Exzessiv kassieren oder intensiv vorbeugen
von Olaf Hoffmann
Geschwindigkeitsmessungen lauern hinter nahezu jedem Gebüsch, Parkierverstösse können richtig teuer werden und die private Vorsorge gegen die vielen kleinen und grösseren Fettnäpfchen im Strassenverkehr ist meist verboten. Radarwarner, akustische Geschwindigkeitsüberschreitungs-Warner, mehr Warn- und Hinweisschilder und viele andere Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Verkehrsteilnehmer werden in der Schweiz schlichtweg vernachlässigt oder in der Nutzung untersagt.
Viel lieber wird ein Heer von Polizisten und Ordnungshütern auf den Strassen quer durchs Land postiert, das dann mit teils drakonischen Geldstrafen den Verkehr zu einem Spinnennetz voller Gefahren vor allem für den Geldbeutel werden lässt. Und wer mal so richtig eilig fährt, ist schnell auch mal zu Fuss unterwegs.
Unfallschutz bedeutet Prävention
Dabei lernen es schon die Schüler in der Schule. Wer Unfällen vorbeugen will, muss die entsprechenden Massnahmen treffen und auf ein passendes Verhalten eindeutig und immer wieder hinweisen. In Anwendung auf den Strassenverkehr bedeutet das neben einer sicheren Beherrschung des Fahrzeuges auch, dass ab und an ein Schild oder ein anderes Zeichen daran erinnert, dass hier Regeln gelten.
So werden beispielsweise in Deutschland immer wieder öffentliche Geschwindigkeitsanzeigen installiert, die dem Fahrer gerade in gefährlichen Bereichen zeigen, wie schnell er unterwegs ist und ob das zur Geschwindigkeitsbegrenzung passt. An derselben Stelle könnte man sicherlich auch eine fest installierte Radarfalle aufbauen und dann gute Kasse machen.
Allerdings haben Radarfallen bislang noch keinen Unfall wirklich vermieden, zumal solche Geräte gern auch gut getarnt aufgebaut werden. Hier geht es also letztlich nicht wirklich um Verkehrssicherheit, sondern vielmehr um blosses Abkassieren. Das wissen auch die Autofahrer, die doppelt bis dreifach hintereinander aufgebaute Radarfallen kennenlernen durften. Hier rast man ohnehin schon zu schnell in den ersten Blitzer, noch während des Abbremsens kommt schon das zweite Blitzlicht. Folgt man dem wieder flüssiger werdenden Verkehr, dann erwartet das nächste Radar-Blitzlichtgewitter die Fahrer. Welch ein Horror.
Erstaunlicherweise werden solche Automatikkassen auch dann nicht abgebaut, wenn wegen der plötzlichen Bremsreaktionen einiger Betroffener die Zahl der Auffahrunfälle steigt. Dann waren eben die Nachfolgenden auch zu schnell oder haben den Sicherheitsabstand nicht eingehalten. So einfach ist das.
Wer wirklich Unfälle vermeiden will, setzt allerdings nicht auf Strafen, sondern auf Prävention und Verhaltensänderung. Hier wäre das Heer der Polizisten auch wesentlich besser aufgehoben und könnte seinen neuen Status als Freund und Helfer der Bürger aufpolieren und vielleicht sogar zur echten Volks-Polizei werden.
Strafen bitte nur für strafbare Handlungen
Nicht umsonst unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. Allein der sprachliche Duktus unterstreicht, dass hier in der Realität besonders beim Generieren von Strafzahlungen Schindluder getrieben wird. Wenn ein Strafgeld erhoben werden soll, muss auch eine Straftat vorliegen. Und die bedarf der Anzeige und richterlichen Würdigung. Da nützt es auch nichts, wenn das Strafgeld als Bussgeld deklariert wird.
Eine Ordnungswidrigkeit hingegen ist ein geringfügiger Verstoss gegen die bestehende öffentliche Ordnung, der eben mit einer Ermahnung, einer Belehrung oder einem Verweis geahndet werden kann. Mehr nicht. Hier sollten doch die Behörden und der Gesetzgeber den Fuss wieder auf die Erde setzen und sich von strafgeldbewehrten Ordnungswidrigkeiten verabschieden. Denn die sollen eben nur die kommunale oder die Staatskasse füllen. Ein wahrhaftig präventiver Erfolg wird damit nur in den Sonntagsreden der Verkehrspolitiker erreicht.
Kinder brauchen Sicherheit im Verkehr
Besonders bedroht im Strassenverkehr sind Kinder, aber auch ältere und behinderte Mitbürger. Das lernt jeder Fahrzeuglenker bereits in der Fahrausbildung. Dementsprechend sollte in den Bereichen, in denen sich Kinder und/oder ältere Bürger gehäuft bewegen, keine Strafgelder eingezogen, sondern wirklich präventive Massnahmen ergriffen werden. Deutliche Hinweise auf Tempolimits, Polizistenschilder und -puppen als zusätzliche Hinweise, blinkende Verkehrszeichen und dergleichen mehr haben einen deutlich präventiveren Charakter als hinter Büschen und Ecken lauernde Polizisten, die sich letztlich als staatliches Kassierpersonal betätigen.
Ja, wer regelmässig abkassiert wird, fährt (vielleicht) vorsichtiger. Allerdings richtet sich dann die Aufmerksamkeit weniger auf das Einhalten von Geschwindigkeiten und einschränkenden Verkehrsregelungen, sondern vielmehr darauf, die Ordnungshüter rechtzeitig zu entdecken. Wer jedoch ständig nach Radarfallen und Polizisten Ausschau hält, wird wohl echte Gefahren im Verkehr öfter übersehen. Dann sorgt ein vermeintlicher Sicherheitsdruck seitens des Staates eher für eine steigende Verunsicherung im Verkehr.
Verkehr als eierlegende Wollmilchsau
Der Mangel an echter Prävention im Strassenverkehr macht den Autofahrer zur staatlich erwünschten eierlegenden Wollmilchsau. In nahezu jedem Örtchen finden sich Gelegenheiten, den Autofahrer auch wegen geringfügiger Verstösse kräftig abzukassieren. Kasse statt Schild ist hier wohl der Weg derer, die lieber Einnahmen generieren, als Schäden vorzubeugen. Während Besserverdienende damit vielleicht noch ganz gut klarkommen, trifft es dann aber wieder die weniger Betuchten reichlich härter, was auch nicht im Sinne der Verhältnismässigkeit sein kann.
Diskutieren Sie mit uns über den Sinn und Unsinn des Abkassierens auf Schweizer Strassen. Genutzt werden kann dazu das Kommentarfeld gleich unter diesem Beitrag.
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