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Türkei wegen Internetsperren unter internationaler Kritik

15.04.2014 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column width=“1/1″][vc_column_text]Das Internet ist längst nicht mehr nur ein reines Unterhaltungsmedium, sondern unterstützt Transparenz, bildet und ist für Millionen von Usern die erste Anlaufstelle, wenn sie sich über aktuelle Neuigkeiten aus dem In- oder Ausland informieren möchten. Obwohl die Türkei gerne Bestandteil der Europäischen Union wäre, tut sie sich mit den Grundwerten der EU nach wie vor schwer. Das hat Regierungschef Recap Tayyip Erdogan mit seiner Internetsperre für die Türkei erneut eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Aussenminister kritisieren geschlossen das Vorgehen der Türkei

Die Türkei hatte negativ mit einer teilweisen Internetsperre auf sich aufmerksam gemacht. Twitter, Kurznachrichtendienst und zugleich Social Network, wurde über zwei Wochen von allen türkischen Internetanbietern gesperrt, sodass User den Dienst nicht mehr erreichen konnten. Auch das Video-Streaming-Portal YouTube ist gesperrt, da dort Videos hochgeladen worden waren, die von der türkischen Regierung als negativ gedeutet wurden. Mittlerweile hat ein Verfassungsgericht in der Türkei die Aufhebung der Sperren beschlossen, während der Staatsanwalt, im Auftrag des Staates Türkei, direkt Widerspruch einlegte. Die Begründung schließt insgesamt 15 Videos über den Staatsgründer Mustafa Kemal ein, welche nach Ansicht des Staatsanwalts gesperrt gehören.

Eine flächendeckende Entsperrung von YouTube wird also erst dann erfolgen, wenn zumindest diese 15 Videos von der Plattform gelöscht oder für die Türkei gesperrt würden. Dieses Vorgehen wurde von den Aussenministern von 28 EU-Staaten scharf kritisiert. Der deutsche Aussenminister, Frank-Walter Steinmeier von der SPD, wies auf die besondere Verantwortung der türkischen Regierung und die Beitrittsbemühungen der EU hin. Seiner Ansicht nach habe die Türkei nicht nur den europäischen Werten zuzustimmen, sondern müsse diese auch im eigenen Land achten, damit überhaupt über einen EU-Beitritt abgestimmt werden könne.

Das Aussperren der türkischen Bevölkerung aus Teilen des Internets, vor allem den sozialen Netzwerken, die häufig auch zur Verbreitung von News genutzt werden, sei nicht einmal in Ansätzen mit der Informations-, Meinungs- und Pressefreiheit zu vereinbaren. Der deutsche Aussenminister führte weiter aus, dass sich dieser Zustand in Zukunft unbedingt verbessern müsse. Seine Hoffnungen richteten sich auf die Zeit nach den Wahlen, wenn möglicherweise ein anderer Regierungschef die Führung der Türkei übernommen habe.[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]

Blockaden der Pressefreiheit ohne richterliche Beschlüsse. (Bild: Denis Junker / Fotolia.com)

Blockaden der Pressefreiheit ohne richterliche Beschlüsse. (Bild: Denis Junker / Fotolia.com)

[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]Blockaden der Pressefreiheit ohne richterliche Beschlüsse

Sowohl die Sperre von YouTube als auch die von Twitter wurde von Regierungschef Erdogan persönlich beschlossen. Richterliche Beschlüsse, die einen derartigen Einschnitt in die Informations- und Pressefreiheit hätten absegnen müssen, hat es nicht gegeben, da die Regierung die Gerichte im Vorfeld der Aktion gar nicht erst konsultierte. In den ersten Tagen konnte die Sperre, zumindest für geschulte Nutzer, noch relativ einfach umgangen werden. Grosse Unternehmen, wie zum Beispiel der Suchmaschinengigant Google, halfen aktiv mit, den eigenen YouTube-Dienst und das fremde Twitter wieder erreichbar zu machen.

Über einen eigens eingerichteten Proxy-Dienst konnte der User die Seiten erreichen, indem einfach alternative DNS-Server von Google und anderen Firmen genutzt wurden. Die Unternehmen hatten diese Server zur Unterstützung der Internetfreiheit kostenfrei zur Verfügung gestellt. Mittlerweile können die türkischen Landsleute die Sperre nicht mehr auf diese Weise umgehen, da die Anfragen automatisch auf den DNS-Server zum türkischen Provider geleitet werden. Dieser Schritt wurde von der Türkei und ihrer Regierung durchgesetzt, um das kleine Schlupfloch zu stopfen.

Damit dies von technischer Seite aus funktioniert, müssen sich die türkischen Provider zwischen den User und den bereitgestellten DNS-Server schalten. Faktisch bedeutet das, dass die türkischen Provider sich aktiv als Google und Co ausgeben. Die Internetzensur noch zu umgehen, ist mittlerweile nur noch für technisch versierte Türken möglich – beispielsweise über das Programm TOR. Einige einfache Mausklicks reichen längst nicht mehr aus.

Twitter wieder freigegeben, YouTube bleibt gesperrt

Obwohl Twitter aufgrund eines richterlichen Beschlusses nach über zwei Wochen wieder erreichbar ist, muss das nicht dauerhaft so bleiben. YouTube ist durch den Einspruch der Staatsanwaltschaft weiter blockiert und wird – höchstwahrscheinlich – mindestens in den nächsten Tagen nicht für die Türkei erreichbar sein. In beiden Fällen müssen die Bürger der Türkei jedoch fürchten, dass derartige Einschnitte in die Presse- und Informationsfreiheit jederzeit wieder vorkommen können.

Regierungschef Erdogan hatte vor allem Twitter als Reaktion auf die in der Türkei stattfindenden Kommunalwahlen gesperrt. Der Kurznachrichtendienst wurde von unzähligen Usern genutzt, um Korruptionsvorwürfe gegen die türkische Regierung online zu stellen. Auch abseits der Wahlen wurde das Medium mehrfach eingesetzt, um regierungskritische News zu verbreiten oder die Bevölkerung politisch zu informieren, weshalb es Erdogan bereits seit längerer Zeit ein Dorn im Auge ist.

Trotz Druck der EU-Aussenminister ist nicht davon auszugehen, dass sich die türkische Regierung künftig für ein freies Internet einsetzen wird. Ein Luxus, der in der Schweiz und anderen Teilen von Mittel- und Westeuropa selbstverständlich ist, wird für die Türken und ihre unabhängigen Presseorgane damit zur Zerreissprobe.

 

Oberstes Bild: © rotschwarzdesign – Fotolia.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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