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Massive Kritik an Roma-Coverfoto der „Weltwoche“

11.04.2012 |  Von  |  News

Die Welle der Empörung über das Cover der aktuellen „Weltwoche“ reisst nicht ab. Seit Erscheinen der Ausgabe vom 4. April gingen bereits mehrere Strafanzeigen in der Schweiz, Österreich und Deutschland gegen die Schweizer Wochenzeitung ein. Dem Blatt wird rassistische Stimmungsmache gegen eine Minderheit vorgeworfen.

Am Gründonnerstag hatte die „Weltwoche“ auf ihrer Titelseite ein Bild veröffentlicht, auf dem ein Roma-Bub mit gegen den Leser gerichteter Pistole zu sehen ist. Der Titel dazu lautet: „Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz.“ Untertitel: „Familienbetriebe des Verbrechens.“ Aufgenommen wurde das Foto allerdings nicht in der Schweiz, sondern im Kosovo. Es stammt von dem italienischen Fotografen Livio Mancini, der sich inzwischen von der Verwendung des Fotos distanzierte.

Wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung und Beleidigung hat jetzt der Zentralrat der Deutschen Sinti und Roma bei der Staatsanwaltschaft Heidelberg Strafanzeige gegen das Medium erstattet, wie die Süddeutsche Zeitung heute berichtet. Sinti und Roma würden wie zur Zeit des Nationalsozialismus unter Generalverdacht gestellt. Zudem werde der Eindruck einer „abstammungsbedingten Kriminalität“ erweckt, sagte der Zentralratsvorsitzende Romani Rose zur Begründung.

Der Zentralrat hat auch Beschwerde bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) eingelegt. Die Kommission werde sich mit dem „Weltwoche“-Bericht befassen, kündigte die EKR-Präsidentin Martine Brunschwig Graf an.



„Pauschalverurteilung der Roma als Verbrecher“

Zuvor hat bereits eine Einzelperson aus dem Kanton Baselland Anzeige gegen die „Weltwoche“ erstattet. Die Frau sieht eine Verletzung der Anti-Rassismus-Strafnorm, Artikel 261 des Strafgesetzbuches, berichtete der „Tages-Anzeiger“. Geklagt hat ebenso der österreichische Journalist Klaus Kamolz, um ein „symbolisches Zeichen“ gegen die „Pauschalverurteilung der Roma als Verbrecher“ zu setzen. Laut Berichten soll in Deutschland auch Dirk Hegemann, Sprecher des Bündnisses „Rechtspopulismus stoppen!“, Anzeige gestellt haben.

Heftige Kritik kommt auch von den Jungen Grünen der Schweiz. In einem offenen Brief an die „Weltwoche“ werfen sie dem Chefredaktor Roger Köppel vor, „alle Romas“ als „kriminell und asozial“ abzustempeln. Das sei „verletztend und erniedrigend“. Der Medienrechtsexperte Peter Studer sprach am Samstag gegenüber „Radio 1“ von einem „unerhörten Bild“ mit „rassistischen Zügen“. Gleichwohl bezeichnete er den Roma-Bericht als „sehr gut dokumentiert“.

Indes schritt Philipp Gut, stellvertretender „Weltwoche“-Chefredaktor und Mitautor des Roma-Hauptartikels  („Sie kommen, klauen und gehen“), in einem Videokommentar zur Verteidigung. Das Titelfoto symbolisiere „die stossende Praxis der Roma-Banden, Kinder für ihre kriminellen Zwecke einzusetzen“. Die „Weltwoche“ habe in ihrem Bericht über „wachsenden Kriminaltourismus“, Strassenprostitution und organisierte Bettelei durch „osteuropäische Roma-Sippen“ ein „ernsthaftes Problem“ aufgegriffen. Alle Daten seien sorgfältig recherchiert, so Gut mit Berufung auf den Medienrechtsexperten Studer.

 

Oberstes Bild: © auremar / shutterstock.com