einem dynamischen Antrieb durch die Erdrotation verbindet.
Links zu den ersten beiden Teilen:
Hinweis: Dieser Blog wurde ursprünglich auf Französisch publiziert.
Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz / Die atmosphärische Zirkulation – Teil 3 – MeteoSchweiz
Titelbild: Eumetsat / MeteoSchweiz