DE | FR | IT

Vetternwirtschaft – millionenschwere Aufträge ohne Ausschreibung

06.10.2014 |  Von  |  Beitrag

Generell sollen Bundesaufträge über eine öffentliche Ausschreibung vergeben werden. Im Jahr 2013 wurden allerdings Aufträge für mehr als eine halbe Milliarde Franken freihändig lanciert. Besonders bedenklich ist dabei, dass über die meisten dieser Mandate keine Details an die Öffentlichkeit gelangen.

Experten und Kritiker sehen in der freihändigen Vergabe von Bundesaufträgen ein grosses Problem, denn sie begünstige Korruption und Vetternwirtschaft. Besonders anschaulich habe sich dies vor Kurzem in der Seco-Affäre gezeigt. Ausserdem werde auf diese Weise der freie Wettbewerb der Anbieter umgangen, was in vielen Fällen sogar dem Gesetz zuwiderlaufe. Aus diesen Gründen verlangt die parlamentarische Oberaufsicht, die Finanzdelegation (FinDel), schon lange nach einer Eindämmung der freihändigen Vergaben – wie sich jetzt zeigte, allerdings ohne Erfolg.

Neue Rekordzahlen

Ganz im Gegenteil haben die freihändigen Vergaben im Jahr 2013 sogar einen Höchststand erreicht. Lag das Volumen in den letzten Jahren noch maximal bei 375 Millionen Franken, so hatten die 378 Vergaben des letzten Jahres einen Gesamtwert von 532 Millionen Franken. Diese Zahlen gehen aus dem aktuellen Bericht der Verwaltung zum Beschaffungscontrolling hervor.

Eine besondere Zunahme verzeichnen die freihändigen Vergaben im Dienstleistungsbereich. Vom Gesamtvolumen der Dienstleistungen (858 Millionen Franken) wurde mehr als ein Drittel im letzten Jahr nicht ausgeschrieben. Hierzu gehören beispielsweise Mandate für PR-Experten, Betriebswirtschaftler oder externe Informatiker.

Viele Aufträge bleiben ein Buch mit sieben Siegeln

Auch in Sachen Transparenz hat sich bei den freihändigen Vergaben öffentlicher Aufträge nichts verändert, obwohl anderslautende Versprechen gegeben wurden und das Gesetz explizit die Bekanntmachung freihändiger Vergaben verlangt. Aber auch im Jahr 2013 wurden lediglich 146 der insgesamt 378 Vergaben publiziert.

Ein neuer Tiefststand wurde zudem bei der Anzahl der freihändigen Mandate erreicht, deren Begründung dokumentiert und juristisch geprüft ist. Trotz der gesetzlichen Vorschrift fehlt bei einem Drittel der Vergaben ein solches Dokument. Ebenso hoch ist die Zahl der Fälle, in denen selbst die Wirtschaftlichkeitsüberlegungen nicht dokumentiert sind.

Auftragsvolumen nicht vorhersagbar

Für Ständerat und FinDel-Präsident Hans Altherr ist diese Situation unhaltbar. Für ihn ist es nicht nachvollziehbar, warum sich nichts ändert, obwohl die FinDel jedes Jahr dieselben Dinge beanstandet. Aus diesem Grund hat die Delegation den Bundesrat auch bereits in der ersten Jahreshälfte gebeten, den Ursachen auf den Grund zu gehen und mögliche Verbesserungsvorschläge zu machen.

Wie der aktuelle Controllingbericht des Bundesamts für Bauten und Logistik (BBL) zeigt, dürften sich auf diesem Wege allerdings keine grundlegenden Veränderungen einstellen. Dort wird nämlich bereits vorbeugend festgehalten, dass die Voraussage künftiger Trendentwicklungen kaum möglich sei. Das Auftragsvolumen, welches in einem freihändigen Verfahren vergeben werden muss, sei laut dem Bericht nicht im Voraus zu planen, geschweige denn zu steuern.

 

Oberstes Bild: © igor.stevanovic – Shutterstock.com

[xcatlist name="beitrag" numberposts=24 thumbnail=yes]