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newsbloggers-Wochenrückblick: Babyboom und wirtschaftliche Sorgen in der Schweiz

13.07.2015 |  Von  |  News

Das Bundesamt für Statistik (BFS) überraschte in der vergangenen Woche mit einer unerwarteten Meldung. Die Schweiz erlebt derzeit – anders als das übrige Europa – einen Babyboom.

Auch die Zahl der Eheschließungen steigt an. Trotzdem würde die Bevölkerung der Schweiz ohne Zuwanderung perspektivisch schrumpfen.

In der Schweizer Wirtschaft machen sich dagegen Zukunftssorgen breit. In einer aktuellen Umfrage zeigten sich vor allem exportorientierte KMUs unerwartet pessimistisch. Neben dem Franken-Hoch könnte sich auch der Börsencrash in China als Bremse für das Wirtschaftswachstum in der Schweiz erweisen – die ersten besorgten Stimmen dazu kamen aus der Uhrenindustrie. Wie das Tauziehen um Griechenland ausgeht, ist auch nach den europäischen Debatten völlig offen. Eine Entscheidung wird nun für Sonntagnacht erwartet. In Kairo starb am vergangenen Freitag mit Omar Sharif eine der grossen Filmlegenden des 20. Jahrhunderts.

Babyboom und mehr Eheschließungen in der Schweiz

Die Schweiz ist anders – das gilt offensichtlich auch für die Entwicklung der Geburtenzahlen. Die wachsende Zahl der Babys in der Eidgenossenschaft ist einzigartig in Europa. Im Jahr 2014 erblickten in der Schweiz rund 85´000 Kinder das Licht der Welt – ein solches Geburtenhoch hatte es seit über 20 Jahren nicht gegeben. Die Geburtenzahlen in der Schweiz steigen bereits seit 2005 kontinuierlich an. 2014 sind sie im Vergleich zum Vorjahr um 3,1 % gewachsen. Auch die Zahl der Eheschliessungen befindet sich auf einem Höhenflug. Im vergangenen Jahr schlossen 41´900 Paare den Bund fürs Leben – 5,3 % mehr als 2013. Die Zahl der eingetragenen Lebenspartnerschaften wuchs um 3,9 % respektive 720 „offizielle“ gleichgeschlechtliche Paare, wobei sich laut BFS vor allem Frauen für diesen Schritt entschieden.

Das Thema des demografischen Wandels in der Schweiz ist damit allerdings noch lange nicht vom Tisch. Zum einen prägen in den nächsten Jahren die geburtenschwachen Jahrgänge der Generation Y den Arbeitsmarkt, zum anderen hat sich die Schweizer Geburtenrate von 1,5 Kindern pro Frau in den letzten Jahren nicht verändert. Bei ihrer ersten Geburt waren Mütter in der Schweiz 2014 im Schnitt 31,7 Jahre alt. Der neue Babyboom hat seine Wurzeln vor allem in der hohen Zuwanderung in die Eidgenossenschaft.


Die Zahl der Eheschliessungen in der Schweiz befindet sich auf einem Höhenflug. (Bild: © kuleczka - shutterstock.com)

Die Zahl der Eheschliessungen in der Schweiz befindet sich auf einem Höhenflug. (Bild: © kuleczka – shutterstock.com)


Bevölkerungszuwachs in der Schweiz – nur durch Zuwanderung gegeben

Laut der aktuellen Bevölkerungsstatistik des BFS ist die Bevölkerung der Schweiz seit 1945 um zwei Millionen Menschen zurückgegangen. Das Bevölkerungswachstum wird schon seit längerer Zeit fast ausschliesslich durch Migrationsbewegungen getrieben. Dagegen hat der Geburtenüberschuss darauf so gut wie keinen Einfluss – in absehbarer Zeit dürfte die Zahl der Todesfälle die Anzahl der Geburten übersteigen.

