Ambrosia artemisiifolia: der Schrecken aller Asthmatiker und Pollen-Allergiker
von Romy Schmidt
In Europa breitet sich die Pflanze Ambrosia artemisiifolia, die starke Allergien auslösen kann, rasant aus. Französische Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Pollenkonzentration im Jahr 2050 wahrscheinlich vier Mal so hoch sein wird wie heute. Dies zumindest ergaben ihre mit Hilfe einer Computersimulation durchgeführten Berechnungen.
Wie schnell sich die Pflanze de facto ausbreiten wird, ist massgeblich von zwei Faktoren, nämlich einerseits dem Klimawandel und andererseits dem Menschen, der die Ausbreitung der Samen begünstigt, abhängig. So könnte das Szenario – je nachdem – in 35 Jahren auch folgendes sein: Im günstigsten Fall ist die Pollenbelastung lediglich doppelt so hoch wie heute, im schlechtesten Fall dagegen ist sie zwölf Mal so hoch wie derzeit.
Zu diesem in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ veröffentlichten Ergebnis kam das am Labor für Klima- und Umweltwissenschaften in Gif sur Yvette in Frankreich tätige Wissenschaftlerteam um Lynda Hamaouli-Laguel. Besonders stark sind in Europa aktuell der Südosten Frankreichs sowie Norditalien und Westungarn betroffen, allerdings droht auch in der Schweiz Gefahr, denn bei den Pollen der Ambrosia handelt es sich um starke Allergene, die zu Asthma, Heuschnupfen oder Dermatitis führen können. Zudem verlängert sich die Leidenszeit der Allergiker durch die spät im Jahr bis in den Herbst blühende Pflanze. Dabei kann bereits die Berührung der Ambrosia artemisiifolia zu Hautrötungen und Juckreiz führen.
Eingeschleppt wurde die Pflanze vor mehr als 150 Jahren aus Nordamerika und sie fühlt sich in Europa ausserordentlich wohl. So haben Wissenschaftler des Frankfurter Biodiversitäts- und Klima-Forschungszentrums bereits im Jahr 2014 festgestellt, dass die Samen der Ambrosia in Europa grösser und die Keimrate höhrer ist als in Nordamerika. Zudem fehlen hier sowohl ihre natürlichen Feinde als auch die Krankheiten, von denen die Pflanze in ihrem Herkunftsland befallen wird.
Das „Aufrechte Traubenkraut“ in der Schweiz
Die im Volksmund unter dem Namen „Aufrechtes Traubenkraut“ bekannte, wissenschaftlich korrekt als „Ambrosia artemisiifolia“ bezeichnete und landläufig „Ambrosia“ genannte Pflanze wird in der Schweiz und unterschiedlichen Regionen Europas zu den invasiven Neophyten gezählt. Qua eines von allen Staaten Europas sowie der Schweiz ratifizierten Übereinkommens bezüglich der biologischen Vielfalt gilt es, das Einbringen invasiver Neophyten zu verhindern, bereits etablierte Arten zu kontrollieren und gegebenenfalls zu beseitigen.
Bereits im Jahr 2006 stufte die Schweiz die Ambrosia in einer Verordnung über den Pflanzenschutz als „besonders gefährliches Unkraut“ ein, so dass seitdem eine Melde- und Bekämpfungspflicht gegenüber dieser Pflanze besteht. Aufgrund der stark allergenen Pollen der Ambrosia kann eine weitere Ausbreitung der Pflanze zu einem gesundheitsgefährdenden Problem werden. Deshalb muss eine erfolgreiche Bekämpfung der Pflanze auf allen Ebenen, d. h. sowohl auf internationaler, nationaler und regionaler als auch auf privater Ebene, umgesetzt werden. Entsprechend ist jeder Schweizer zur Bekämpfung der Ambrosia aufgerufen und für diese mitverantwortlich.
