Wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen des Klimawandels für die Schweiz
von Nicole Sittner
Seit Beginn der Industrialisierung etwa 1864 bis hin zum Jahr 2012 hat sich in der Schweiz nachweislich eine Erwärmung von ungefähr 1,8 Grad Celsius ergeben. Sehr deutlich treten die Veränderungen bei extremeren Temperaturen zutage. Im dicht besiedelten Mittelland gibt es beispielsweise mehr Hitze- und mehr Frosttage. Letztere haben seit den 1960er-Jahren zugenommen, während die Nullgradgrenze seit dieser Zeit um rund 300 Meter angestiegen ist.
Aufgrund der zurückliegenden Beobachtungen ist davon auszugehen, dass die mittleren Temperaturen in allen Regionen der Schweiz und zu allen Jahreszeiten ansteigen werden. Zugleich werden die Niederschlagsmengen in den Sommermonaten im gesamten Land abnehmen und in den Wintermonaten vor allem im Süden zunehmen. Verändern werden sich auch die Extremereignisse. Es wir erwartet, dass in Zukunft häufiger Wärmeperioden auftreten, dass sie intensiver ausfallen, länger andauern und in Hitzewellen im Sommer gipfeln. Umgekehrt wird mit weniger kalten Wintertagen gerechnet. Seltener können verlässliche Voraussagen für Niederschlagsereignisse getroffen werden, auch für Hagel und die heftiger ausfallende Stürme werden keine sicheren Vorhersagen möglich sein.
Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft
Der Klimawandel wird Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Bevölkerung und damit auf die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben. Im Einzelnen betrifft das vor allem die Wasser-, Wald- und die Landwirtschaft, ebenso aber auch die Energiewirtschaft. Viele Menschen empfinden schon heute vor allem extreme Temperaturwerte als Belastung ihrer Gesundheit. Ebenso sind zahlreiche Schweizer betroffen, deren Existenzgrundlage der Tourismus sowie die gesamte Infrastruktur einschliesslich Wohnungen, Häuser und Verkehrswege darstellt.
Auswirkungen auf Wasser- und Waldwirtschaft
Die Wasserwirtschaft wird mit all ihren Sektoren betroffen sein. Aufgrund zunehmender Trockenheit wird Wasser knapp und deshalb zu einer sehr kostbaren und deshalb teuren Ressource werden, was vor allem für die Nutzung als Trinkwasser von Bedeutung ist. Häufiges Niedrigwasser könnte den Gewässerschutz insofern überfordern, dass weder eine ausreichende Quantität noch die nötige Wasserqualität gesichert werden könnten.
Beinahe stärker wird es die Waldwirtschaft treffen. Der Klimawandel stört sie mehrfach: Extreme Wetterereignisse wie Trockenheit oder Stürme werden immense Schäden hervorrufen und die Produktion in der Waldwirtschaft einschränken. Mit der Zunahme von trockenen Phasen steigt jeweils die Waldbrandgefahr. Damit geht auch die Verbreitung von Schadorganismen einher, zu denen in der Schweiz beispielsweise Pilze, Bakterien und Viren, Insekten und Fadenwürmer gehören, die die gesamten Waldbestände gefährden. Gefährliche Schädlinge können darüber hinaus die ökologische Vielfalt bedrohen. In der Folge nehmen die Holz verarbeitende Industrie und nachgeordnete Gewerbeunternehmen wirtschaftlichen Schaden, denn sie sind gezwungenermassen auf die verbleibenden Hölzer angewiesen.
Auswirkungen auf Energie- und Landwirtschaft
Die klimatischen Veränderungen werden auch die Energieproduktion sowie die Nachfrage nach dieser beeinflussen. Während zwar die in den Wintermonaten benötigte Heizenergie voraussichtlich sinken wird, steigt proportional dazu die im Sommer benötigte Kühlenergie an. Bei höheren Wassertemperaturen wird das für Kernkraftwerke sowie für thermische Kraftwerke erforderliche Kühlwasser nicht mehr wie bisher zur Verfügung stehen. Die Wasserverknappung treibt damit die Kosten für die Stromproduktion in die Höhe. Nur die Solarenergieproduktion könnte vom Klimawandel profitieren, während sein Einfluss auf die Erzeugung von Windenergie noch ungeklärt bleibt. Allerdings ist trotz der Katastrophe von Fukushima eine Energiewende in der Schweiz bis heute ausgeblieben.
Auch die Landwirtschaft ist den negativen Folgen des Klimawandels unmittelbar ausgesetzt. Das gilt für Veränderungen im Wasserkreislauf, das knapper werdende Angebot und dadurch bedingt auch für die modifizierte Bodenbeschaffenheit. Zudem können zerstörte Ernten in der Folge extremer Wetterereignisse und der Verbreitung von Schadorganismen Schäden anrichten.
Auswirkungen auf die Gesundheit
Durch häufigere Hitzewellen werden Herz-Kreislauf- sowie Atemwegserkrankungen zunehmen. Bakterien, Viren, Allergene und andere gesundheitsgefährdende Schädlinge werden sich in der Folge höherer Temperaturen intensiv vermehren. Neue Krankheitserreger haben gute Chancen für ihre Ausbreitung, was genauso für die Ozon- und Pollenkonzentration gilt. Diese sind mit verantwortlich für die Zunahme von Allergien, Atemwegsbeschwerden und Asthma. Steigende Krankheitsraten und die für die Schweizer ungewohnt heissen Sommertage werden die Arbeitsleistungen senken, was sich wiederum negativ auf die Produktivität und die Gesamtwirtschaft auswirkt.
Auswirkungen auf Tourismus und Infrastruktur
Die Folgen des Klimawandels werden auch im Tourismus sichtbar. So wird es keine garantierte Schneesicherheit in tiefer gelegenen Skigebieten des Voralpenlandes mehr geben. Der Einsatz von Schneekanonen wird unabdingbar, und diese benötigen wiederum immense Wassermengen für ihren Betrieb. Abschmelzende Gletscher bewirken eine erhöhte Lawinengefahr – diese machen zusätzliche kostenintensive Schutzmassnahmen erforderlich. Noch ist Zeit umzudenken! Sie können sich für einen ökologischen Wintertourismus entscheiden.
Von den klimabedingten Veränderungen unserer Umwelt sind wir Menschen, aber auch Verkehrswege und die gesamte Infrastruktur betroffen. Die durch den Klimawandel bedingten zunehmenden Massenbewegungen in den Alpen werden die Sicherheit der Einwohner, ihrer Häuser sowie die Strom- und Gasversorgung gefährden. Gleiches gilt für den Transport und die Transportwege von Gütern und Menschen auf Schienen und Strassen. Im flachen Land werden häufiger Überschwemmungen zu verzeichnen sein, die die komplette Infrastruktur zerstören können. Ebenso gross ist die Gefahr, die von zu trockenen Böden ausgeht, die aufgrund ihres Schrumpfverhaltens eine ebenso zerstörerische Wirkung auf Verkehrswege, Gebäude und unterirdische Leitungen entfalten können.
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