In der Eidgenossenschaft leben derzeit 8,256 Millionen Menschen. Für das Jahr 2045 hat das BFS zwei verschiedene Bevölkerungsszenarien entworfen – abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz und in der Europäischen Union könnte die Schweiz dann migrationsbedingt zwischen 9,4 und 11 Millionen Einwohner haben. Gleichzeitig schreitet der Alterungsprozess der Schweizer Bevölkerung weiter fort. Heute sind 1,5 Millionen Einwohner über 65 Jahre alt, in 30 Jahren gehören dieser Altersgruppe voraussichtlich 2,7 Millionen Menschen an. Die Lebenserwartung in der Schweiz liegt für Frauen derzeit bei 85,2 Jahren, Männer werden im Durchschnitt 81 Jahre alt.

Schweizer KMUs stellen sich auf Sparmaßnahmen und höhere Preise ein

Eine regelmässige Umfrage des Excellence Centers Switzerland Global Enterprise (S-GE) wies in der letzten Woche aus, dass Schweizer KMUs so pessimistisch in die Zukunft blicken wie noch nie seit dem Beginn der 2011 gestarteten Befragung. Um sich trotz des Franken-Hochs auf den Exportmärkten zu behaupten, wollen die meisten Firmen eine Reihe von Massnahmen ergreifen. An erster Stelle stehen hier vor allem die Optimierung der Beschaffung, aber auch Senkungen der Produktionskosten sowie höhere Preise.


Schweizer KMUs stellen sich auf Sparmaßnahmen und höhere Preise ein (Bild: © Peshkova - shutterstock.com)

Schweizer KMUs stellen sich auf Sparmaßnahmen und höhere Preise ein (Bild: © Peshkova – shutterstock.com)


Im Klartext: Unternehmen, die dafür Möglichkeiten sehen, werden die Produkte von Schweizer Lieferanten durch günstigere Importe ersetzen oder Dienstleistungen im Ausland kaufen. Der wichtigste Exportmarkt für die KMUs ist nach wie vor die Europäische Gemeinschaft. 90 % der befragten Firmen planen, in den kommenden sechs Monaten ihre Produkte dorthin zu exportieren. Die Exportbedeutung der asiatisch-pazifischen Region zeigt einen leichten Aufwärtstrend. Mit 39 % der Nennungen steht China hier an erster Stelle, Japan liegt mit 22 % auf dem zweiten Platz.

Börsencrash in China – mit grossen Risiken für den Schweizer Außenhandel

Im Hinblick auf ihr China-Geschäft können die Schweizer Unternehmen allerdings nur hoffen, dass sich chinesische Unternehmen und Privatverbraucher die Handelsgüter aus der Schweiz auch künftig leisten können. Vor allem durch das am 1. Juli 2014 in Kraft getretene Freihandelsabkommen sind die Schweizer Exporte ins „Reich der Mitte“ zwischen Juli 2014 und Mai 2015 um 3 % gewachsen, im gleichen Zeitraum belief sich das Exportplus in alle anderen Länder auf nur 0,4 %. Die Einfuhren chinesischer Waren in die Schweiz haben um 4,2 % zugelegt, die Gesamtimporte von allen anderen Handelspartnern sind dagegen um 3,9 % zurückgegangen. China ist damit eine äusserst relevante Grösse für die Exportwirtschaft der Schweiz.

Das Platzen der Aktienblase und der aktuelle Börsencrash in China könnten diesen Trend nachhaltig stoppen, nachdem der Schweizer Aussenhandel bereits in den vergangenen Monaten unter der schwächelnden chinesischen Konjunktur zu leiden hatte. Zwar ist es der chinesischen Regierung in der zweiten Wochenhälfte vorerst gelungen, den Abschwung an der Börse aufzuhalten, auch die internationalen Märkte inklusive des Swiss Market Index (SMI) haben sich in dieser Hinsicht leicht beruhigt. Ob dieser Zustand anhält, ist derzeit jedoch nicht abzusehen. Offen bleibt vorerst auch, wie sich die chinesische Realwirtschaft in nächster Zeit entwickelt und ob das Börsen-Desaster politische Folgen nach sich zieht.



