Wie gross sind die Unterschiede beim Erwerb von Palmöl?

Bei der Beschaffung von zertifiziertem Palmöl nehmen drei von sechs Schweizer Unternehmen international eine Vorreiterrolle ein. Eine solche Bewertung erfolgt nach den Kriterien des Roundtable on Sustainable Palmoil (RSPO). Das aktuelle Palmöl-Rating des WWF International zeigt aber auch: Bei vielen Firmen weicht die Realität gravierend von den eingegangenen Verpflichtungen ab.

Im neusten Palmöl-Rating hat der WWF erstmals überprüft, zu welchen Zielen sich Unternehmen bei der Beschaffung von ökologisch und sozial verträglichem Palmöl, Palmkernöl und Palmölderivaten verpflichtet haben und wie weit diese Ziele erreicht wurden. Das Rating umfasst weltweit 137 Unternehmen, davon sechs mit Sitz in der Schweiz.

WWF-Experte Matthias Diemer bilanziert im Vergleich zum letzten Rating aus dem Jahr 2013: „Die Unternehmen setzen vermehrt auf physisch zertifiziertes Öl gemäss RSPO. Das ist eine gute Entwicklung. Noch nicht zufriedenstellend ist die Situation beim Palmkernöl und bei Derivaten.“

Schweizer Unternehmen auf gutem Weg

Coop und Migros waren schon in den letzten Jahren international an der Spitze und schaffen es auch in diesem Rating auf die maximale Punktezahl von 9. Ebenfalls mit 9 Punkten schneidet Lindt & Sprüngli ab. Grund für die gute Bewertung ist die Erreichung von 100 Prozent RSPO-zertifizierten Palmölprodukten mit einem hohen Erreichungsgrad für physisches Palmöl. Allerdings setzen alle drei Unternehmen bei Derivaten und Palmkernöl immer noch zu sehr auf den Handel mit Zertifikaten (Book&Claim). Dies bedeutet, dass im Endprodukt kein physisch zertifiziertes Material enthalten ist.



Ziele noch nicht erreicht

Die anderen drei Schweizer Unternehmen liegen klar zurück. Nestlé (6 Punkte) hatte sein deklariertes Umstellungsziel (100% RSPO-zertifizierte Palmölprodukte bis 2013) per 2013 zwar fast erreicht. Seither verzichtet das Unternehmen jedoch auf den Kauf von Zertifikaten. In der Übergangsphase bis zu 100 Prozent physischem Palmöl sind Zertifikate allerdings sinnvoll, da sie die Nachfrage nach zertifiziertem Palmöl aufrechterhalten.

Das aktuelle Rating zeigt, dass Nestlé per Ende 2015 erst knapp ein Viertel seiner Palmöl-Beschaffung zertifiziert hat. Mit einem Bedarf von 417’000 Tonnen Palmölprodukten pro Jahr ist Nestlé einer der weltweit grössten Käufer. Eine vollständige Umstellung ist damit umso wichtiger.

Der Schokolade-Gigant Barry Callebaut (6 Punkte) ist auf dem Weg, allerdings sind seine Umstellungsziele (100% RSPO-zertifizierte Palmölprodukte bis 2020) wenig ehrgeizig. Hier erwartet der WWF ambitioniertere Ziele und eine zügige Umsetzung. Das Chemieunternehmen Clariant (4 Punkte) ist das erste Mal im internationalen Rating mit dabei.

Wenn es seine Verpflichtung (100% RSPO-zertifizierte Palmölprodukte bis 2016) erreichen will, muss es bis Ende Jahr faktisch die gesamte Beschaffung umstellen, was noch erhebliche Anstrengungen braucht.

Die Bewertungen des Palmöl-Ratings basieren auf den Anforderungen des RSPO. „Die RSPO-Kriterien setzen wir als minimalen Anspruch voraus. Wirklich innovative und verantwortungsbewusste Unternehmen gehen aber einen Schritt weiter und setzen für sich und ihre Lieferanten Kriterien, die über jene von RSPO hinausgehen – so wie es Mitglieder der Palm Oil Innovation Group (POIG) tun“, so Diemer.

Hintergrundinformationen:

Palmölprodukte:

  • Palmöl (auch Palmfett): wird aus dem Fruchtfleisch der Palmfrüchte gewonnen
  • Palmkernöl: wird aus den Kernen der Ölfrüchte gewonnen
  • Palmölderivate: Zwischenprodukte auf der Basis von Palmöl.

Warenflüsse:

Zertifiziertes Palmöl gemäss RSPO ist über vier verschiedene Warenflüsse verfügbar: Identity Preserved, Segregated, Mass Balance, Book & Claim.

Informationen zur POIG:

In der POIG (Palm Oil Innovation Group) sitzen neben dem WWF auch NGOs wie Greenpeace und Rainforest Action Network, sowie eine Reihe von progressiven Unternehmen. Ziel der POIG ist es, auf dem RSPO aufbauende weiterführende Kriterien im Palmöl-Anbau umzusetzen und innovative Ansätze zu fördern.

Darum unterstützt der WWF RSPO-Palmöl:

Palmöl ist ein äusserst ertragreiches Pflanzenöl. Die Pflanze ist mit 3,7 Tonnen Öl pro Hektar fünfmal so produktiv wie Raps, Kokos, Sonnenblume oder Soja. Um Palmöl zu ersetzen müssten deutlich grössere Flächen mit anderen Ölsaaten bepflanzt werden, mit entsprechenden negativen Umweltwirkungen, beispielsweise einem Anstieg der Treibhausgasemissionen und einer Zunahme der Gefährdung von Tier- und Pflanzenarten. Palmöl per se ist nicht schlecht. Es ist die Art des Anbaus, auf die es ankommt.

Ausführliche Informationen zu diesem Thema finden Sie unter www.wwf.ch.

 

Artikel von: WWF Schweiz
Artikelbild: © KYTan – Shutterstock.com

MEHR LESEN