belästigt.ch: Neues Beratungsangebot bei sexueller Belästigung (Video)
Sexuelle und sexistische Belästigung am Arbeitsplatz ist eine oft tabuisierte Realität. Bis heute zögern viele Belästigte, Unterstützung zu holen – trotz klarer gesetzlicher Schutzbestimmungen. Mit belästigt.ch gibt es ab dem 1. Juli 2017 für die Deutsch-Schweiz ein neues, professionelles Online-Erstberatungsangebot.
Ratsuchende werden ermutigt, ihre Story zu erzählen und sich zu wehren.
#Das Gleichstellungsgesetz, seit 1996 in Kraft, verbietet Diskriminierung im Erwerbsleben; sei es bei der Anstellung, beim Lohn, bei der Weiterbildung, bei der Kündigung oder durch sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.
Zu letzterer geht am 1. Juli 2017, zum „Geburtstag“ des Gleichstellungsgesetzes, das Informations- und Beratungsportal belästigt.ch online. Initiiert wurde das Portal von den vier Trägerorganisationen Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich, Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner, frauenberatung: sexuelle gewalt zürich und Gewerkschaft Unia. Die Umsetzung des Projekts erfolgt mittels Finanzhilfen des Bundes nach Gleichstellungsgesetz.
Das Unwissen ist gross – Prävention könnte vieles verhindern
Die Hürde, sich bei sexueller Belästigung mit einer Beratungsstelle oder Vertrauensperson in Verbindung zu setzen, ist noch immer sehr hoch. Resultat: Wenn sich Belästigte an Fachpersonen wenden, ist die Situation in den meisten Fällen bereits stark eskaliert und verfahren. Entsprechend komplex sind die Fälle der dann meist langwierigen und schwierigen Beratungen und Vermittlungen.
Dabei zeigte die letzte repräsentative Erhebung im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP 60, dass ein knappes Drittel der Befragten in den vorangehenden zwölf Monaten sexuelle Belästigung erlebt hatte. 6,5 Prozent dieser Frauen und Männer bezeichneten das Erlebte klar als sexuelle Belästigung und als störend und unangenehm.
Auch die Erfahrungen der Trägerorganisationen im Bereich sexuelle und sexistische Belästigung bestätigen: Gerade subtile Handlungen wie taxierende, anzügliche Blicke, die vielleicht im ersten Moment harmlos wirken, werden im Arbeitsalltag zu einer echten Belastung für die Betroffenen, wenn nichts dagegen unternommen wird. Belästigte fürchten oft negative Konsequenzen für ihr Arbeitsverhältnis, wenn sie sich mit der erlebten sexuellen oder sexistischen Belästigung an ihre Vorgesetzten wenden.
Wenn sie es trotzdem tun, kommt es nicht selten vor, dass einer belästigten Person angeboten wird, innerhalb des Unternehmens versetzt oder sogar freigestellt zu werden – obwohl das gemäss Gleichstellungsgesetz klar falsch ist: Die belästigte Person muss vom Arbeitgeber nicht nur geschützt werden – es dürfen ihr aus den Schutzmassnahmen auch keine Nachteile für ihre berufliche und private Zukunft entstehen.
Auch Wissenslücken hinsichtlich der Präventions-, Schutz-, und Handlungspflichten von Arbeitgebenden führen zu Unsicherheit bis hin zur Vogel-Strauss-Taktik, wenn ein Fall auf dem Tisch liegt. Aber bereits präventive Massnahmen, wie sie das Gesetz vorschreibt, können ermutigende Signale an Belästigte senden.
Das neue Online-Erstberatungsangebot füllt eine Lücke
Das neue Online-Erstberatungsangebot von belästigt.ch füllt eine Lücke: Das Angebot ist niederschwellig und für alle zugänglich. Angestellte aller Branchen und Berufe können sich an belästigt.ch wenden. Das Beratungsteam beantwortet elektronisch erste Fragen der Rat-suchenden innerhalb von drei Arbeitstagen in verschiedenen Sprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Bosnisch, Kroatisch, Serbisch), zeigt mögliche Handlungsoptionen auf und vermittelt Adressen beispielsweise für eine ausführlichere persönliche Beratung. Alle Anfragen werden absolut vertraulich behandelt.
Während der Sommerwochen ist auf belästigt.ch ein Kampagnenvideo aufgeschaltet. Weitere Videos, Informationen und Beispiele werden ab dem 21. August 2017, wenn viele Arbeitnehmende aus den Sommerferien zurück sind, online verfügbar sein.
Weitere Informationen: www.belaestigt.ch
Quelle: Stadt Zürich, Fachstelle für Gleichstellung
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