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Starbucks auf Schienen: Warum nicht ein Schweizer Unternehmen?

16.11.2013 |  Von  |  News

Nach den Flops mit McDonald’s und Coop versucht es die SBB noch einmal. Diesmal ist Starbucks an Bord. Doch so schön ein Kaffeehaus auf Schienen auch sein mag, wirft die Aktion unangenehme Fragen auf – vor allem die, warum kein Schweizer Unternehmen beteiligt wurde.

Am 14. November weihten die SBB und Starbucks unter Anwesenheit dutzender Medienvertreter die Weltneuheit ein. Zunächst zwei Waggons werden als rollende Starbucks-Filiale eingesetzt, und zwar zwischen St. Gallen und Genf. Die Vorsicht rührt daher, dass die SBB mit solchen Experimenten bisher keine guten Erfahrungen gemacht hat: 2002 floppte zunächst ein Versuch mit Coop-Railshops, nachdem bereits ein McDonald’s-Waggon nicht gut angekommen war. Die SBB will nun erst einmal sehen, ob es diesmal klappt, und dann gegebenenfalls weitere Wagen bereitstellen.

Den Schritt begründete SBB-Sprecher Stephan Wehrle damit, man wolle „Innovation in die eher traditionelle Bahngastronomie bringen“. Jeannine Pilloud, Leiterin der SBB Personenverkehr, ergänzt, dass sich das neue Projekt nicht mit dem McDonald’s-Flop vergleichen lasse, denn: „Fast Food funktioniert halt nicht am Morgen. Starbucks wird den ganzen Tag über gefragt sein.“

Daran zweifelt wohl niemand, und auch nicht daran, dass eine echte Kaffeehaus-Filiale sich im Zug besser macht als die oft etwas altbackene Bahngastronomie. Wer trinkt nicht lieber einen hochwertigen Kaffee in einem stilvollen Ambiente als eine durchschnittliche Brühe in einem schnöden Speisewagen? Dass die Preise bei Starbucks etwas höher sind als die bisher auf Schienen gewohnten, wird kaum jemanden stören.

Warum kein Schweizer Unternehmen?

Nur: Gibt es denn in der Schweiz keine Kaffehaus-Betreiber? Muss man, um guten Kaffee im  Zug zu haben, auf einen amerikanischen Grosskonzern zurückgreifen, der in der Schweiz keinen Rappen Steuern bezahlt? Wie viel Geld jeweils geflossen ist, wollten die beiden beteiligten Unternehmen nicht verraten – aus gutem Grund vielleicht. Die Idee ist super, die Umsetzung aber fragwürdig. Wie kann es sein, dass die fleissigsten Kaffeetrinker der Welt und Produzenten von edlen Jura-Vollautomaten ein Unternehmen aus Übersee ins Boot holen müssen?

Nichts gegen Starbucks per se. Das Unternehmen ist hip und kommt gut an. Wie so oft verstehen es die Amerikaner, von ihnen gar nicht originär entwickelte Produkte auf eine Weise zu präsentieren, die weltweit ankommt. Wir haben uns aber schon so sehr an die globalisierte Wirtschaft gewöhnt, dass uns ein Wertschöpfungs-Wahnsinn wie im vorliegenden Fall gar nicht mehr auffällt. Wie schon gesagt, Starbucks bezahlt in der Schweiz keine Steuern. Auch wenn die Filialen ein paar Arbeitsplätze schaffen, bleiben doch das Kapital und die Markenwertschöpfung in den USA. Lokale Unternehmen bekommen keine Chance. Warum wurde nicht ein örtlicher Kaffeehausbetreiber eingeladen? Die SBB sind immerhin ein Staatsbetrieb, da könnte man ein Quäntchen Nationalbewusstsein doch erwarten. Und wenn schon kein Schweizer Kaffeehaus, dann vielleicht wenigstens Lavazza, unsere italienischen Nachbarn?

Lokal tut gut

Lokal zu denken hat nichts mit Rückwärtsgewandtheit zu tun. Wer in die lokale Wirtschaft investiert, erhält erstens die Lebensqualität seiner Region und zweitens eine belastbare Wertschöpfungskette. Je stärker sich eine Wirtschaft von internationalen Konzernen abhängig macht statt von lokalen Betrieben, desto grösser werden die Risiken. Und nicht zuletzt sind es auch Lokalkolorit und Kultur, die unter der Globalisierung aller Lebensbereiche leiden. Natürlich sind internationale Handelsbeziehungen eine wunderbare Sache – doch warum sollte das, was man zu Hause genauso gut oder besser bekommen kann, importiert werden?

Natürlich ist der Waggon mit der stilisierten Freiheitsstatue nur ein kleiner (Kaffee-)Tropfen auf dem heissen Stein – mit dennoch grossem Symbolcharakter.

 

Titelbild: © georgemphoto – shutterstock