Krisen-Gedicht: Der Schuldenkönig, frei nach Goethe

Hier eine „lyrische Betrachtung“ der aktuellen Krise, in Anlehnung an Johann Wolfgang von Goethe.

Der Schuldenkönig, frei nach „Der Erlkönig“ von J. W. von Goethe

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist Frau Merkel mit ihrem Kind;
Sie hat den Euro wohl in dem Arm,
Sie fasst ihn sicher, sie hält ihn warm.

Mein Euro, was birgst du so bang dein Gesicht? –
Siehst, Mutter, du den Schuldenkönig nicht?
Den Schuldenkönig mit Kron und Schweif? –
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. –

„Du liebes Kind, komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel ich mit dir;
Ich schenk dir, was du nie gekannt,
Stabiles Wachstum in jedem Land.“

Meine Mutter, meine Mutter, und hörest du nicht,
Was Schuldenkönig mir leise verspricht? –
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säuselt der Wind. –

„Willst, armer Knabe, du mit mir gehn?
Die Steuerzahler sollen dich retten schön;
Sie zahlen und zahlen und zahlen hübsch fein,
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.“

Meine Mutter, meine Mutter, und siehst du nicht dort
Den Pleitegeier kreisen am düstern Ort? –
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau. –

„Ich liebe dich, mich reizt deine karge Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.“
Meine Mutter, meine Mutter, jetzt fasst er mich an!
Schuldenkönig hat mir ein Leids getan! –

Frau Merkel grausets, sie reitet geschwind,
Sie hält in Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not;
In ihren Armen der Euro war tot.

 

Oberstes Bild: © Gerd Altmann – pixelio.de

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