Heimunterricht: Die Hälfte aller Schüler kommt aus Bern

Heimunterricht ist ein umstrittenes Thema. In den USA ist er beliebt, in Deutschland dagegen verboten – die Schweiz positioniert sich irgendwo zwischen diesen beiden Extremen. Die Regelungen für das sogenannte Homeschooling sind allerdings von Kanton zu Kanton verschieden: Während die Eltern in der Westschweiz lediglich ihre Stundenpläne vorlegen müssen, sind die Regeln in der Deutschschweiz zum Teil deutlich strenger. In Zürich, Zug oder Luzern dürfen Eltern ihre Kinder nur zu Hause unterrichten, wenn sie eine Lehrerausbildung haben.

Im Kanton Bern werden weniger hohe Ansprüche an den Heimunterricht gestellt. Eine Lehrerausbildung ist dort, genau wie in Ausserrhoden, Appenzell und Aargau, nicht nötig. Allerdings brauchen die Eltern eine Bewilligung für den Heimunterricht und die Zusammenarbeit mit einer Lehrperson ist obligatorisch. Zudem werden Stundenpläne und Lehrmittel sowie die Sozial- und Selbstkompetenz der Kinder jährlich vom Schulinspektorat kontrolliert. Aber auch, wenn die Unterrichtsqualität laut Schulaufsicht meist genügt, so besteht doch Grund zur Sorge.

Kritische Stimmen gibt es viele

Aufgrund seiner geringen Auflagen für den Heimunterricht zieht der Kanton Bern viele Homeschooler an. Nach Aussage des Vereins „Bildung zu Hause“ erhalten in der Schweiz rund 500 Schüler ihre schulische Bildung in den eigenen vier Wänden. Von diesen leben 241 in Bern.

Von anderer Seite hagelt es allerdings viel Kritik. Den Eltern wird vorgeworfen, dass ihnen das nötige Wissen fehle oder dass die Sozialkompetenz der Kinder unter dem Heimunterricht leiden würde. Zudem hätten Kinder aus religiösen Familien nicht die Möglichkeit, auch einmal eine andere Sichtweise auf die Welt zu erleben. Homeschooler, die mit diesen Argumenten konfrontiert werden, reagieren oft genervt und erwidern, dass sie ihre Kinder ja nicht im Keller einsperren würden. Ihrer Meinung nach seien diese Kritikpunkte reine Vorurteile, die aus negativen Einzelfällen entstanden seien. Wegen diesen dürfe man aber nicht allen Eltern die Möglichkeit des Heimunterrichts nehmen.

Die positiven Erfahrungen in Bern geben den Homeschoolern recht. Nur höchst selten müsse jemandem die Bewilligung entzogen werden, so Susanne Müller, Leiterin der Schulaufsicht in Bern. Solche Fälle gebe es höchstens alle zwei Jahre, wenn beispielsweise der Unterricht ungenügend sei oder die Leistungen nicht stimmen würden.

Allerdings äussert auch Müller Bedenken in Bezug auf den Heimunterricht. Sorgen bereite es ihr beispielsweise, wenn Kinder nur soziale Kontakte pflegen, die von den Eltern ausgesucht würden. So würden die Kinder nicht wie in der Schule lernen müssen, mit anderen auszukommen und zusammenzuarbeiten. Um diesem Szenario vorzubeugen, wird bei den Kontrollen der Schulinspektoren daher auch oft nachgefragt, mit wem das betreffende Kind seine Freizeit verbringt.

 

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