Intrum Justitia – das Geschäft mit der Angst

Betreibung – ein Schreckwort für viele Schweizer, die berechtigt oder unberechtigt mit offenen Forderungen von Telekommunikationsanbietern, Online-Shops oder anderen Unternehmen konfrontiert werden. Zunächst erscheint es sowohl normal als auch legal, dass Gläubiger versuchen, offene Forderungen bei den Schuldnern einzutreiben.

Oftmals aber weder normal noch legal sind die Wege, die unterschiedliche, von den Gläubigern beauftragte Inkasso-Unternehmen gehen. Da wird gedroht, genötigt, erpresst und jahrelang belästigt, selbst dann, wenn Forderungen längst erledigt oder nachweisbar schlicht unberechtigt sind.

Ein unrühmliches Licht auf die ganze Inkasso-Branche wirft das international agierende Inkasso-Unternehmen Intrum Justitia. Sowohl in den Medien als auch in einschlägigen Foren und Blogs wird klar, dass sich dieses Unternehmen gern und immer wieder zweifelhafter Methoden zur Betreibung von Forderungen bedient. Das geht von Betreibungen, in denen nicht einmal der ursprüngliche Gläubiger angegeben ist, bis hin zu Zahlungsaufforderungen, die sich einfach an den falschen Adressaten wenden, beharrlich aber die Forderungen abverlangen.

Inkasso-Unternehmen verdienen an der Armut Millionen

Die Penetranz der Inkasso-Branche ist bekannt, besonders auch die des Unternehmens Intrum Justitia. Wer einmal in den Fokus der Geldeintreiber gerät, wünscht sich nicht selten den öffentlichen Schuldturm oder den Pranger aus dem Mittelalter zurück. Mit einer regelrechten Schwemme von Schreiben überrollt die Inkasso-Wirtschaft die Schuldner und versucht mit oftmals fragwürdigen Methoden, offene Beträge einzutreiben. Das geht von scheinbar netten Vergleichsangeboten über die Möglichkeit, angeblich selbst einen Ratenplan aufstellen zu dürfen, bis hin zur schlichten Nötigung.

Verfänglich dabei ist nicht, dass Intrum Justitia im eigenen Auftrag oder im Auftrag der eigenen Kunden versucht, offene Beträge einzukassieren. Vielmehr ist es die Art und Weise, in der solche Inkasso-Büros Bürger auch noch nach Jahrzehnten mit Forderungen belästigen, die oftmals längst verjährt sind oder wegen offensichtlicher Zahlungsunfähigkeit als Verlust abgeschrieben sind.

Mit der unglaublichen Penetranz, Ignoranz und Arroganz verdienen die Geldeintreiber Jahr für Jahr Millionen Franken. Zum Geschäft gehört besonders bei den Riesen in der Branche das Aufkaufen von Forderungen zur Selbsteintreibung. Der Verfahrensweg ist relativ einfach, die Vorgehensweise nicht immer frei von Zweifeln. So kauft Intrum Justitia beispielsweise von verschiedenen Unternehmen offene Forderungen an Kunden auf. Dabei werden jene zu einem relativ günstigen Preis erworben, der oftmals weit unter der eigentlich offenen Forderung liegt. So kann beispielsweise ein nicht mehr bedienter und danach gekündigter Kredit von einer Bank für etwa die Hälfte der offenen Forderungen aufgekauft werden. Die Bank hält sich damit zumindest zum Teil schadlos, die Inkasso-Unternehmen gehen dann mit der ganzen Forderung wieder auf den eigentlichen Schuldner zu.


Da wird gedroht, genötigt, erpresst und jahrelang belästigt (Bild: © KieferPix – shutterstock.com)

Aufgerechnet werden dann noch Bearbeitungskosten, Zinsen und Zinseszinsen, so dass aus 10’000 Franken eines ursprünglichen Darlehens schnell der dreifache Betrag erwachsen kann. Wenn der Aufkäufer der Forderung davon nur die Hälfte eintreibt, hat er schon gewonnen. Im konkreten Fall etwa 5000 Franken. Daher auch die scheinbaren Vergleichsangebote, die sich auch schon einmal mit der vermeintlichen Hälfte der offenen Forderungen zufriedengeben.

Das Geschäft mit der Angst

Wenn Inkasso-Büros Post an säumige Zahler versenden, dann wissen sie, dass jetzt das Geschäft mit der Angst der kleinen Leute beginnt. Schon mit der ersten Post wird unmissverständlich klargemacht, dass solche Unternehmen wie beispielsweise Intrum Justitia Geld wollen. Möglichst schnell, oftmals exorbitant viel und in der Regel viel mehr, als die eigentliche Forderung ausgemacht hätte. Dabei setzen die Geldeintreiber vor allem auf die Angst. Die beginnt schon dort, wo der Postbote an Privatpersonen die Umschläge mit dem unmissverständlichen Aufdruck der Intrum Justitia verteilt. Jetzt weiss quasi schon der Postbote, dass Schulden ins Haus stehen. Häufen sich solche Briefe innerhalb kurzer Zeit, kann es schon peinlich werden.

Bedrohlicher aber als die öffentliche Wahrnehmung sind die Inhalte der oftmals dubiosen Schreiben. Da werden Leute angeschrieben, deren Enkel eigentlich gemeint sind. Über 30 Jahre alte Forderungen, die längst erledigt geglaubt waren, werden neu aufgelegt, und die unverschämte Penetranz kann nicht nur das individuelle Nervenkostüm angreifen, sondern schlichtweg ganze Existenzen vernichten. Das wissen die Geldeintreiber von Intrum Justitia ganz genau, scheren sich darum allerdings nur einen feuchten Kehricht. Erst dann, wenn die Öffentlichkeit durch Einzelfälle munter und aufmerksam wird, geben solche Inkasso-Unternehmen oftmals klein bei und üben sich dann in vollmundigen, aber fadenscheinigen Erklärungen und Entschuldigungen. Bis dahin gilt: Mit der Angst der kleinen Schuldner lässt sich prima das grosse Geld verdienen.



Politische Massregelung gefragt
Es klingt jetzt fast schon wie Sippenhaft für eine ganze Branche, wenn die Politik zunehmend mit Forderungen nach einer strafferen Regulierung der Inkasso-Unternehmen beauftragt wird. Allerdings wird es dazu höchste Zeit, da sich hier ein Markt etabliert hat, der sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich in einer Grauzone agiert, die kaum zu durchdringen scheint. Ohne klare Regeln wird diese Grauzone bald zu einem Schwarzmarkt der Angst werden. Peinlich, wenn sich Unternehmen, die in unterschiedlichen Abwandlungen das Wort Justitia im Namen führen, rechtlich fragwürdiger Methoden bedienen dürfen. Dann wachsen nämlich auch die Vorbehalte gegenüber dem, was der Schweizer im Allgemeinen unter Recht und Gesetz versteht.

Zum Glück gibt es aber auch völlig seriös arbeitende Inkasso-Unternehmen. Stellt sich für mich die Frage, warum die schwarzen Schafe der Branche so grosse Marktanteile bedienen. Geht da vielleicht doch nicht alles ganz sauber zu?

 

Oberstes Bild: © WavebreakmediaMicro – fotolia.com

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