Die negativen Auswirkungen der Ambrosia auf die menschliche Gesundheit
Grundsätzlich stellt die Ambrosia aufgrund ihrer allergenen Pollen ein ernsthaftes Risiko für die Gesundheit des Menschen dar. So ist der Pollen der Pflanze einer der stärksten Auslöser von allergischer Rhinitis (Heuschnupfen). Zudem werden durch eine Allergie gegen die Ambrosia oftmals auch ernsthafte, dem Asthma vergleichbare, Symptome hervorgerufen. So leiden in den Ländern Europas, die die grösste Population der Ambrosia artemisiifolia aufweisen, mittlerweile zwischen 10 und 20 Prozent der Patienten, die Pollenallergiesymptome zeigen, an einer Allergie gegen die Ambrosia. In den USA gehen sogar mehr als 50 Prozent der Heuschnupfenfälle auf Pollen der Ambrosia zurück. (Vgl.: Taramarcaz, P et al.: Ragweed (Ambrosia) progression and its health risks: will Switzerland resist this invasion? In: SWISS MED WKLY 135, 2005. S. 538–548. Im Folgenenden zitiert als: Taramarcaz et al. 2005.)
Zudem gibt es Anhaltspunkte für starke Kreuzreaktionen zwischen Allergenen der Beifuss- und der Ambrosia-Arten. Auch wurde über Kreuzreaktionen der Ambrosia mit Gräsern sowie Arten der Unterfamilie Asteroideae (Korbblütler) berichtet, was den Schluss nahelegt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Multi-Sensibilisierungsentwicklung relativ hoch ist; dies zumindest dann, wenn bereits eine Pollen-Sensibilisierung entwickelt wurde. Ergo kommt es zu einer Verlängerung des Zeitraums, in welchem sensibilisierte Menschen den Allergenen ausgesetzt sind. Daneben enthält die Ambrosia auch ätherische Öle, durch die Hautirritationen evoziert werden können. Bereits heute betragen die Kosten für die Behandlung der durch die Ambrosia hervorgerufenen Allergien pro Jahr in Italien und Frankreich circa zwei Millionen Euro.
Die Gesundheitsrisiken durch Ambrosia artemisiifolia im Überblick:
- hochallergene Pollen, bereits geringe Konzentrationen können allergische Reaktionen hervorrufen
- bestehende Sensibilisierungsrate gegen die Pollen der Ambrosia hoch
- teils Entwicklung von Asthma
- Erzeugung grosser Pollenmengen
- Verbreitung der Pollen über grosse Entfernungen durch den Wind
- lange Bestäubungsphase (vom Spätsommer bis in den Herbs)
Ambrosia artemisiifolia verursacht Pollenallergie und allergische Dermatitis
Wissenschaftler haben festgestellt, dass der Pollen der Ambrosia stark allergieauslösend ist. Bis dato konnten sie in Ambrosiapollen mindestens sechs Gruppen von Allergieauslösern identifizieren. (Vgl.: Wopfner, N. et al.: The Spectrum of Allergens in Ragweed and Mugwort Pollen. In: Int Arch Allergy Immunol 138, 2005. S. 337–346.) Von diesen werden wiederum einige als „bedeutende“ Verursacher von Allergien eingestuft.
Entsprechend ist schon eine sehr geringe Konzentration der Pollen, d. h. etwa fünf bis zehn pro Kubikmeter Luft, ausreichend, um bei sensibilisierten Einzelpersonen eine allergische Reaktion hervorzurufen. (Vgl.: Taramarcaz et al. 2005). Im Allgemeinen werden Pollenkonzentrationen von sechs bis zehn Körnern pro Kubikmeter Luft als mittlere Belastung eingestuft. Beeindruckend ist diesbezüglich ein Vergleich mit der mittleren Belastungsrate bei Gras, denn diese ist in etwa fünfmal so hoch.
Schon ein Gramm der Ambrosia-Pollen beinhaltet 30 bis 35 Millionen Pollenkörner, wobei eine einzige Pflanze jährlich bis zu 45 Gramm Pollen erzeugen kann. Dies ist natürlich abhängig von der Qualität des jeweiligen Standortes (Vgl.: Fumanal, B. et al.: Variability and Cryptic Heteromorphism of Ambrosia artemisiifolia Seeds: What Consequences for its Invasion in France? In: Ann. Botany, 100, 2007. S. 305-313.) Um den Vergleich mit Graspollen noch einmal aufzugreifen: Während bereits zehn Pollenkörner der Ambrosia bei empfindlichen Menschen eine allergische Rhinitis hervorrufen, sind hierfür 50 Graspollenkörner notwendig. (Vgl.: Taramarcaz et al. 2005).
