Schweizer Armee: Militärakademie diskutiert Zukunft der Verteidigung auf Herbsttagung

Am 13.09.2025 fand die jährliche Herbsttagung der Militärakademie an der ETH Zürich statt.

Wie verteidigt sich die Schweiz? Diese Frage stand im Zentrum der diesjährigen Herbsttagung der Militärakademie an der ETH Zürich. Aufgrund der verschlechterten Sicherheitslage setzt die Schweiz künftig auf eine umfassende sicherheitspolitische Strategie.

Angesichts der sich zuspitzenden Bedrohungslage in Europa widmete sich die diesjährige Herbsttagung der Militärakademie an der ETH Zürich (MILAK) der Zukunft der schweizerischen Verteidigung. Die von der Dozentur Strategische Studien unter der Leitung von Dr. Marcel Berni organisierte Tagung brachte hochkarätige zivile und militärische Experten zusammen, darunter Staatssekretär Dr. Markus Mäder, den österreichischen ObstdG Dr. Markus Reisner, Divisionär Benedikt Roos sowie Brigadier Peter Soller.

Die Tagung verdeutlichte die Dringlichkeit der sicherheitspolitischen Lage. In der Einleitung wurde das jüngste Werk des britischen Autors Keir Giles hervorgehoben, das Europas Ringen um die eigene Verteidigungsfähigkeit als Wettlauf gegen die Zeit beschreibt. Diese Einschätzung deckt sich mit den Warnungen benachbarter Staaten. Aber auch in der Schweiz mehren sich die warnenden Stimmen. So kam der Nachrichtendienst des Bundes unlängst zum Schluss, dass auch die Schweiz von einem hybriden Krieg betroffen ist.

Staatssekretär Dr. Mäder beschrieb die von ihm geleitete Arbeit an der sicherheitspolitischen Strategie mit einer anspruchsvollen Gipfelwanderung, bei der man ohne Partner schnell stolpert. Mit einem Zitat des marxistischen Schriftstellers Antonio Gramsci unterstrich er den Ernst der geopolitischen Lage, die so prekär sei wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr: „Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren. Dies ist die Zeit der Monster.“

Die neue Strategie diene folglich als dringend benötigter Kompass, um Verwundbarkeiten zu vermindern und die Resilienz zu erhöhen. Auf das Militär heruntergebrochen heisst das, dass künftig eine Verteidigungsfähigkeit mit internationaler Kooperation angestrebt wird. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Frage, ab wann Aktionen im Cyber- und Informationsraum als bewaffnete Angriffe einzustufen sind, da deren Urheber meist schwer zu identifizieren sind. Hier setzt das Konzept der «umfassenden Verteidigung» an, das Massnahmen entwickelt, die bereits unterhalb der Schwelle konventioneller Kriegführung wirksam werden.

ObstdG Dr. Markus Reisner griff die Drachen-Metapher von Antonio Gramsci auf und erinnerte an alte Karten, auf denen unbekannte Regionen mit dem Hinweis «Hic sunt dracones» versehen waren. Für ihn sind die Bedrohungen unserer Zeit jedoch längst sichtbar. So betonte er, dass Russland im Krieg gegen die Ukraine auf ein Netzwerk von Verbündeten wie China, Nordkorea und Iran zurückgreifen kann.

Nur so kann Moskau einen Zermürbungskrieg führen, wie ihn bereits der sowjetische Militärstratege Alexander A. Swetschin beschrieben hat. Im parallel stattfindenden Informationskrieg müsse das Militär eine aktivere Rolle übernehmen und durch öffentliche Kommunikation Desinformation bekämpfen. Derzeit drohe nämlich im Westen eine Spaltung von Militär und Gesellschaft.

Im Zentrum der Diskussionen standen die Herausforderungen der Schweizer Armee, die nach Jahren von Reformen und Sparmassnahmen ihre Verteidigungsfähigkeit wiedererlangen will. Trotz jüngster Anstrengungen bestehen erhebliche Lücken, insbesondere bei der Luftverteidigung und der Drohnentechnologie.

Divisionär Benedikt Roos hob hervor, dass im Ukrainekrieg Taktiken aus den Weltkriegen neben modernsten Einsatzverfahren zu beobachten sind. Brigadier Peter Soller äusserte seine Sorge über die enorme Beschleunigung vom Erkennen eines Ziels bis zu dessen Bekämpfung – besonders durch Abstandswaffen. Diese Entwicklung mache den Schutz eigener Kräfte und Infrastruktur zu einer grossen Herausforderung – auch für die Schweizer Armee.

 

Quelle: VBS / Militärakademie ETH Zürich
Bildquelle: VBS/DDPS/Corinne Glanzmann

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