Als erste Branche äusserte die Uhrenindustrie Besorgnis über ihre chinesischen Perspektiven. Für die Schweizer Uhrenhersteller sind China und vor allem Hongkong die weltweit wichtigsten Absatzmärkte in allen Preissegmenten inklusive teurer Luxusmarken. Seit dem Beginn des Jahres sind ihre Ausfuhren nach Hongkong – auch wegen neuer Anti-Korruptionsgesetze, die das Verschenken von Luxusartikeln untersagen – bereits um 19 % gesunken.

Letzter Akt für Griechenland und die Euro-Zone?

Neben dem Börsencrash in China war in der vergangenen Woche das Tauziehen um Griechenland das dominante internationale Thema – möglicherweise hat in Brüssel inzwischen tatsächlich der letzte Akt begonnen, der durchaus in den „Grexit“ führen könnte. Die griechische Regierung hat am Mittwoch neue Reformvorschläge in Brüssel eingereicht, trifft seitens der Euro-Länder jedoch auf massive Widerstände. Bei den Treffen der Finanzminister und der Regierungschefs der Euro-Zone sprachen sich neben Deutschland auch mehrere nord- und osteuropäische Länder gegen weitere Zugeständnisse an die Griechen aus.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble plädiert inzwischen offen für einen mindestens temporären Austritt-Griechenlands aus dem Euro, falls Griechenland nicht zu einer umfassenden Änderung seiner Reformpolitik bereit ist und einer treuhänderischen Verwaltung von grösseren Teilen seines verbliebenen Staatsvermögens zustimmt. Der ursprünglich für Sonntagabend angesetzte Sonder-Gipfel aller 28 Mitgliedsstaaten der EU wurde inzwischen abgesagt, was allerdings auch ein positives Zeichen sein kann, da über den „Grexit“ dieses Gremium entscheiden müsste. Die 19 Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten wollen dagegen ab Sonntag 16 Uhr so lange tagen, bis die Gespräche tatsächlich abgeschlossen sind – wie realistisch diese Planung ist, wird sich spätestens in den Montagmorgen-Nachrichten zeigen.


Die griechische Regierung hat am Mittwoch neue Reformvorschläge in Brüssel eingereicht. (Bild: © fotomek - fotolia.com)

Die griechische Regierung hat am Mittwoch neue Reformvorschläge in Brüssel eingereicht. (Bild: © fotomek – fotolia.com)


Tod einer Filmlegende – Omar Sharif starb in Kairo

Am 10. Juli 2015 starb der weltbekannte Schauspieler Omar Sharif in Kairo im Alter von 83 Jahren an einem Herzinfarkt. Geboren wurde er 1932 im ägyptischen Alexandria. Sein Filmdebüt hatte er 1953 in Youssef Chahines Film „The Blazing Sun“. Seine Filmpartnerin Faten Hamama wurde zwei Jahre später seine Ehefrau. Nach über 20 ägyptischen Filmproduktionen folgte mit der Rolle des Sherif Ali in „Lawrence von Arabien“ der internationale Durchbruch. Omar Sharif erhielt dafür einen Golden Globe und wurde als bester Nebendarsteller für einen Oscar nominiert. Auch seine Darstellung des „Doktor Schiwago“ in der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Boris Pasternak ist bis heute unvergessen.

Nach verschiedenen Rollen in weniger hochkarätigen Produktionen erlebte er 2003 ein Comeback im französischen Film „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“. Ein Jahr später wurde er dafür mit dem französischen Filmpreis César als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Neben seiner Filmkarriere gründete Omar Sharif schon vor Jahrzehnten sein eigenes Bridge-Team und wurde 1973 Bridge-Weltmeister. Die ägyptische Revolution des Jahres 2011 begrüsste er trotz seiner Herkunft aus der Oberschicht Ägyptens.



Im Mai 2015 teilte sein Sohn Tarek mit, dass sein Vater an Alzheimer erkrankt ist. Die Ehe zwischen Omar Sharif und Faten Hamama endete 1974, geheiratet hat er danach nie wieder. Mit ihrem Tod am 17. Januar 2015 ging ihm Faten Hamama – selbst eine ägyptische Filmlegende – nur um wenige Monate voraus.

 

Oberstes Bild: © kolinko_tanya – fotolia.com