Lernfahrten in der Schweiz – hilfreiche Tipps der Kapo St. Gallen
Für viele Jugendliche und junge Erwachsene ist die erste Autofahrt mit einem Lernfahrausweis ein Meilenstein auf dem Weg zur Unabhängigkeit. Lernfahrten ermöglichen es angehenden Fahrzeuglenkern, sich unter sicheren Bedingungen und in Begleitung einer erfahrenen Person schrittweise mit dem Strassenverkehr vertraut zu machen und praktische Fahrkenntnisse zu erwerben.
Wissenswertes rund um die gesetzlichen Vorgaben, die Rolle der Begleitpersonen und praktische Tipps präsentiert Polizei.news in Kooperation mit der Kantonspolizei St. Gallen.
Voraussetzungen für Lernfahrten
Bevor es überhaupt mit dem Autofahren losgehen kann, müssen angehende Fahrschülerinnen und -schüler einige wichtige Voraussetzungen erfüllen:
- Theoretische Führerprüfung: Der erste Schritt zur Lernfahrt ist das Bestehen der theoretischen Führerprüfung. Ohne erfolgreich abgelegte Theorieprüfung wird kein Lernfahrausweis ausgestellt – und ohne diesen wiederum sind Lernfahrten nicht erlaubt. Die Prüfung umfasst Fragen zu Verkehrsregeln, Verkehrssicherheit und Verhalten im Strassenverkehr.
- Lernfahrausweis: Nach bestandener Theorieprüfung erhalten die Kandidatinnen und Kandidaten den Lernfahrausweis. Dieser muss bei jeder Lernfahrt mitgeführt werden – es handelt sich um ein offizielles Dokument. Wird der Lernfahrausweis bei einer Kontrolle nicht vorgezeigt, droht eine Busse von CHF 20. Im Kanton St. Gallen wird die Einhaltung dieser Regelung streng kontrolliert.
- Kennzeichnung des Fahrzeugs: Sobald die erste Lernfahrt ansteht, muss das Fahrzeug korrekt gekennzeichnet sein. Das Gesetz schreibt die Anbringung einer gut sichtbaren L-Tafel – ein weisses „L“ auf blauem Grund – am Heck des Fahrzeugs vor. Die Tafel signalisiert anderen Verkehrsteilnehmenden, dass es sich um ein Lernfahrzeug handelt. Wird die L-Tafel vergessen oder nicht entfernt, obwohl die Lernfahrt beendet ist, kann dies ebenfalls mit einer Busse von CHF 20 geahndet werden.
- Begleitpersonen: Die gesetzlichen Anforderungen an Begleitpersonen hängen von der Fahrzeugkategorie ab:
- Kategorie B (Personenwagen): Für Lernfahrten mit Fahrzeugen der Kategorie B ist eine Begleitperson zwingend erforderlich. Diese muss: mindestens 23 Jahre alt sein, seit mindestens drei Jahren im Besitz des Führerausweises Kategorie B sein und einen definitiven Führerausweis besitzen (kein Führerausweis auf Probe)
- Kategorien A, A1 und F: Bei Motorrädern (Kategorien A und A1) und landwirtschaftlichen Fahrzeugen (Kategorie F) ist keine Begleitperson erforderlich. Sollte jedoch eine Begleitperson mitfahren, muss sie über die entsprechende Führerausweiskategorie verfügen.
Fahrschulen
Der Besuch einer Fahrschule ist in der Schweiz nicht obligatorisch, wird jedoch dringend empfohlen. Fahrschulen bieten eine professionelle Anleitung durch erfahrene Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer, sowie auch Fahrzeuge mit doppelter Pedalerie, was die Sicherheit während der Fahrt erheblich erhöht. Insbesondere bei komplexen Fahrmanövern oder der Vorbereitung auf die praktische Führerprüfung ist die Unterstützung einer Fahrschule äusserst sinnvoll.
Regeln für Begleitpersonen
Begleitpersonen tragen eine grosse Verantwortung. Sie müssen jederzeit in der Lage sein, in das Fahrgeschehen einzugreifen, im Idealfall durch die Betätigung der Handbremse. Deshalb sind nicht alle Fahrzeuge für Lernfahrten geeignet: Autos mit linksseitiger Feststellbremse oder bestimmten elektronischen Bremssystemen erlauben es der Begleitperson unter Umständen nicht, rechtzeitig zu reagieren.
Darüber hinaus sollte die Begleitperson über ausreichend Fahrpraxis verfügen, um dem Lernfahrer auch bei schwierigen Situationen unterstützend zur Seite zu stehen. Komplexe Manöver wie Rückwärtsfahren, Wenden oder das Anfahren an Steigungen sollten nur dann geübt werden, wenn der Fahrschüler über die nötigen Grundkenntnisse verfügt.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Lernfahrten auf der Autobahn sind nur dann zulässig, wenn sich der Lernfahrer bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befindet und praktisch prüfungsreif ist.
Alkoholverbot
Für Lernfahrten gilt ein absolutes Alkoholverbot – sowohl für die Fahrschülerin oder den Fahrschüler als auch für die Begleitperson. Der gesetzliche Grenzwert liegt bei 0.05 mg/l Atemalkohol. Wird dieser überschritten, hat das Konsequenzen: von Bussen bis hin zu Einschränkungen bei der weiteren Führerausbildung. Besonders heikel ist, dass auch die Begleitperson haftbar gemacht werden kann, wenn sie alkoholisiert ist oder ihre Pflichten verletzt.
Lernfahrten im Ausland
Grundsätzlich wird von Lernfahrten im Ausland abgeraten. Der in der Schweiz ausgestellte Lernfahrausweis ist in den meisten anderen Ländern nicht gültig. Wer dennoch eine solche Fahrt plant, sollte sich unbedingt vorgängig mit den zuständigen Behörden im In- und Ausland absprechen. Ohne gültige Bewilligung riskiert man hohe Bussen und im schlimmsten Fall strafrechtliche Konsequenzen.
Tipps für Fahrschülerinnen und Fahrschüler
- Übung macht den Meister: Je häufiger gefahren wird, desto sicherer wird das Verhalten im Strassenverkehr.
- Bei Unsicherheit oder Überforderung ist es besser, die Fahrt zu unterbrechen oder von der Begleitperson fortsetzen zu lassen.
- Lassen Sie sich nicht von anderen Verkehrsteilnehmenden unter Druck setzen. Vertrauen Sie auf das Erlernte und fahren Sie vorausschauend.
Tipps für Begleitpersonen
- Prüfen Sie ehrlich, ob Sie sich als Begleitperson eignen – nicht jeder ist dafür gemacht.
- Bleiben Sie ruhig, geduldig und konstruktiv, auch wenn Fehler passieren.
- Passen Sie die Fahrstrecke an das Können des Lernfahrers an – nicht gleich in den Stadtverkehr starten!
- Nehmen Sie sich Zeit für eine Nachbesprechung: Was lief gut? Wo besteht noch Übungsbedarf?
Sicheres Fahrtraining als ideale Vorbereitung
Lernfahrten sind ein zentraler Bestandteil der Fahrausbildung in der Schweiz. Sie ermöglichen es, Fahrpraxis unter realen Bedingungen zu sammeln – allerdings nur unter Einhaltung klarer Regeln. Eine gute Vorbereitung, regelmässiges Üben und die Unterstützung durch kompetente Begleitpersonen sind die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Führerprüfung und ein sicheres Verhalten im Strassenverkehr.
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