Übler Geruch im Botanischen Garten von Basel: Titanwurz blüht erneut
von Andrea Durst
Es ist ein wahrhaft eindrucksvolles Schauspiel, wenn die exotische Schönheit ihr auffallend braun-rotes Hüllblatt öffnet, aus dessen Mitte der lange Kolben ragt. Weniger angenehm ist der buchstäbliche Leichengeruch, der dann von ihr ausgeht.
Die Basler Titanwurz blüht wieder: Am 28. September begann sich die riesige Blume langsam zu öffnen. Das Spektakel dauert nur wenige Tage, danach fällt die Blüte in sich zusammen. Der Botanische Garten hat für drei Tage seine Öffnungszeiten ausgeweitet, damit viele Besucher das Ereignis bestaunen können.
Die imponierende Pflanze stammt ursprünglich aus Sumatra
In ihrer indonesischen Heimat Sumatra kommt die Titanwurz vor allem in den Regenwäldern des südlichen Teils der Insel vor. Die dort geläufige Bezeichnung Bunga Bangkai bedeutet übersetzt „Leichenblume“. Ein treffender Name – beschreibt er doch exakt den entsetzlichen Geruch, den die Pflanze phasenweise verströmt, sobald ihre Blüte sich voll entfaltet hat. Produziert wird er mit Hilfe verschiedener Gase, die sich in dem auffälligen Kolben in der Blütenmitte befinden. Hier kann die Temperatur bis zu 9 Grad höher liegen als im Rest der Pflanze.
Der penetrante Geruch macht durchaus Sinn: Da die Blüte nur wenige Tage dauert, muss die Pflanze schnell Insekten anlocken, die sie bestäuben. Für Aasbienen und Aaskäfer ist der Gestank ein wohlriechender Duft: Sie ernähren sich von totem Fleisch und legen zum Teil auch ihre Eier dort ab. Genau diesen Geruch imitiert die Titanwurz.
Das Basler Exemplar ist ausgesprochen blühfreudig
Nach 2011 und 2012 blüht die Basler Pflanze bereits zum dritten Mal. Die kurzen Zeitabstände dazwischen sind ungewöhnlich: Normalerweise dauert ein vollständiger Zyklus zwei bis drei Jahre.
Die Titanwurz im Botanischen Garten ist 20 Jahre alt und das einzige blühfähige Exemplar der gesamten Schweiz. Bis eine Pflanze den ersten Blütenstand bilden kann, muss ihr Knollengewicht mindestens 20 Kilogramm betragen. Aktuell wiegt die Knolle in Basel 45 Kilogramm. Bei der diesjährigen Blüte wurde eine Höhe von stolzen 2,55 Metern gemessen.
Basel unternahm 2012 mit gefrorenen Pollen aus dem Botanischen Garten in Bonn einen künstlichen Bestäubungsversuch, der aber fehlschlug. Das Experiment ist 2014 wiederholt worden. Die Pollen stammen dieses Mal aus dem Botanischen Garten in Bayreuth. Ob es geklappt hat, lässt sich jetzt noch nicht sagen.
In den letzten Jahren erzielten die Botanischen Gärten grosse Fortschritte bei der Erforschung der idealen Bedingungen für die Titanwurz. Das ist vermutlich der Grund dafür, dass mehr kultivierte Pflanzen zur Blüte gebracht werden können. Für ein derart aussergewöhnliches Gewächs ist erstaunlich wenig über die Titanwurz bekannt. So gibt es keine Angaben darüber, welches Alter sie erreichen kann, weder in der Natur noch als Kulturpflanze. Einige Botaniker vermuten, dass die Knolle sich teilt, sobald das Gewicht eine Grenze von 100 Kilogramm erreicht.
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