Neben einer allergischen Rhinitis kann auch eine allergische Dermatitis durch die Ambrosia artemisiifolia hervorgerufen werden. Diese geht normalerweise mit Symptomen wie Juckreiz und Hautreizungen sowie der Bildung seröser Bläschen und Hyperämie einher. Verursacht wird die sogenannte Ambrosia-Dermatitis durch die fettlöslichen Ölharze der Ambrosia-Pollen. Bei der durch diese Harze sowie anderer ölharzhaltiger Arten aus der Familie der Korbblütler (Compositae) verursachten Dermatitis handelt es sich um eine weltweit verbreitete Hautkrankheit, deren Diagnose oft schwierig ist. (Vgl.: Hjort, N. et al.: Airborne contact dermatitis from Compositae oleoresins simulating photodermatitis. In: British Jour. Dermatology, 95 (6), 2006. S. 613-620.)
Sehr hohe Allergieprävalenz
In zahlreichen Gebieten Europas steigt die Zahl der Menschen, die eine Allergie gegen Ambrosia artemisiifolia entwickeln, stark an. Diesbezüglich ergab eine internationale in dreizehn europäischen Ländern durchgeführte Studie zur Sensibilisierung gegen die Pollen der Ambrosia, dass die Prävalenz einer Sensibilisierung gegen Ambrosia-Pollen bei Menschen mit Symptomen einer Pollenallergie in nahezu allen Ländern bei mehr als 2,5 Prozent lag. Exakt dieser Wert wurde jedoch kürzlich als Grenzwert vorgeschlagen, um eine hohe Prävalenz zu markieren.
In Dänemark, Deutschland und den Niederlanden wurde sogar mit Werten zwischen 14,2 und 19,8 Prozent eine unerwartet hohe Prävalenz festgestellt. (Burbach, G.J et al.: Ragweed sensitization in Europe – GA(2)LEN study suggests increasing prevalence. In: Allergy 64(4), 2007. S. 664f.) Sehr häufig sind zudem Kreuzreaktionen zwischen Ambrosia- und Beifuss-Pollen. Hierin liegt möglicherweise ein Grund für die hohe Wahrscheinlichkeit einer Sensibilisierung gegen die Pollen der Ambrosia in den Regionen, in denen sich die Ambrosia artemisiifolia de facto noch gar nicht in nennenswerter Höhe etabliert hat.
Der Allergieauslöser: die Pollen der Ambrosia artemisiifolia
Die Pollen der Ambrosia sind zwischen 18 und 22 Mikrometer gross und weisen an ihrer Oberfläche abgerundete kleine Spitzen, die lediglich unter einem Elektromikroskop sichtbar sind, auf. Grundsätzlich können die Pollenkörner der Ambrosia in die oberen Atemwege gelangen und dort allergische Reaktionen wie beispielsweise eine Rhinitis hervorrufen. Allerdings sind die Ambrosia-Pollenkörner zu gross, um in die unteren Atemwege einzudringen und Asthma zu verursachen.
Jedoch können durch Niederschläge wie Regen und Gewitter Allergene freigesetzt werden, die Feinstaubpartikel enthalten, kleiner als 5 Mikrometer sind und deshalb Asthma-Anfälle auslösen können. (Vgl.: Taramarcaz et al. 2005) Studien belegen, dass beispielsweise im Department Rhône-Alpes in Frankreich, das einen starken Ambrosia-Befall aufweist, bis zu zwölf Prozent der Bevölkerung während der Zeit der Ambrosiablüte an allergenen Symptomen leiden. Problematisch ist zudem, dass die Ambrosia Pollen in sehr grossen Mengen erzeugt. So zeigt ebenfalls eine Erhebung in Frankreich, dass die Pollenproduktion pro Pflanze – je nach Standort und Grösse – zwischen 100 Millionen und 3 Milliarden differiert. (Vgl.: Fumanal, B. et al.: Estimation of pollen and seed production of common ragweed in France. In: Ann Agric Environ Med, 14, 2007. S. 233-236.)
Klima und Pollination
Je nach Vegetation, Geografie und Klima variiert der allergene Gehalt der Atmosphäre. Bereits bei Sonnenaufgang beginnt das Freisetzen der Pollen, dauert den ganzen Vormittag an und findet um die Mittagszeit seinen Höhepunkt. Die relative Luftfeuchtigkeit und die Temperatur haben nur einen minimalen Einfluss auf die Anzahl der täglich freigesetzten Ambrosia-Pollen. Wechselnde atmosphärische Bedingungen sowie Regen haben dagegen einen beträchtlichen Einfluss auf die Anzahl der Ambrosia-Pollen.
