Aarau AG: Mehr Kriminalität, komplexere Fälle – Behörden kämpfen mit knappen Ressourcen

An der Jahresmedienkonferenz Sicherheit Aargau hat Landammann Dieter Egli mit der Kantonspolizei, der Staatsanwaltschaft und der Jugendanwaltschaft Bilanz über das vergangene Jahr gezogen.

Die Sicherheitslage im Kanton Aargau ist herausfordernd: Die Anzahl der Straftaten hat erneut zugenommen, die Fälle werden immer komplexer und die Anforderungen an die Ermittlungsarbeit steigen.

Die Belastung der Mitarbeitenden ist angesichts dieser Entwicklungen und der knappen Ressourcen hoch.

„Die Strafverfolgungsbehörden haben auch im vergangenen Jahr trotz knapper Personalressourcen und immer komplexer werdenden Fällen hervorragende Arbeit geleistet“, sagt Landammann Dieter Egli an der Jahresmedienkonferenz Sicherheit Aargau.

Herausforderungen durch globale Entwicklungen

Technologische Entwicklungen wie Digitalisierung und künstliche Intelligenz wirken sich laut Egli negativ auf die Sicherheit aus, da sie von Kriminellen missbraucht werden.

Politische Krisen, Konflikte und Kriege in Europa und weltweit verschärfen die Situation zusätzlich und erhöhen den Migrationsdruck sowie die Wahrscheinlichkeit von Terrorakten.

„Die Strafverfolgungsbehörden haben auch im vergangenen Jahr trotz knapper Personalressourcen und immer komplexer werdenden Fällen hervorragende Arbeit geleistet.“

Mit Kontrolldruck gegen Strukturkriminalität

Diese Entwicklungen tragen auch dazu bei, dass sich die Strukturkriminalität im Aargau ausbreitet, unter anderem erkennbar an der hohen Verfügbarkeit von Betäubungsmittel. Durch die Strukturkriminalität wird die legale Wirtschaft infiltriert und die Gefahr besteht, dass staatliche Institutionen unterwandert werden. Die Bekämpfung erfordert Ressourcen, um den Kontrolldruck hochzuhalten und Schwerpunktverfahren durchzuführen.

Vermögensdelikte auf Höchststand, Cybercrime mit grösster Zunahme

Die Kriminalitätswelle im Bereich der Vermögensdelikte hält weiter an. Diebstähle aus Fahrzeugen und Fahrzeugaufbrüche sind auf rekordhohem Niveau. Bei den bekannten Tätern handelt es sich vorwiegend um junge Männer aus den Maghrebstaaten im Asylverfahren oder mit negativem Asylentscheid.

Bei den Cyberdelikten ist eine massive Zunahme bei gleichzeitiger Zunahme der Komplexität der Verfahren zu verzeichnen. Der Schaden beläuft sich erneut im zweistelligen Millionenbereich. Phishing und Cyber-Betrugsdelikte spielen dabei eine zentrale Rolle und haben gegenüber dem Vorjahr stark zugenommen.

Insbesondere in urbaneren Gebieten sind vermehrt Hotspotbildungen erkennbar. Diese Hotspots führen zu erhöhter Kriminalität wie Gewalt im öffentlichen Raum und sinkendem Sicherheitsgefühl. „Zur Bekämpfung ist ein hoher Kontrolldruck und damit ein hoher Ressourcenaufwand notwendig“, sagt Michael Leupold, Kommandant der Kantonspolizei.

Tötungsdelikte leicht rückgängig, Verkehrssicherheit anhaltend hoch

Im Kanton Aargau sind im vergangenen Jahr 12 Tötungsdelikte verübt worden. Davon 3 vollendet und 9 versuchte. Dank guter Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft konnten alle aufgeklärt werden.

Die Verkehrssicherheit im Kanton Aargau ist anhaltend hoch. Die Unfallzahlen waren im vergangenen Jahr sogar leicht rückläufig. Im 10-Jahresverlauf sind die Unfallzahlen stabil, trotz deutlicher Bevölkerungs- und Verkehrszunahme. Jedoch ist im Jahresvergleich keine durchgreifende Verbesserung der Unfall- und Opferzahlen mehr zu erkennen. Die Anzahl der tödlichen Unfälle stieg im Jahr 2024 von 10 auf 12 im Vergleich zum Vorjahr.

Durchzogene Bilanz bei straffälligen Jugendlichen

Die Jugendanwaltschaft bearbeitete 2024 rund 3’000 Fälle, ähnlich wie im Vorjahr. Rückgänge gab es bei Raub, Körperverletzungen, leichten Sachbeschädigungen und Cybermobbing. „Der Rückgang bei Beschimpfungen und Pornographie ist erfreulich“, sagt Beatriz Gil, Leiterin der Jugendanwaltschaft, und führt dies auf erfolgreiche Präventionsarbeit an Schulen zurück.

Zwei Tötungsdelikte von Jugendlichen wurden 2024 im Aargau registriert – ein vollendetes in Wohlen und ein unvollendetes im Limmattal. „Solche Fälle sind selten, aber besonders belastend, da oft Minderjährige auf Täter- und Opferseite stehen“, so Gil.

Ab voraussichtlich diesem Jahr können Verwahrungen im Jugendstrafrecht bei schwersten Delikten wie Mord und fortbestehender Gefahr nach geschlossener Unterbringung angeordnet werden. Diese Massnahme bleibt auf seltene Einzelfälle beschränkt und erfordert eine sorgfältige Abwägung, um Sicherheit und Jugendstrafrecht im Einklang zu halten.

Rekord bei Verfahrenseröffnungen der Staatsanwaltschaft

2024 verzeichnete mit 50’535 neu eröffneten Strafverfahren (+11 Prozent gegenüber Vorjahr) einen Rekord. „Die wachsende Bevölkerung und die Verlagerung von Straftaten in den virtuellen Raum trugen zum Anstieg bei“, erklärt Philipp Umbricht, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Aargau. Technische Möglichkeiten erlauben Tätern schnelle und risikoarme Straftaten.

46’588 Verfahren wurden abgeschlossen, 36’747 Strafbefehle erlassen – ebenfalls Höchstwerte. Dennoch stiegen hängige Verfahren um 25 Prozent auf über 12’500, was zu längeren Wartezeiten für Täter, Opfer und Geschädigte führt.

Vom Dunkel- ins Hellfeld

Seit 2017 stiegen die neueröffneten Strafverfahren von 38’300 auf über 50’000 – ein Zuwachs von 31,9 Prozent. Neben den steigenden Fallzahlen sieht sich die Staatsanwaltschaft auch zunehmend mit komplexer werdenden Fällen konfrontiert. Dazu gehören auch Kriminalitätsformen, die nicht im öffentlichen Raum stattfinden und oft verborgen bleiben. Der leitende Oberstaatsanwalt Philipp Umbricht sagt dazu: „Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendanwaltschaft arbeiten gezielter und bringen so mehr Delikte ans Licht.“

Die Fokussierung auf gewisse Themen und der gezielte Ressourceneinsatz zeigten Wirkung, sagt Sicherheitsdirektor Dieter Egli: „Kriminalität bekämpfen wir in erster Linie präventiv, aber natürlich auch repressiv. So ist trotz steigender Deliktszahlen die Aufklärungsquote in den vergangenen Jahren konstant geblieben.“

 

Quelle: Departement Volkswirtschaft und Inneres Aarau
Bildquelle: Symbolbild © Kantonspolizei Aargau

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