DE | FR | IT

Schweizer gehen häufiger fremd

26.02.2014 |  Von  |  News

Die Schweizer gehen häufiger fremd – zumindest was die Kauflaune der Verbraucher betrifft. So haben im Jahr 2013 die Konsumenten für etwa 10 Milliarden Franken ausserhalb der Landesgrenzen eingekauft.

Die jenseits der Heimat umgesetzten Beträge gehen dabei nicht nur den Anbietern in der Schweiz selbst verloren. Sie schwächen auch die Binnenwirtschaft und belasten die Umwelt.

Als Konsequenz aus den immerhin 10 % höheren Shoppingumsätzen im Ausland als im Jahr 2012 resultiert die Tatsache, dass die Detailhändler in der Schweiz ihre Preise weiter senken und auch Gewinne aus Währungsverrechnungen und günstigen Einkäufen im Ausland zunehmend an die eigene Bevölkerung weitergeben.

Einzelhändler an der Schmerzgrenze

Auch wenn längst nicht die Talsohle im Binnenhandel erreicht ist, klagen doch jetzt schon viele Einzelhändler besonders in den grenznahen Gebieten der Kantone über zunehmend wegbrechende Kundenkreise. Die Shopping-Flucht in die benachbarten Länder hat dabei weniger ihren Grund in einer fehlenden Angebotsvielfalt in der Schweiz selbst. Vielmehr sind es die Verlockungen der vermeintlichen Schnäppchen hinter der Grenze, die viele Einkaufstouristen umtreibt. Dabei haben nicht wenige der Auslandseinkäufer ihre Rechnung ohne den Wirt gemacht. Wer aus einer Art Langeweile zum Shoppen ins benachbarte Ausland fährt, kommt dabei nämlich nicht immer besser weg.

Hier gespart, dort mehr ausgegeben

Der grenznahe Handel im Ausland lockt mit so machen vermeintlich billigen Angeboten. Da reizt es den einen oder anderen schon, die Familie ins Auto zu packen und einfach mal in die Schnäppchenzonen nahe der Grenze zu fahren. Nicht immer wird dann wirklich gespart. Neben den Kosten für Benzin, Gas oder Diesel sind es auch Aufwendungen für die Verpflegung unterwegs, die dann den Geldbeutel doch etwas schmaler werden lassen. Dazu kommt, dass auch immer wieder Dinge zusätzlich gekauft werden, die gar nicht auf der Liste der Schnäppchenjäger standen. Für die Kinder dieses, für die Grosseltern zu Hause jenes und sich selbst möchte man auch noch mit einer Schnäppchentrophäe belohnen. Und so wird aus dem Ausflug ins vermeintliche Schnäppchenparadies eine teure Einkaufsfahrt mit Risiken und Nebenwirkungen. Hier wäre eine Vollkostenrechnung, die auch den Faktor Zeit mit einrechnet, der Weg zu mehr Vernunft. Das meint zumindest der Direktor des Schweizer Gewerbeverbandes Hans-Ulrich Bigler.

Daheim ist nicht alles billiger, oftmals aber günstiger

Werden alle Kosten für die Fahrt in die lockenden Schnäppchenzonen im Ausland zusammengerechnet, bleibt die vermeintliche Ersparnis oftmals deutlich unter den Erwartungen. So kann vielleicht der günstige Preis für so manche Dinge überzeugen, selten aber die Aufrechnung der Gesamtkosten. Letztlich lohnt sich die Schnäppchenjagd oftmals nur für Auslandstouristen, die auf dem Rückweg in die Schweiz das eine und andere Preiswunder mit ins Gepäck nehmen. Hier wird keine Extrafahrt notwendig, weil man ja ohnehin schon unterwegs ist.

Viele Einkaufstouristen unternehmen ihre Ausflüge ins grenznahe Ausland gewissermassen auch aus Langeweile. Besonders dann, wenn an Schweizer Feiertagen die Läden geschlossen haben, lässt sich im Ausland immer noch prima shoppen. Und auch als reines Freizeitvergnügen hat sich die Schnäppchenjagd ins Ausland in einigen Familien schon etabliert. Dabei könnte man mit dem ausgegebenen Geld auch in der Schweiz tolle Dinge mit der Familie erleben.

Vernunft hinkt den Bedürfnissen meist hinterher

Erstaunlich ist auch, wie viele Schweizer ohne konkrete Kaufabsicht den Weg in die Fremde antreten. Gern lässt man sich von vermeintlich günstigen Angeboten im Ausland überzeugen. Dabei ist in vielen Fällen gar nicht bekannt, dass dieselben Produkte in der Heimat auch nicht viel teurer wären. Die Händler im Grenzbereich machen sich diesen Umstand zunutze und gestalten ihre Preise so, dass sie oftmals zwar leicht unter Schweizer Preisen liegen, die grosse Ersparnis aber ausfällt. Allein durch die Umrechnung des Schweizer Franken in Euro lässt sich da wunderbar mit Zahlen spielen. Gewinner sind dann meist die Händler, weniger die Kauflustigen. Hier könnte ein wenig mehr Vernunft erwartet werden.

Allerdings ist der Mensch von Natur her ein Jäger und Sammler. Und so wird in der freien Zeit im Ausland nach Schnäppchen gejagt, scheinbar Wertvolles und Brauchbares wird gesammelt, ja manchmal regelrecht gehortet und der Verstand bleibt dabei auf der Strecke. Die wirkliche Ernüchterung kommt meist erst zu Hause, wenn der Kassensturz angesagt ist.

Der Lockruf der Schnäppchen

Dem Lockruf der Schnäppchen widerstehen nicht viele. Allerdings bleiben die gern daheim, die ohnehin schon weniger verdienen und ihr hart erarbeitetes Geld nicht so gern in die Fremde tragen. In weniger gut verdienenden Haushalten wird offenbar besser gerechnet als bei den Durchschnittsverdienern und Bessergestellten. Auch wird in den Haushalten mit weniger Einkommen genauer danach geschaut, was wirklich gebraucht wird und ob es lohnt, diese Dinge im Ausland zu kaufen. Wünschenswert wäre eine solche Haltung aller Schweizer zumindest für die Detailhändler. Die überlegen jetzt, wie sie Angebot und Preise noch besser machen können, ohne dabei zu den Verlierern im grenznahen Handel zu werden. Letztlich lässt sich auch eine Preisspirale nur soweit nach unten drehen bis der Boden erreicht ist. Dann droht ein Szenario, welches auch den schnäppchenverrücktesten Shoppingenthusiasten nicht gefallen dürfte. Zunehmend mehr Schweizer Einzelhändler müssen ihre Läden dicht machen und die Preise im grenznahen Ausland würden anziehen. Vielleicht ist da die Schnäppchenjagd im Internet doch eine gute Alternative.

 

Oberstes Bild: © Monkey Business Images – Shutterstock