Kontrollen: grössere Mängel in 200 Berner Betrieben
von Samuel Nies
Im letzten Jahr haben die Lebensmittelkontrolleure im Kanton 5900 Käsereien, Metzgereien, Bäckereien, Restaurants und Landwirtschaftsbetriebe inspiziert.
Bei den meisten gab es nur Kleinigkeiten zu beanstanden, bei rund 200 Betrieben waren die Mängel aber grösser.
122 Strafanzeigen wurden gegen fehlbare Betriebe eingereicht, deutlich mehr als im Vorjahr mit 70. Das Kantonale Labor erklärt diese Zunahme zum einen damit, dass mehr Betriebe nach einer erneuten Kontrolle angezeigt werden mussten. Zum anderen wurden im Labor Personalvakanzen wieder besetzt, wie die Gesundheits- und Fürsorgedirektion in einer Mitteilung vom Freitag schreibt.
Die häufigsten Mängel in den kontrollierten Betrieben betreffen die Selbstkontrolle, die Hygiene, fehlende Kennzeichnungen oder zu hohe Lagertemperaturen von vorgekochten Speisen.
Rahmbläser schlecht gereinigt
Unter anderem nahm das Labor Proben von Milch und Rahm und stellte fest, dass die Verbrauchsfristen in Einzelfällen „nach Gutdünken“ festgelegt werden. Verbrauchsfristen für Produkte die unter industriellen Bedingungen verarbeitet würden, könnten zum Beispiel nicht einfach auf Bauernbetriebe mit kleinem Ausstoss übertragen werden.
Eine „Problemzone“ bei Bäckereien und Tearooms sind Rahmbläser und Schlagrahmautomaten. Hier fanden die Kontrolleure ungenügend gereinigte oder desinfizierte Geräte oder Rahm, der zu lange in der Maschine war.
Pferdefleisch in der Cervelatwurst
Auch Metzgereien erhielten unangekündigten Besuch der Lebensmittelkontrolleure. Vergleichsweise häufig beanstandet wurden Brühwürste, also beispielsweise Bratwürste. Beim Brühen wurde oft keine genügend hohe Kerntemperatur erreicht.
Das Labor kontrollierte auch vier Kalbsbratwürste und eine Cervelat auf deren Fleischmix. Eine der Kalbsbratwürste tat ihrem Namen keine Ehre an, denn sie bestand zu mehr als der Hälfte aus Schweinefleisch.
In der Cervelat, die laut Fleischfachverband aus Rind- und Schweinefleisch besteht, fanden die Kontrolleure einen hohen Anteil an Pferdefleisch. Die Wurst dürfte unter diesen Umständen nicht mehr Cervelat genannt werden.
Bei einem Weinproduzenten fanden die Kontrolleure einen Berner AOC-Wein mit Lagebezeichnung, für den ein illegaler Verschnitt mit Weinen aus den Kantonen Wallis und Schaffhausen verwendet wurde, wie aus dem Jahresbericht des Labors hervorgeht. Der beanstandete Wein wurde deklassiert.
Hochzeit mit Nachwirkungen
Der Jahresbericht weiss auch von einer sehr unangenehmen Sache zu berichten: Nach einem Hochzeitsfest erkrankte die Mehrheit der Gäste, inklusive Brautpaar, an Brechdurchfall und Fieber.
Der naheliegende Verdacht, dass die am Fest servierten Muscheln nicht einwandfrei waren, bestätigte sich indessen nicht. Die Gäste hatten einen Norovirus eingefangen, der von Person zu Person übertragen wird, beispielsweise beim Händeschütteln, umarmen oder küssen.
Kinderbädli geschlossen
Zur Aufgabe der Kontrolleure gehören auch Inspektionen in Bädern. Der prächtige Sommer bescherte den Freibädern riesigen Andrang. Dementsprechend liefen die Betriebe mitunter personell am Limit, wie im Jahresbericht des Kantonalen Labors steht.
Dies war denn auch der Grund, warum die Kontrolleure noch während ihrer Inspektion ein Kinderplanschbecken schlossen. Die Chloranlage funktionierte nicht und die Abläufe waren verstopft. Das Badewasser war stark mit Fäkalbakterien verkeimt. Der im Volksmund für Kinderbecken verwendete Ausdruck „Bisibädli“ dürfte in diesem Fall wohl zutreffend gewesen sein.
Erfreulicherweise konnte aber die Mehrheit der Bäder jederzeit eine einwandfreie Wasserqualität sicherstellen, schreibt das Labor weiter.
Artikel von: sda/it via htr.ch
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