Die Pollenfreisetzung der Pflanze beginnt bereits im Spätjuni und endet erst im Oktober, wobei in den Monaten August und September die meisten Pollen freigesetzt werden. Im Rahmen eines Forschungsprojekts in Ungarn wurden von Wissenschaftlern über einen Zeitraum von fünf Jahren täglich Pollenzählungen durchgeführt. Die Auswertung der Studie zeigte, dass der Startzeitpunk der Pollenfreisetzung im Untersuchungszeitraum je nach Wetterverhältnissen um bis zu einen Monat variierte. (Vgl.: Makra, L et al.: Meteorological variables connected with airborne ragweed pollen in Southern Hungary. In: Int J Biometeorol, 49, 2004. S. 37–47.)
Aufgrund der Tatsache, dass der Klimawandel das Potenzial für die Ausbreitung der Ambrosia vergrössert, ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich die Pflanze auch im nördlichen Europa ansiedelt. Darüber hinaus hat sich die Vegetationsperiode in den letzten 30 Jahren in Europa um etwa zehn bis elf Tage verlängert. Zugleich kam es im späten 20. Jahrhundert zu einem lokalen Temperaturanstieg, der mit der steigenden Pollenproduktion in dieser Zeit in Verbindung gebracht wurde.
Zudem wird die Pollenproduktion der Ambrosia von der steigenden CO2-Konzentration in der Atmosphäre positiv beeinflusst, d. h. gesteigert. (Vgl.: Rogers, C.A. et al.: Interaction of the Onset of Spring and Elevated Atmospheric CO2 on Ragweed (Ambrosia artemisiifolia L.) Pollen Production. In: Environmental Health Perspectives, 114 (6), 2006. S. 865-869.)
Der Pollentransport erfolgt über weite Entfernungen
Durch den Wind werden die Pollen der Ambrosia über weite Entfernungen transportiert, wobei die Richtung sowie die tatsächliche Entfernung, in die die Pollen getragen werden, von der Windrichtung, der Windgeschwindigkeit und der Luftverwirbelung abhängen. Unter Anbetracht der länger andauernden Vegetationsperiode der Ambrosia sowie dem Ansteigen klimatischer Extreme kommt es nicht nur zu einer verlängerten Pollenfernausbreitung, durch welche die Pollensaison in Regionen, in denen die Ambrosia bereits wächst, verlängert wird, sondern auch zu neuen Sensibilisierungen in Gebieten, in denen die Ambrosia-Pollen bis dato noch nicht freigesetzt wurden.
So existieren Berichte von Pollentransporten von Südfrankreich bis in die Schweiz. Und auch das Auftreten von Ambrosia-Pollen in Schweden und Dänemark seit 1997 wird auf den Pollenferntransport aus Osteuropa zurückgeführt. (Vgl.: Dahl, Å. et al.: Ragweed – An allergy risk in Sweden? In: Aerobiologia, 15, 1999. S. 293–297.)
Die Ambrosia artemisiifolia ist ein bedeutendes Schadunkraut
In ihrer natürlichen Heimat sowie in Teilen Europas ist die Ambrosia als ein bedeutendes Schadunkraut bekannt, das vorrangig in den Sommermonaten spriesst. Aufgrund des relativ späten Austreibens der Ambrosia kann die Pflanze auch während der sogenannten Zwischenkulturphase in Getreidestoppeln, Raps sowie in stillgelegten Ackerflächen oder im Brachland wachsen.
Dabei stellt die Ambrosia artemisiifolia vor allem in Mais-, Sonnenblumen-, Zuckerrüben-, Getreide- und Sojabohnenkulturen ein Problem dar und kann die Ursache grösserer Ertragsverluste sein. So liegt der Ernteverlust bei Kulturpflanzen von geringer Höhe, wie beispielsweise Rüben, bei bis zu 70 Prozent. Ausserdem wird die Bekämpfung des Schadunkrauts durch Herbizidresistenz zusätzlich erschwert. Entsprechend ist für Landwirte eine effektive Unkrautbekämpfung unerlässlich.
