Gegessen wird zu Hause

Laut einer jüngst veröffentlichten Statistik wird in der Schweiz zunehmend weniger ausser Haus verzehrt als im jeweiligen Vorjahr. Der Rückgang der Umsätze in der Gastronomie durch die Schweizer Wohnbevölkerung wird für das Jahr 2013 auf etwa 2,6 % beziffert. Damit setzt sich eine Tendenz fort, die der Schweizer Verband für Hotellerie und Restauration eigentlich aufhalten wollte. Nachteilig auf die Entwicklung haben sich dem Vernehmen nach auch die nach dem Jahreswechsel erwarteten Initiativen zum Mindestlohn und zur Masseneinwanderung ausgewirkt.

Insgesamt scheint deutlich zu werden, dass der Schweizer sich zwar draussen gern Appetit holt, dann aber lieber doch zu Hause isst. Umgesetzt wurden in der Schweizer Gastronomie durch die Schweizer Wohnbevölkerung im Jahr 2013 rund 23,1 Milliarden Franken. Eine auf den ersten Blick stolze Zahl, die dennoch weiter hinter den Vorjahreskennzahlen herhinkt.

Grund für Überlegungen

Besonders auf dem offenen Land zeigt sich das Phänomen des sogenannten „Beizensterbens“ deutlicher als in den grösseren Städten. Hier beklagen die Gastwirte und Hoteliers einen deutlichen Umsatzrückgang vor allem durch die eigenen Landsleute. Während sich Touristen und ausländische Geschäftsleute immer wieder gern in den Gastro-Betrieben einfinden, bleiben die Schweizer selbst lieber zu Hause.

Für viele Gastronomen ist das ein Grund dafür, neue Überlegungen anzustellen. Diese gehen in unterschiedliche Richtungen. Während die einen versuchen, ihre Angebote im Preis günstiger zu machen, versuchen andere die Attraktivität der Gasthäuser aufzuwerten. Spezielle Familienangebote sollen neue Kundengruppen in die Gasträume locken, eine breiter angelegte internationale Küche könnte auch der vielschichtigen Bevölkerung in der Schweiz entgegenkommen. Durchaus gute Gedanken, die jedoch in der aktuellen Situation keine schnellen Veränderungen herbeiführen können.

Etwas pragmatischer begegnen andere Wirte dem Umsatzminus. Hier werden einfach Mitarbeiter entlassen, um so zumindest das finanzielle Grundgerüst zu erhalten. Mancher meint damit auch einen Vorgriff auf die Folgen der Initiative zur Masseneinwanderung leisten zu können. Allerdings belastet der befürchtete Mangel an ausländischen Servicekräften auch die Qualität der Gästebetreuung nachhaltig. Längere Wartezeiten und manchmal auch der Verzicht auf einzelne Angebote könnten in der Folge zu noch weniger Umsatz in den Gastronomiebetrieben führen. Der Königsweg scheint also noch nicht gefunden zu sein, wurde aber vielleicht auch noch gar nicht gesucht. Die Gründe für neue Überlegungen bleiben also bestehen.

Falsches Angebot oder zu teuer

Hört man sich in der Schweizer Bevölkerung um, dann scheint es keinen Mangel an Gaststätten zu geben. Während in den grösseren Städten insbesondere Schnellrestaurants, kleinere Kneipen und Imbiss-Angebote genutzt werden, sieht es im ländlichen Bereich etwas bescheidener aus. Hier sind es die angestammten Gastwirtschaften, die die Szenerie bestimmen. Zumeist leben diese Betriebe von Gelegenheitsgästen oder ganzen Busladungen voller Touristen und Ausflüglern. Allerdings betrifft das nur die Gasthäuser in den touristisch erschlossenen und beliebten Regionen. Darüber hinaus sieht es dann eher dünn aus.


Für viele Schweizer ist der Besuch im Restaurant auch schlicht und einfach zu teuer. (Bild: Robert Kneschke / Shutterstock.com)
Für viele Schweizer ist der Besuch im Restaurant auch schlicht und einfach zu teuer. (Bild: Robert Kneschke / Shutterstock.com)


Für viele Schweizer ist der Besuch im Restaurant auch schlicht und einfach zu teuer. Auch hier greift eine schleichende Teuerung, die an den Gastronomiebetrieben nicht vorbeigeht. Die verhältnismässig hohen Ausgaben für Personal, Energie und Rohstoffe bei schlecht kalkulierbaren Verkäufen können nur durch angepasst hohe Preise ausgeglichen werden.

Unterschiedliche Sichtweisen

Die Statistik und die Aussagen von GastroSuisse sprechen zwar von rückläufigen Umsätzen, lassen jedoch offen, wie diese tatsächlich zu erklären sind. Es ist nicht eindeutig, ob dafür tatsächlich zurückgehende Besucherzahlen oder vielleicht eine andere Orientierung der Gäste verantwortlich zu machen sind. So sind Fast-Food-Angebote der Schnellrestaurants und einfache Speisen in den Gastrobetrieben nun einmal günstiger als das grosse Vier-Gänge-Menü im Restaurant. Dementsprechend niedriger fallen dann auch insgesamt die Umsätze aus.

Im Gegenzug wäre zu bemerken, dass auch der Aufwand für die Systemgastronomie sicherlich geringer ausfällt als für das Angebot von Restaurants mit aufwendigen À-la-Carte-Angeboten. Dementsprechend ist die Statistik unvollständig, da hier lediglich Umsätze, nicht aber Besucherzahlen und Gewinne aufgelistet werden.

Solche unterschiedlichen Sichtweisen sollten auch dazu führen, die Zahlen gelassener zu bewerten. Sicherlich ist für jede Branche ein Umsatzwachstum erstrebenswert, der Weg dorthin aber oftmals viel interessanter. Was für den einzelnen Gastwirt zählt, ist letztlich der Gewinn. Und der lässt sich an reinen Umsatzzahlen längst noch nicht zuverlässig ablesen.

Irgendetwas stimmt nicht

Dass dennoch irgendetwas im System der Schweizer Gastronomie nicht stimmt, unterstreicht das Beizensterben auf dem offenen Land. Über Jahrzehnte hinweg haben dort eine Vielzahl an Gasthäusern die eine oder andere Krise überlebt und gehen jetzt trotzdem in die Pleite. Woran das liegt, lässt sich hier nicht schlussendlich klären. Eine mögliche Erklärung ist die allgemeine Teuerung, die zwar nicht von den Inflationserwartungen gedeckt wird, dennoch zunehmend um sich greift. Dazu kommt, dass der Schweizer an sich wieder bodenständiger geworden ist. Zu einer solchen Bodenständigkeit gehört eben auch, dass wieder mehr zu Hause im Kreise der Familie gekocht, getrunken und gegessen wird.

 

Oberstes Bild: © Monkey Business Images – Shutterstock.com

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