Helikopter-Absturz auf dem Gotthard – Resultate der Flugunfalluntersuchung
Beim Helikopter-Absturz auf dem Gotthard kann der Crew kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorgeworfen werden. Dies ergibt der Schlussbericht des militärischen Untersuchungsrichters. Die beiden Piloten kamen beim Absturz ums Leben. Der mitfliegende Loadmaster überlebte verletzt.
Dem Verfahren wird keine weitere Folge gegeben.
Am 28. September 2016 um ca. 11.00 Uhr startete in Stans ein Helikopter vom Typ Eurocopter „Cougar“ Richtung Gotthardpass. An Bord befanden sich neben der dreiköpfigen Crew ein vierköpfiges französisches Inspektionsteam sowie vier Angehörige der Schweizerischen Armee. Sie befanden sich auf einer zweitägigen Inspektion im Rahmen des Wiener Dokumentes 2011 über vertrauens- und sicherheitsbildende Massnahmen der OSZE. Ziel des Flugs war das Gotthard-Hospiz. Gegen 11.45 Uhr flog der Helikopter den Gotthardpass an. Die Piloten sind dabei von Norden in Richtung Airolo über den Gotthardpass geflogen. Danach unternahmen sie einen 360°-Überflug über das Landegebiet.
Die Untersuchung kam zum Ergebnis, dass sich die Piloten wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt für einen alternativen Landeplatz südlich des Gotthard-Hospizes entschieden, wo der Helikopter um ca. 11.45 Uhr landete.
Die Passagiere verliessen den Helikopter bei drehendem Rotor. Die Piloten blieben während der Landung auf ihren Sitzen.
Nachdem der Loadmaster die Türe verschlossen hatte, stieg der Helikopter vertikal auf und setzte zu einem Vorwärtsflug an. Ca. 8 Sekunden nach dem Start berührten die Rotorblätter des Hauptrotors eine Freileitung. Diese war auf keinen der zur Verfügung stehenden Flughinderniskarten eingezeichnet. Es ist davon auszugehen, dass sie vorgängig von keinem Crewmitglied bemerkt wurde. Die Rotorblätter wurden durch die Kollision stark beschädigt. Dies führte zur augenblicklichen Flug- und Steuerungsunfähigkeit des Helikopters und verhinderte so die Möglichkeit einer Notlandung. Etwa 5 Sekunden nach der Kollision stürzte der Helikopter ab. Der Loadmaster konnte bei Bewusstsein aus dem Wrack geborgen werden. Er überlebte verletzt. Bei den beiden Piloten konnte dagegen nur noch der Tod festgestellt werden. Der Helikopter wurde vollständig zerstört.
Mit aufwändigen technischen, fliegerischen, medizinischen und weiteren forensischen Untersuchungen konnte der Unfallflug weitgehend rekonstruiert werden. Obwohl der Helikopter in einem Gebiet landete und startete, das von zahlreichen Freileitungen durchzogen wird, kommt der Untersuchungsbericht zum Schluss, dass der Absturz des Helikopters keinem der Piloten und auch nicht dem Loadmaster vorgeworfen werden könne. Die Crew agierte im Spielraum, den die geltenden Vorschriften den Piloten bezüglich Landungen in kabelverseuchtem Gebiet offenlässt. Ebenso liegt kein Hinweis vor, dass die Flug- und Landevorbereitung nicht standardmässig und vorschriftsgemäss durchgeführt worden seien.
Gestützt auf die Ergebnisse der Untersuchung hält der Untersuchungsrichter fest, dass kein strafrechtlich relevantes Verhalten der Piloten vorliegt. Auch in Bezug auf den Loadmaster ist keine Strafbarkeit ersichtlich. Es besteht kein Hinweis auf ein sorgfaltswidriges Verhalten, welches unfallkausal gewesen wäre. Der Untersuchungsrichter stellte deshalb den Antrag, dem Verfahren keine weitere Folge zu geben. [Der zuständige Kommandant hat diesem Antrag stattgegeben. Damit ist das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen].
Der Untersuchungsrichter empfiehlt in seinem Schlussbericht zu überprüfen, ob die geltenden Vorschriften zum An- und Abflugverfahren, insbesondere für kabelverseuchtes Gebiet, anzupassen seien. Er empfiehlt zudem zu prüfen, ob weitere Massnahmen zu ergreifen seien, die das Risiko einer Kollision mit Hindernissen in Zukunft vermindern können.
Quelle: Militärjustiz
Titelbild: Google Maps