Zudem hat ein starkes Vorkommen der Ambrosia negative Auswirkungen auf die Biodiversität und in Folge auch auf mögliche Freizeitaktivitäten für Einheimische und Touristen. In der Regel führt ein sehr dichter Wuchs der Ambrosia zur Verschattung der vorhandenen Vegetation, wodurch sich für endemische Arten eine Bedrohung ergibt. (Taramarcaz et al. 2005.) Auch für die Viehhaltung kann ein starkes Vorkommen der Ambrosia problematisch werden.
So kann die Pflanze Krankheiten bei den Weidetieren hervorrufen, wodurch sich die Erhaltung des Weidelandes schwierig gestalten kann. Und letztlich wurden Neueinschleppungen der Ambrosia häufig an offenen Geländeflächen wie beispielsweise Stränden und städtischen Parks sowie weiteren Freizeitgebieten beobachtet, wodurch nicht nur die Freizeitaktivitäten der Einheimischen, sondern auch die der Touristen beeinträchtigt werden können. Im schlimmsten Fall werden Regionen mit einem hohen Ambrosia-Aufkommen von Reisenden sogar gemieden.
Ambrosia artemisiifolia: Situation und Vorkommen in der Schweiz
Die aus Nordamerika stammende Ambrosia wurde mit dem Aufkommen des Transatlantikhandels in Europa eingeschleppt. Erstmals wurde die Pflanze im Jahr 1863 beschrieben, wobei erst im Zweiten Weltkrieg Samen der Pflanze als Verunreinigungen von Futtermitteln und Getreidevorräten der US-amerikanischen Armee in Europa verbreitet wurden. Verstärkt wurde dieses Phänomen schliesslich durch den nach dem Krieg einsetzenden internationalen Handel.
In der Schweiz selbst wurde die Ambrosia zum ersten Mal im Jahr 1865 botanisch beschrieben. Allerdings blieb die Pflanzenart bis um die Jahrtausendwende in den Kantonen Tessin und Genf unauffällig, bis erstmals grössere Vorkommen beobachtet wurden. In den Jahren zwischen 2000 und 2007 kam es zu einer immer stärkeren Ausbreitung der Pflanze, denn auch aus den Nachbarländern, wie beispielsweise dem französischen Rhônetal, wurden vermehrt Ambrosia-Samen durch Landmaschinen sowie Erd- und Sandtransporte eingeschleppt. Ebenso wurde verunreinigtes Vogelfutter und Saatgut aus den Balkanländern und Ungarn in die Schweiz importiert. Zudem können Ambrosia-Samen auch an Fahrzeugen und Werkzeugen oder sogar Schuhen haften und sich auf diese Weise immer weiter ausbreiten.
Mittlerweile erstreckt sich das Vorkommen der Ambrosia auf das gesamte Siedlungsgebiet des Schweizerischen Mittellandes. Bereits im Jahr 2006 wurden vom Bundesamt für Landwirtschaft mehr als 1200 Standorte von Ambrosia-Einzelpflanzen dokumentiert.
Entsprechend sind selbst in Hausgärten zahlreiche Einzelpflanzen zu finden, die über Kleintier- und Vogelfutter dorthin gelangten. Deshalb wurde vom Bund schon im Jahr 2007 ein maximal zulässiger Ambrosiasamenanteil im Vogelfutter festgelegt, wodurch die Ausbreitung der Pflanze eingedämmt werden soll.
Das Vorkommen von Ambrosia artemisiifolia differiert enorm. Diesbezüglich spielen diverse Faktoren eine Rolle: Neben dem Klima selbst sind auch Erdverschiebungen, der Anteil an offenem Boden sowie die Nähe der Region zu anderen betroffenen Gebieten und Ländern und weitere Aspekte relevant. Zudem gilt in allen Kantonen: Wird eine Ambrosiapflanze gefunden, besteht die Pflicht, bei den zuständigen Stellen – entweder in der Gemeinde oder im Kanton – Meldung zu erstatten. Im Anschluss wird der Fundort von den Behörden verifiziert, registriert und es erfolgt eine Anordnung zur Bekämpfung und deren Kontrolle.
