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Hahnenwasser-Propaganda von Softdrink-Konzernen gesponsert

01.09.2014 |  Von  |  Beitrag

Eine Tagung der Schweizer Gesellschaft für Ernährung (SGE), die von Coca-Cola gesponsort wird? Alleine der inhärente Widerspruch hätte schon genügend Diskussionsstoff geliefert. Die SGE ging allerdings noch einen Schritt weiter und versetzte nicht nur Coca-Cola einen sprichwörtlichen Tiefschlag, sondern auch vielen weiteren ihrer Sponsoren wie Migros, Coop und Nestlé.

Während des von Coca-Cola gesponserten Frühstückssymposiums, welches am 22. August in Bern stattfand, riet die einflussreiche Organisation offen davon ab, Süssgetränke und Mineralwasser zu kaufen. Stattdessen sollten die Schweizer lieber zu Hahnenwasser greifen.

Widersprüchliche Botschaften oder mutiges Vorgehen?

Experten und Beobachter zeigen sich ob dieses Ereignisses erstaunt. Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz empfindet die Botschaften der SGE als widersprüchlich. Zum einen stehe die Organisation grossen Nahrungsmittelherstellern nahe und lasse sich ihre Veranstaltungen beispielsweise von Coca-Cola und Nestlé sponsern, zum anderen gebe sie solche Kauftipps. Andere Experten, wie Michel Rudin vom Konsumentenforum, sehen den Schritt der SGE als „mutig“ an, da sie sich mit solchen Tipps gegen die Interessen gewisser Sponsoren stelle.

Aufseiten der Sponsoren wird die Angelegenheit eher gelassen gesehen. So hat Coca-Cola die Aufforderung der SGE lediglich „zur Kenntnis“ genommen. Oberstes Ziel des Getränke-Konzerns sei es, die Konsumenten frei entscheiden zu lassen, welches Getränk für sie in der jeweiligen Situation das richtige sei. Die Produktpalette sei gross genug und die unterschiedlichen Mineralisierungen beim Mineralwasser würden von den Kunden als attraktive Ergänzung zum Hahnenwasser angesehen. Diese Ansicht teilt auch Nestlé und ergänzt, dass Mineralwasser und Schweizer Trinkwasser nicht in Konkurrenz zueinander ständen.

Fleischkonsum reduzieren

Neben der Propaganda für Hahnenwasser finden sich im neu publizierten Merkblatt der SGE mit dem Titel „Tipps zum nachhaltigen Essen und Trinken“ noch weitere Tipps, die im Bezug auf heutige Einkaufsgewohnheiten ebenso radikal erscheinen. So rät die Organisation zum überwiegenden Konsum pflanzlicher Lebensmittel und einer Reduzierung des Fleischkonsums auf zwei- bis dreimal pro Woche. Zudem sollen die Konsumenten das Auto zu Hause stehen lassen und lieber zu Fuss oder mit dem Velo einkaufen. Ferner sollen sie darauf achten, hauptsächlich Nahrungsmittel aus der Region zu kaufen und überwiegend auf ökologische Produkte zurückgreifen.

Entgegen allen Erwartungen heisst die Fleischindustrie die Tipps der SGE willkommen. Fleisch werde auch weiterhin gerne zubereitet und gelte immer noch als wertvoller Lieferant für Protein, Vitamin B12, Eisen und andere Stoffe, so der Verband Proviande, der auf der Tagung mit dem Leitspruch „Schweizer Fleisch“ warb. Selbst die Aufforderungen, Fleisch nur aus artgerechter Haltung sowie aus regionalen Quellen zu kaufen, finde bei den Schweizer Produzenten Anklang, denn „Klasse statt Masse“ werde auch von ihnen bevorzugt.

 

Oberstes Bild: © ALPO – Shutterstock.com

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