Lawinen, der weisse Tod – eine leider oft unterschätzte Gefahr
Für die Rettungsmannschaft ist die Bergung der Verschütteten oftmals selbst mit Gefahren verbunden, denn weitere Lawinenabgänge können nicht ausgeschlossen werden. Wenn, wie in diesem Fall, der Helikopter nicht landen kann, erfolgt die Bergung mittels einer Rettungswinde. Der Sportler aus dem genannten Fall wurde mittelschwer verletzt und ins Spital geflogen, wo er sich hoffentlich rasch erholen wird. Gänzlich verhindern können, wird man Lawinenunglücke wohl nie, aber Wintersportgebiete halten alle Augen und Ohren offen, um rechtzeitig zu warnen und notfalls durch Lawinensprengungen das Schlimmste zu verhindern.
Ende November dieses Jahres fand in Andermatt, im Kanton Uri ein Lawinensprengkurs mit über 30 Teilnehmern aus der ganzen Schweiz statt. Die Arbeit mit den Sprengladungen ist nicht ganz gefahrlos und muss deshalb fachmännisch erlernt werden. Neben der korrekten Handhabung braucht es aber auch viel Erfahrung, welche ein Kurs nicht vermitteln kann.
Die Lawinengefahr im Urserntal ist hoch. Ich musste selbst schon ein geplantes Wochenende mit Schneeschuh-Vollmondwanderung absagen, weil ganz Andermatt gesperrt war. Nicht jeder, der teilnehmen wollte, hatte dafür Verständnis. Und genau diese Unvernunft der Schneesportler ist oftmals die Ursache für Unglücke.
Nicht umsonst werden Lawinen auch als „weisser Tod“ bezeichnet. Vielleicht erinnern Sie sich an die furchtbare Lawinenkatastrophe 1999 in Galtür in Österreich. Tiroler Experten hatten eine frühzeitige Evakuierung Galtürs empfohlen, wurden aber nicht erhört. Man hatte einfach nicht damit gerechnet, dass am südexponierten Hang eine Lawine abgehen könnte. Zwar ist Galtür für Lawinenunglücke bekannt, immerhin gab es schon vor 1999 innert 500 Jahren 13 Lawinen mit vielen Todesopfern, aber diese lösten sich alle vom Nordhang. Und dieser war in der Zwischenzeit gesichert worden. Wie unberechenbar die Natur sein kann, mussten die Galtürer schmerzlichst erfahren: Allein im Ort fanden 31 Menschen den Tod, 7 weitere in Valzur.
Auch die Schweiz hatte schon grosse Lawinenkatastrophen zu bewältigen. So wurden beispielsweise mehrere Personen Ende 2009 auf der Alp Kiley in Diemtigtal durch insgesamt zwei Lawinen getötet. Auch ein Notarzt der REGA musste während der Bergungs- und Rettungsarbeiten sein Leben lassen. Er wurde von einer zweiten Lawine erfasst und verstarb am gleichen Tag im Spital. Auf einer Wanderung kam ich mit einem Bewohner der Alp Kiley ins Gespräch und fragte, ob sich die Region auch für Winterwanderungen eigne. So kamen wir letztendlich auch auf die Lawinenkatastrophe zu sprechen.
Offensichtlich zieht es immer mehr Freizeitsportler auf die Alp Kiley. Wer will es ihnen verdenken, es ist ein landschaftliches Paradies! Jedoch, so erzählte mir der Älpler, sind diese Skifahrer nicht an Ratschlägen und Warnungen der Einheimischen interessiert. Auch aufgestellte Warnschilder werden ignoriert. Im Gegenteil gehen die Ortsunkundigen oft Risiken ein, ohne sich bewusst zu machen, dass sie nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das anderer Sportler und der Retter aufs Spiel setzen. Und Ähnliches können wahrscheinlich Bewohner aller Bergregionen berichten.
Auch wenn es noch so verlockend ist, sich abseits der Pisten zu bewegen, Absperrungen zu missachten und jungfräulicher Schnee etwas vom Schönsten überhaupt ist: Vernunft, gute Ausrüstung und ausreichende Vorbereitung sind für den Wintersport unerlässlich!
Ob mit Schneeschuhen oder Ski: Touren lassen sich nicht weit im Voraus planen. Natürlich ist es ärgerlich, wenn man Ferien hat, sich schon lange auf eine Tour freut und genau dann Warnungen ausgesprochen werden. Und genau da liegt das Problem: Leichtsinn, Unvernunft und Unwissen führen dazu, dass die ungünstigen Wetterverhältnisse beiseitegeschoben werden und der Sportler sich bewusst oder unbewusst der Gefahr, in eine Lawine zu geraten, aussetzt. Ich sah selbst schon Warnschilder auf Schneeschuhwegen, die ein Weitergehen wegen hoher Lawinengefahr untersagten, und um diese herum führten Spuren, von ganz besonders „mutigen“ oder dummen Wintersportlern.
Mit einer guten Ausrüstung, mit Lawinen-Airbag und einem Lawinenverschütteten-Suchgerät sind Sie zwar sicherer unterwegs, aber müssten, falls der Notfall eintritt, diese auch bedienen können. Einerseits sollten sie gelernt haben, damit umzugehen, anderseits noch in der Lage dazu sein.
Natürlich soll Ihnen dieser Artikel weder Angst machen, noch die Freude am Wintersport nehmen. Im Gegenteil! Ich weiss selbst, wie viel Freude ein im Schnee verbrachter Tag macht. Wo ich jedoch unsicher bin, vertraue ich jenen, die viel mehr Erfahrung haben, und leiste mir für anspruchsvolle Schneeschuhtouren einen erfahrenen Führer.
Wenn Sie auf eigene Faust zum Wintersport in die Berge reisen möchten, informieren Sie sich am besten einerseits über das aktuelle Wetter und anderseits im Lawinen-Bulletin über die Situation in Ihrem ausgewählten Skigebiet. Das Lawinen-Bulletin ist in fünf Gefahrenstufen unterteilt und unterlegt diese mit entsprechenden Farben. So sehen sie auf einen Blick, wohin Sie unbeschwert reisen können und welche Gebiete jeweils gemieden werden sollen oder gar gesperrt sind. Die geringste Stufe, welche praktisch keine Gefahren birgt, ist Gefahrenstufe 1, grün hinterlegt. Rot bedeutet die höchste Warnstufe und rät dringendst davon ab, hier Ski zu fahren oder auf eine Schneeschuhtour zu gehen.
Abschliessend liste ich Ihnen die wichtigsten Webseiten und Telefonnummer auf:
Die Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung gibt gratis eine Broschüre zum Thema Lawinen ab, diese kann auch auf der Webseite www.bfu.ch runtergeladen werden.
Die Nummern des Lawinen-Bulletin sind Telefon: 187, Fax: 0900 59 20 20, Teletext: 187
Die, ständig aktualisierte Webseite www.slf.ch enthält eine übersichtliche Grafik und umfangreiche Informationen zum Thema. Ich kontaktiere diese Seite im Winter regelmässig und kann sie sehr empfehlen!
Die Telefonnummer der Rettungsflugwacht ist die 1414. Eine Mitgliedschaft möchte ich jeden Bergsportler ans Herz legen!
Vertrauenswürdige Bergführer, welchen diesen Job mit enormen Wissen und viel Begeisterung ausüben, finden Sie auf der Webseite www.4000plus.ch.
Ich wünsche Ihnen viele wundervolle und sichere Stunden in der verschneiten Bergwelt!
Oberstes Bild: © My Good Images – Shutterstock.com