Hintergrund: Biologie, Lebenszyklus und Bekämpfung der Ambrosia artemisiifolia
Bei der Ambrosia handelt es sich um eine einjährige Pflanze, die nach der Samenreife im Herbst abstirbt. Lediglich die Samen überleben den Winter und viele von ihnen keimen im Frühjahr. Aufgrund der sehr hohen Keimrate hat die Ambrosia ein enormes Vermehrungspotenzial. Dabei gilt: Je grösser die Ambrosia-Pflanze, desto höher ist die Samenproduktion. So produziert eine Pflanze von durchschnittlicher Grösse und Wuchshöhe von mehreren hundert bis zu 3ʼ000 Samen. Anders als zahlreiche andere Pollenarten, die vom Wind verbreitet werden, fallen reife Ambrosiasamen einfach zu Boden, wo sie bis zu vier Jahrzehnte keimfähig bleiben können.
Die bevorzugten Standorte der Ambrosia
Die Ambrosia kann auf offenen Böden überall keimen und gedeihen, denn sie ist eine charakteristische Ruderalpflanze. Allerdings präferiert die Ambrosia warme Standorte, ist relativ salzresistent und gegenüber Trockenheit recht tolerant. Allgemein ist die Pflanze in höheren Lagen wie beispielsweise den Alpen oder den Voralpen eher selten zu finden.
Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Ambrosia um eine Einzelpflanze handelt, die nicht sehr konkurrenzfähig ist, gedeiht sie am besten in Gärten oder Bereichen mit grösseren offenen Bodenflächen, wo sie sich schnell zu einer Pflanze von grossem Wuchs entwickelt. In Getreidefelder oder auf Wiesen ist sie dagegen eher kleinwüchsig.
In der Schweiz wächst die Ambrosia vorrangig in privaten Gärten, öffentlichen Grünanlagen sowie an Strassenrändern, auf Baustellen, in Kiesgruben und auf landwirtschaftlichen Flächen, in steinigen oder sandigen Ufergebieten und in Auen. Selten bis gar nicht ist die Ambrosia in Feuchtwiesen oder Wäldern zu finden.
Geeignete Bekämpfungsstrategien
Bei der Ambrosia handelt es sich um eine zweikeimblättrige einjährige Pflanze, deren Vermehrung ausschliesslich durch Samen erfolgt. Aufgrund der Tatsache, dass die Bekämpfung der Pflanze schwieriger ist, als es scheint, hat sie in der Landwirtschaft den Status eines Schadunkrauts erhalten. So können Ambrosia-Pflanzen, die nur unzureichend bekämpft wurden, wieder austreiben und – wenn auch in geringer Menge – erneut Samen produzieren.
Die Anzahl der erzeugten Ambrosia-Samen pro Pflanze oder auf der jährlich besiedelten Fläche erlaubt ihr ein invasives Verhalten. Entsprechend verfügt die Ambrosia wegen der enormen Menge produzierter Samen sowie der hohen Keimfähigkeit über ein grosses Vermehrungspotenzial. All die Ambrosia-Samen, die nicht durch den Wind verbreitet werden, sind in Bezug auf die Vermehrung der problematischste Faktor. Aus diesem Grund müssen sämtliche Strategien zur Bekämpfung der Pflanze auch an diesem Punkt ansetzen.
Mit anderen Worten: Es ist zwingend notwendig, die Produktion der keimfähigen Ambrosia-Samen zu verhindern. Zudem müssen die jeweiligen Bekämpfungsstrategien die individuelle Vor-Ort-Situation berücksichtigen. Dabei wird differenziert in Flächen oder Gebiete, in denen sich die Ambrosia-Invasion in einem Anfangsstadium und in Flächen oder Gebiete, in denen sich die Ambrosia-Ausbreitung bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befindet.
Handelt es sich um ein Gebiet, das erst seit Kurzem von der Pflanze besiedelt wird, kann davon ausgegangen werden, dass sich dort nur eine geringe Menge von Ambrosia-Samen befindet. In Gebieten mit einer weiter fortgeschrittenen Ambrosia-Ausbreitung sind wahrscheinlich sehr viele keimfähige Samen zu finden. Grundsätzlich ist es langfristig also wichtiger, die Produktion keimfähiger Ambrosia-Samen bestmöglich zu verhindern als zu versuchen, die Produktion der Pollen in einer Vegetationsperiode zu reduzieren. Nur so ist es möglich, die sich im Boden befindende Ambrosia-Samenbank zu minimieren. Im Idealfall wird natürlich versucht, sowohl die Produktion der Samen als auch die Pollenproduktion zu verhindern.
