Teilen statt Kaufen – so profitieren Sie vom KoKonsum

Der Begriff „Share Economy“ ist gerade in aller Munde – nicht zuletzt dank des globalen Erfolgs der Online-Plattform AirBnB. Dort können Privatleute ihre Wohnungen gegen Bezahlung Reisenden zur Verfügung stellen; inzwischen argwöhnisch beobachtet von der Schweizer Hotelbranche. Es erscheint aber auch wirklich sinnvoll: Warum sollte man nicht mit anderen teilen, was man besitzt, aber meist nicht mal ansatzweise kontinuierlich oder vollumfänglich nutzt?

Die Share Economy verbindet Umweltschutz und Gemeinwohlbewusstsein mit einer einfachen, oft selbst organisierten Art und Weise, Geld zu sparen oder sogar zu verdienen. Ressourcen werden geschont, und gleichzeitig wird der eigene Konsum selbstbestimmter und weniger von Werbung abhängig gemacht. Gleichzeitig trägt das Teilen zum sogenannten Downscaling bei, auf Deutsch: dem Weniger-ist-mehr-Prinzip. Glücksforscher belegen schon seit Langem, dass weniger Eigentum und Besitzstreben zufriedener macht und gleichzeitig den Wahrnehmungsschwerpunkt hin zum Erleben und Erfahren verlagert.

Nicht alles, was gebraucht wird, muss man auch gleich selbst besitzen. Entscheidend ist vielmehr der Zugang zu Ressourcen, nicht deren Aneignung. Allerdings sollte man genau hinschauen, wer an diesen Zugangsmöglichkeiten verdient – denn längst ist die Share Economy auch ein Wirtschaftsfaktor geworden. Ein grosser Anteil wird durch die grossen digitalen Player wie etwa Facebook entweder ermöglicht oder auf eine überregionale Ebene gehoben.

So bietet eines der führenden, amerikanischen Mobilfunkunternehmen, Verizon, seit September dieses Jahres den Dienst „Auto Share“ an, mit dem jeder durch die Anbringung eines scanbaren QR-Codes an der Windschutzscheibe sein Auto verleihen kann. Verizon stellt auf seiner Plattform ausserdem Identifizierungs- und Zugangsmanagementprogramme zur Verfügung. Langfristig sollen über das Internet alle möglichen Objekte teilbar werden – ob nun die notorisch wenig genutzte Bohrmaschine oder sogar Laptops.

Gleichzeitig offenbart der Nutzer dem Dienst allerdings private und Nutzungsdaten, die dieser unter Umständen gemeinsam mit Grosskonzernen monetarisiert. Hinzu kommt, dass viele Anhänger des Teilens eigentlich zurück wollen zu lokalem Austausch, ein Bestreben, geboren aus einer Kritik an einem globalisierten Kapitalismus. Nimmt man aber gleichzeitig Dienste wie Verizon oder Facebook für die Organisation und das Risikomanagement bei diesem Austausch in Anspruch, spielt man deren weltweitem Börsenerfolg indirekt in die Hände.

Wer dieser Falle entkommen, aber auf digitale Kommunikationsmittel nicht verzichten möchte (und in vielen Fällen auch nicht kann), dem stehen dennoch viele Möglichkeiten offen. Initiativen können sich nicht nur lokal organisieren, sondern auch regional basierte Webseiten betreiben. So kann man auf der Plattform http://ch.myfoodsharing.org/ etwa Lebensmittel tauschen und damit gleichzeitig aktiv etwas gegen Essensverschwendung tun. Auch Mitfahrgelegenheiten, eine der Pionieranwendungen der Share Economy, sind nach wie vor lokal strukturierbar. Apps und Plattformen wie leihdirwas helfen bei der diesbezüglichen Organisation; auf der zusammenfassenden Schweizer Webseite sharecon.ch gibt es viele weitere hilfreiche Tipps.

Oft lassen sich Dinge teilen, an die Verbraucher gar nicht denken, die aber allen Beteiligten Arbeit erleichtern und zudem noch Freude bereiten würden. Ein Beispiel ist die gemeinsame Nutzung eines Privatgartens. Urban Gardening, die kollektive Nutzbarmachung von Brachflächen im öffentlichen Raum, ist inzwischen ja schon in aller Munde und in vielen Schweizer Städten umgesetzt.

Wie oft aber kommt es vor, dass Eigenheimbesitzer einerseits einen grossen Garten haben, andererseits aber selten dazu kommen, ihn zu geniessen oder gar zu pflegen. Auf der anderen Seite wünschen sich gerade in Städten viele Menschen ein grünes Fleckchen, für das sie sorgen und auf dem sie vielleicht sogar etwas Gemüse anbauen können. Um sich hier zu treffen, reichen häufig Angebote auf den schwarzen Brettern etwa in Biomärkten oder Kirchen oder eine kostenlose Kleinanzeige in der Lokalzeitung.


Die Share Economy stellt der Konsumgesellschaft das Konzept des Teilens gegenüber. Wir zeigen Ihnen, wie Sie selbst am neuen Trend teilnehmen können. (Bild: Denis Vrublevski /Shutterstock.com)
Die Share Economy stellt der Konsumgesellschaft das Konzept des Teilens gegenüber. Wir zeigen Ihnen, wie Sie selbst am neuen Trend teilnehmen können. (Bild: Denis Vrublevski /Shutterstock.com)


Auch Ihre eigene Bibliothek kann auf diese Weise mehr Leser finden. Stellen Sie doch einfach mal eine Liste Ihrer Bücher auf, formulieren Sie ausserdem Ihre aktuellen eigenen Lesewünsche und verschicken Sie beides per Mail an Ihre Freunde und Familie mit dem Vorschlag, einen informellen Büchertauschdienst einzurichten. Vielleicht wird hieraus ja ein regelmässiger Lesezirkel. Das wäre sogar eine typische Entwicklung: Soziologen beobachten nämlich, dass mit dem Teilen fast immer auch persönlicher Kontakt und gesteigerte Dialogbereitschaft einhergeht.

Das Gleiche gilt übrigens auch für den Neukauf von Gegenständen. Warum nicht Geld und Ressourcen sparen und sich mit Freunden (oder auch Fremden) gemeinsam den nächsten Rasenmäher oder die Schleifmaschine anschaffen? Sogar aufwendige Abendkleider, Transportfahrzeuge vom Van bis zum Lastenfahrrad oder Freizeitequipment wie Zelte können im Sharingprinzip erworben und dann auf Zuruf hin genutzt werden.

Bevor Sie also die nächste kostspielige Anschaffung tätigen, von der Sie schon vorher wissen, dass Sie sie nur zeitweise nutzen werden, fragen Sie doch in ihrem Familien- und Bekanntenkreis herum, ob dort vielleicht auch Bedarf besteht. Eine schriftliche Teilungsvereinbarung mit eventueller Ausstiegsklausel hilft dabei, gerade bei weniger bekannten Mitkäufern eventuelles Konfliktpotenzial von Anfang an zu nivellieren.

 

 

Oberstes Bild: © Robert Kneschke – Shutterstock.com

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