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Bolivien vereinfacht Kinderarbeit

11.07.2014 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column width=“1/1″][vc_column_text]Vielen Schweizern ist noch der kritische Heimatfilm „Der Verdingbub“ in Erinnerung. Gewidmet ist er dem Schicksal jener Kinder, die noch bis 1950 als Zwangsarbeiter in der Schweizer Landwirtschaft tätig und völlig dem Gutdünken ihrer ‚Arbeitgeber‘ ausgeliefert waren. Damals waren tausende Minderjährige in dieser Situation, aus der sie aus eigener Kraft selten ausbrechen konnten.

Diese Zeiten sind also noch nicht wirklich lang vorbei – und wie in jeder anderen Nation der Ersten Welt bekommen auch immer wieder Schweizer Bekleidungsunternehmen den Vorwurf, bei Unternehmen herstellen zu lassen, die Kinder zur Produktion heranziehen. Dennoch: Im Wohlstandsland Schweiz selbst geht es Kindern im Hinblick auf Bildung und Beanspruchung inzwischen so gut wie in wenigen anderen Ländern weltweit.

Dass die Arbeitsumstände von Kindern aber gesetzlich und in völliger Offenheit verschlechtert werden, das ist selbst für Schwellenländer ungewöhnlich. Denn eigentlich wird eine abnehmende Kinderarbeit, ebenso wie beispielsweise Alphabetisierungsinitiativen oder die Stärkung der Frauenrechte, als einer der Indikatoren gesehen, dass eine Nation aus diesem Status zu entkommen sucht.

Nun geht Bolivien den genau umgekehrten Weg zur Armutsbekämpfung. In Bolivien war bisher eine regelmässige Arbeitsaufnahme ab vierzehn Jahren erlaubt. Diese Untergrenze hat das Parlament nun weiter nach unten revidiert. In Zukunft sollen Kinder bereits ab dem zehnten Lebensjahr arbeiten können – zwar als Ausnahmeregelung, aber mit sehr laxen Einschränkungen. Noch muss Staatschef Evo Morales dem Gesetzesentwurf zustimmen. Dieser Schritt aber scheint gesichert, da das Staatsoberhaupt sich aufgrund der eigenen Biographie verschiedentlich für Kinderarbeit ausgesprochen hat.

Das Gesetz sieht allerdings auch vor, dass Unternehmen die bei ihnen angestellten Kinder nicht ausbeuten dürfen. Der Erhalt der körperlichen und geistigen Gesundheit dient hier als Richtschnur. Das Gesetz sieht weiterhin immer noch ein durchschnittliches Mindestalter von 14 Jahren vor. Die Ausnahmen allerdings beziehen sich auf 12-jährige Kinder. Die Zehnjahresgrenze betrifft Kinder, die selbstständig arbeiten möchten. Zuvor liess das Gesetz überhaupt keine Ausnahmen zu.

Allerdings sagen Beobachter, dass das Gesetz lediglich etwas legalisiert, was längst Praxis im ärmsten Land Südamerikas ist, in dem nach offiziellen Berichten 850.000 Kinder arbeiten müssen, statt zur Schule gehen zu können. Denn viele bolivianische Familien leben in solcher Armut, dass alle Familienmitglieder zum Lebenserhalt beitragen müssen, unabhängig ihres Alters. Nun könne dies zumindest legal geschehen und mit den dazugehörigen Arbeitsschutz– und Sicherheitsmassnahmen. Das Parlament ist der Ansicht, dass die Regelung bei dem bestehenden Regierungsplan hilft, Bolivien bis 2025 von extremer Armut zu befreien. Die Kinderarbeit soll bereits 2020 nicht mehr existenziell sein, hoffen die Abgeordneten weiter.

 

Oberstes Bild: © Claudine Van Massenhove – Shutterstock.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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