Wird Bayern bald neuer Schweizer Kanton?

Gerade als sich die tatsächlichen Grenzen zwischen der Schweiz und dem Rest der Welt wieder zu verdichten scheinen, werden sie auf quasi a-politischer Seite aufgelöst. Ein soeben durchgeführter Regionenvergleich der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) zeigt anhand einer Reihe Faktoren deutlich: In vieler Hinsicht würden die südlichen Bundesländer Deutschlands, Bayern und Baden-Württemberg, viel eher der Schweiz zurechenbar sein als der BRD.

Denn die dortigen Lebensverhältnisse unterscheiden sich kaum vom Schweizer Durchschnitt, umso mehr jedoch von anderen Deutschen Bundesländern vor allem im Osten der Republik, etwa Mecklenburg-Vorpommern. Zwar garantiert das deutsche Grundgesetz in der Theorie allen deutschen Bundesbürgern vergleichbare Lebensumstände. In der Realität aber ist der Anschluss der ehemaligen DDR-Länder noch lange nicht vollbracht. So sind Bayern und Baden-Württemberg nicht nur wohlhabender und wirtschaftlich wesentlich stabiler, sondern auch ungleich sicherer als etwa die neuen Bundesländer oder die Küstengebiete Norddeutschlands – und in ihren diesbezüglichen statistischen Daten wie etwa einer Erwerbslosenquote von nur 3,2 % oder dem hohen Durchschnittseinkommen absolut mit den Schweizer Kantonen vergleichbar. Gleiches gilt auch für Sterblichkeit und Kriminalitätsraten.

Die OECD hat damit eine Beobachtung von Soziologen und Anthropologen statistisch bestätigt – nämlich, dass die Lebensqualität nicht so sehr von der Landeszugehörigkeit, als vielmehr von der Region abhängt, in der man lebt. Typische Tendenzen sind hier das in fast allen Ländern nachweisbare Nord-Süd Gefälle, aber natürlich auch politische Prozesse, wie sie etwa durch den Fall der Mauer und die Auflösung der DDR ausgelöst werden.

Der Blick hat sich nun einen Spass erlaubt, und seine Leser gefragt: Was hielten diese von Bayern und Baden-Württemberg als neuen Kantonen? Der Großteil sprach sich dafür aus – wer hätte das gedacht. Nun hat die süddeutsche „Schwäbische Zeitung“ ihrerseits eine entsprechende Umfrage gestartet – mit ähnlichen Ergebnissen. Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden finden: „Ja, unbedingt“ und 31% haben nur die Einschränkung, dass die Schweiz dann aber auch alle süddeutschen Feiertage übernehmen müsste.

Sicherlich ist hier viel Humor im Spiel – die statistischen Daten der OECD aber sind ernst zu nehmen. Nicht anders als in der Schweiz lehnen sich viele Deutsche gegen eine geteilte Verantwortung durch einen Länderfinanzausgleich auf. Die CSU vor allem macht immer wieder den Versuch, aus diesem durch Schlupflöcher aussteigen zu können – schließlich zahlen inzwischen ausser Bayern nur noch das erwähnte Baden-Württemberg und Hessen in den Fonds ein.

Gleichzeitig lässt sich diese gefühlte Einteilung in missmutige Geberländer und abhängige Nehmerländer auch auf die ganze EU übertragen, die durch die daraus resultierenden Folgen in den letzten Jahren von diversen Krisen geschüttelt wurden. In jedem Fall schüttet die OECD-Umfrage Wasser auf die Mühlen derjenigen, die eine weitere Einigelung der Schweiz als notwendige Voraussetzung des gegenwärtigen Lebensstandards sehen.

 

Oberstes Bild: © Mapics – Shutterstock.com

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