Massnahmen zur Bekämpfung von Ambrosia
Bis heute sind weder biologische Ambrosia-Bekämpfungsmittel noch gezielt einsetzbare natürliche Feinde gegen die Pflanze bekannt. Zudem zeigen willkürliche Bekämpfungsmassnahmen gegen das Traubenkraut kaum Wirkung, denn auch nach einem einmaligen Herbizideinsatz oder einem Rückschnitt regeneriert sich die Pflanze schnell. Zudem kommt es durch derartige Bekämpfungsmassnahmen zu einer Schwächung der heimischen Vegetation, die das Potenzial hätte, die Pflanze auf lange Sicht zu verdrängen. Letztlich ist es sogar möglich, dass die Ambrosie durch das zeitlich nicht koordinierte Mähen von Strassenrändern und Grünflächen aufgrund der späten Wachstumsphase und aussergewöhnlich starken Wiederaustriebskraft profitiert.
Eine effektive, wenn auch sehr aufwendige Methode zur Bekämpfung von Ambrosia stellt das systematische Ausreissen der Pflanze im Juni dar. Zu diesem Zeitpunkt ist das Schadunkraut nicht nur gut zu identifizieren, auch setzt die Ambrosia noch keine Pollen frei. Da das maschinelle Mähen zu einem unbemerkten Wiederaustrieb der Ambrosia mit Blüten- und somit Samenbildung führen kann, sollten die Grünflächen im Vorhinein begangen und vorhandene Pflanzen bestenfalls mit der Wurzel ausgerissen werden.
Das Mähen von Grünflächen ist nur dann sinnvoll, wenn die Blüte einer grösseren Pflanzenanzahl unmittelbar bevorsteht, denn auf diese Weise kann – zumindest kurzfristig – der Pollenflug vermieden werden. Des Weiteren ist darauf zu achten, dass Pflanzen, die bereits Samen tragen, sachgerecht zu entsorgen sind, denn nur so kann das Keimen beispielsweise auf Deponien in den folgenden Jahren ausgeschlossen werden.
Erlauben die örtlichen Gegebenheiten keine manuelle Bekämpfung, sollte der von Ambrosia befallene Bereich insgesamt vier Monate lang einmal pro Monat tief abgemäht werden. Auf diese Weise kann die Pflanze so stark geschwächt werden, dass sie weder neu austreiben, noch Blüten bilden kann. Grundsätzlich ist darauf zu achten, beim Mähen blühender Ambrosia-Bestände unbedingt den Atemschutz zu gewährleisten und eine Maske zu tragen.
Handelt es sich um einen grossflächigen Ambrosia-Befall, ist die Anwendung geeigneter Herbizide in Kombination mit einem Rückschnitt sinnvoll. Auch für diese Massnahme gilt, dass ein einmaliger Rückschnitt in Verbindung mit einem Herbizideinsatz nicht ausreicht, um einem erneuten Austrieb der Pflanzen vorzubeugen. Entsprechend ist auch hier ein mehrmaliges Durchführen der Massnahmen notwendig. Auch handelt es sich bei dieser Methode keinesfalls um eine Dauerlösung: So hat der langjährige Herbizideinsatz gegen die Ambrosia in den USA bereits erste Resistenzen hervorgerufen.
Ambrosia-Bekämpfung: Hilfreiche Tipps für die Allgemeinbevölkerung
Alle Schweizer sollten ihre häuslichen Grünanlagen sowie den Garten beobachten und regelmässig auf einen möglichen Ambrosia-Befall untersuchen. Bei einem Ambrosia-Befund sollte das Schadunkraut noch vor der Blütezeit mit der Wurzel ausgerissen und sachgerecht entsorgt werden. Dabei gehören weder blühende noch samentragende Pflanzen in den Kompost. Vielmehr gilt es, diese entweder zu verbrennen oder in einem Kunststoffsack verpackt mit dem Hausmüll zu entsorgen.
Ebenso wie im landwirtschaftlichen Bereich sollte auch im privaten Bereich die Ambrosiabekämpfung stets mit Handschuhen und einer Feinstaubmaske erfolgen. Allergiker gegen Ambrosia-Pollen sollten deren Bekämpfung niemals selbst übernehmen.
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