Ozeane sind Seismograph für CO2-Belastung
von Sorin Barbuta
Die Weltmeere kränkeln. Ihr Zustand ist ein Resultat der globalen Energienutzung. Zum einen führt die Störung des empfindlichen meeresbiologischen Gleichgewichts dazu, dass Korallensterben oder Ozeanversauerung immer grössere Areale bedrohen. Zum anderen mangelt es in Politik und Gesellschaft nach wie vor am nötigen Problembewusstsein.
Zu dieser wenig begeisternden Feststellung kommt der Energieforscher Jeffrey Michel. Er fordert die Definition von Kohlendioxid (CO2) als Umweltschadstoff und den Einsatz von intelligenten Stromzählern ein.
„Die anhaltende Abnahme des pH-Werts in den Weltmeeren schreitet inzwischen mit der 100-fachen Geschwindigkeit früherer Jahrmillionen voran. Die Ozeane sind damit zum Seismographen für die CO2-Belastungen der globalen Energiewirtschaft geworden“, fasst Michel zusammen.
Für den Experten, der bereits mehrere deutsche Kommunen in Energiefragen beraten hat und 2005 vom WWF für sein Engagement im sächsischen Braunkohleort Heuersdorf zum „Climate Hero“ gekürt wurde, sind die Meere daher ein „Spiegel unserer modernen Zivilisation“. „Diesem Spiegel bleibt nichts verborgen. Jeder Zugriff auf fossile Brennstoffe endet als CO2-Niederschrift in den Meeren“, so Michel.
Kohlendioxid als Umweltschadstoff
Für den Fachmann ist es nur logisch, die Senkung des CO2-Ausstosses zum zukunftspolitischen Hauptziel zu erklären. Doch die Realität sehe anders aus: „Allein die fossile Energiewirtschaft Deutschlands entlässt über 800 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr in die Erdatmosphäre“, so Michel. „Unbemerkt trägt auch die Biomasseverbrennung zur Ozeanversauerung bei.“
Trotzdem werde Kohlendioxid in Europa noch nicht als Umweltschadstoff anerkannt – obwohl das in den USA seit 2012 rechtsverbindlich ist. „Die Definition des US-Umweltministeriums EPA sollte zum Massstab aller zukünftigen CO2-Reduktionsstrategien erhoben werden“, fordert er.
Damit steht der Energieforscher nicht alleine da. Bereits 2014 hat die Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag einen Antrag eingebracht, der eine Definition von CO2 als Umweltgift und einen geordneten Ausstieg aus der Kohleverstromung vorsieht.
Ziel war es, bis 2020 mindestens 60 Mio. Tonnen des Treibhausgases zusätzlich einzusparen. „Leider wurde der Antrag am 29. Januar von der parlamentarischen Mehrheit abgelehnt. Ein Erkenntniswandel der politischen Verantwortlichen ist hier wohl überfällig“, resümiert Michel.
Aufklärung tut not
Aber auch jeder einzelne Bürger könne seinen Teil zum Schutz der Meere und damit des gesamten globalen Ökosystems beitragen. Oftmals fehle es allerdings am nötigen Problembewusstsein innerhalb der Bevölkerung, wie der Experte feststellt: „Kaum jemand ist sich im Klaren darüber, dass etwa nicht nur das eigene Auto, sondern auch das Internet einen enormen Energieverbrauch verursachen. Dabei benötigt das Web weltweit gerechnet mehr Strom als Japan und Deutschland zusammen. Hier braucht es dringend Aufklärungskampagnen.“
Eine vielversprechende Möglichkeit, um den Energieverbrauch im Eigenheim nachhaltiger zu führen, sieht Michel vor allem in der alltäglichen Nutzung intelligenter Verbrauchszähler. „Wir müssen uns auf eine zunehmende Verknappung von Energie- und Umweltressourcen einstellen. Durch digitale Stromzähler lässt sich der Energieverbrauch im Haushalt wesentlich einfacher kontrollieren und interaktiv nochmals verbessern“, ist der Forscher überzeugt.
Die in Deutschland noch immer gängige Praxis einer jährlichen Stromzählerablesung sei denkbar ungeeignet dazu. „Bereits durch eine monatliche Ablesung liessen sich erfahrungsgemäss Stromeinsparergebnisse von mehreren Prozent erzielen. Welcher Autofahrer würde schliesslich eine Tankquittung nur einmal im Jahr akzeptieren?“, fragt Michel abschliessend.
Artikel von: pressetext.com
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