Welt-Toiletten-Tag weist auf die essentielle Bedeutung von Toiletten hin
Wichtig für das Wirtschaftswachstum ist auch eine ausreichende Versorgung mit Toiletten. Fehlen sie, so ist die Leistung einzelner Mitarbeiter gebremst.
Der Welt-Toiletten-Tag der Vereinten Nationen am 19. November 2016 rückt diesen Tatbestand ins öffentliche Bewusstsein. Der Bau von Toiletten und Duschen in Äthiopien durch die Stiftung Menschen für Menschen Schweiz trägt zur nachhaltigen Entwicklung bei.
Was sind die grössten Erfindungen der Menschheit? Sicherlich: das Rad, der Buchdruck, das Penicillin. Doch auch die Toilette gehört in diese Reihe. Denn wahrscheinlich hat keine andere Erfindung so viele Menschenleben gerettet.
Das Wasserklosett existiert erst seit knapp 250 Jahren. Im Jahre 1775 erfand der Brite Alexander Cumming die Toilette mit der hygienischen Wasserspülung. In der Schweiz schicken wir pro Person und Tag im Schnitt 41 Liter durch den Abfluss.
Wenn wir die Spülung betätigen, denken wir kaum daran, welchen Luxus dies für einen grossen Teil der Menschheit darstellt: Jeder dritte Mensch auf der Erde hat keinen Zugang zu einer Toilette. Jeder zehnte Mensch kann nicht einmal eine einfachste Latrine benutzen – sondern muss seine Notdurft im Freien verrichten.
Doch wo Toiletten fehlen, haben lebensbedrohliche Krankheiten leichtes Spiel, vor allem bei den kleinsten Kindern. Täglich sterben nach Angaben der UN weltweit rund 1.000 Kinder an Durchfallerkrankungen, meist in den Entwicklungsländern.
Daneben bremst eine fehlende Sanitärversorgung die ökonomische Entwicklung – jeder einzelnen Familie und ganzer Volkswirtschaften. Arme Familien leiden besonders unter der Last der Kosten für die Behandlung von Krankheiten. Und wenn Mitarbeiter krank werden, erfahren die Unternehmen Fehlzeiten und mangelnde Produktivität. Volkswirtschaften in Entwicklungsländern verlieren so bis zu fünf Prozent ihres Bruttonationalprodukts. Darauf weisen die Vereinten Nationen zum „Welttoilettentag“ am 19. November hin.
Auch in der äthiopischen 50.000-Einwohner-Stadt Shewarobit fehlt eine moderne Sanitärversorgung. In den Armenvierteln schätzt sich glücklich, wer ein einfaches Plumpsklo hat. 30 Prozent der Bevölkerung ist nicht einmal das vergönnt. Bislang mussten sich die ärmsten Familien auf unwürdige Weise erleichtern, etwa mit Hilfe alter Konservendosen. Oder sie gingen zum nahen Fluss, um dort ihre Notdurft zu verrichten.
So wie die Familie von Berke Endress, 27. Weil es ebenso an Zugang zu ausreichend Trinkwasser fehlt, wusch die Mutter ihre Tochter Rabia, 5, und ihren Sohn Bilal, 2, bis vor kurzem auch im Fluss. „Das Wasser verursachte Hautjucken, aber wo sonst sollten wir uns waschen?“, sagt die Mutter. „Zu unserem grossen Glück ist das jetzt vorbei.“
Ihre Familie gehört zu den ersten Nutzern der gemeinschaftlichen Sanitäranlagen, die Menschen für Menschen Schweiz in den Armensiedlungen der Stadt errichtet. Jeweils vier Familien teilen sich den Schlüssel zu einer Toilettenkabine, jeweils sechs Familien nutzen eine Duschkabine.
„Es ist ganz wunderbar“, erzählt Berke Endress, deren Mann als Bauer und Tagelöhner arbeitet. „Die Kinder sind nicht mehr krank, wir haben dadurch weniger Kosten und wir können uns auf unsere Arbeit konzentrieren.“
Zahlreiche Studien haben bereits den erstaunlichen wirtschaftlichen Nutzen von Sanitäranlagen dokumentiert. Demnach schafft jeder in Sanitäranlagen investierte Franken laut den Vereinten Nationen einen Ertrag von mindestens fünf Franken. Einfach, weil die Menschen weniger Gesundheitskosten haben und sich mit voller Kraft auf ihre Arbeit konzentrieren können.
Gleichzeitig können der Ausbau und die Wartung von Sanitäranlagen zu einem Job-Motor in den Entwicklungsländern werden. Studien gehen weltweit von einem 50-Milliarden-Dollar-Bedarf aus. In Shewarobit hat Menschen für Menschen Schweiz bereits langfristige Arbeitsplätze in zwei sogenannten WASH-Cafés geschaffen. Die Abkürzung steht für „Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene“.
In den Cafés können die Besucher nicht nur essen und trinken, sondern gegen eine kleine Gebühr auch Toiletten und Duschen benutzen. Betrieben werden die Cafés von Kooperativen besonders armen Frauen, die als Ungelernte bislang keine Chance auf eine Arbeitsstelle hatten. Innovativer Nebeneffekt: Die Abwässer werden in Tanks gesammelt. Das dort entstehende Biogas wird für die Küchenherde der Cafés genutzt.
„Es mag leichter fallen, für Brunnen Geld zu spenden als für Toiletten. Aber wir gehen das Problem, über das mancher lieber verschämt schweigt, dennoch an“, sagt Josefine Kamm, Geschäftsführerin von Menschen für Menschen Schweiz. „Weil wir überzeugt sind, dass wir so Frauen und die Wirtschaft fördern können. Und weil alle Menschen ein Leben in Gesundheit und Würde verdienen.“
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Artikel von: Stiftung Menschen für Menschen Schweiz
Artikelbild: © tiftung Menschen für Menschen Schweiz