Warum fahren die Temperaturen in letzter Zeit Achterbahn?
Aufkeimende Frühlingsgefühle, dann wieder derbe Temperaturrücksetzer – dieses Muster zeigt sich schon seit etlichen Wochen. Auch dieser April begann noch frühsommerlich warm, inzwischen finden wir uns durch einen Ausbruch arktischer Kaltluft in einem spätwinterlichen Ambiente wieder.
Ist das normal?
Die Antwort ist „ja, aber…“! Die Ausprägung seit Anfang Februar ist doch eher speziell. Wir erleben einen stetigen Wechsel von kalten Phasen, hin zu überdurchschnittlich milden beziehungsweise warmen Tagen, wobei dabei oft das für Jahreszeit mögliche Maximum ausgereizt wurde – Ende März fielen beispielsweise einige Monatsrekorde.
Die Ursache für diese grosse Schwankungsbreite ist ein schwach ausgeprägter und stark mäandernden Jetstream. Und das wiederum liegt an einem gestörten Polarwirbel. Der Polarwirbel ist ein sogenanntes Höhentief, welches sich jeweils im Winterhalbjahr über dem Nord- und Südpol bildet. Der Grossteil des Wettergeschehens findet in der Troposphäre statt, ihre Höhe variiert zwischen 6 und 8 Kilometern an den Polen sowie bis zu 18 Kilometern über dem Äquator. In ihr ist der Grossteil des Wasserdampfs enthalten, die Temperatur nimmt mit der Höhe stetig ab. An ihrem oberen Ende wird sie von der Tropopause begrenzt, hier erreichen die Temperaturen ein Minimum. Darüber folgt die Stratosphäre. In ihrem unteren Bereich bleibt die Temperatur zunächst konstant, beginnt dann aber mit der Höhe wieder zu steigen.
Dies liegt an der hier beheimateten Ozonschicht, in der durch die UV-Absorption Wärme freigesetzt wird.
Im Winter kommt dieser Prozess allerdings zum Erliegen, da in der Polarnacht kein Sonnenlicht die hohen Breiten mehr erreicht. Die Stratosphäre kühlt in der Folge stark ab. So bildet sich ein kräftiges Höhentief, ein mächtiger abgeschlossener Kaltluftkörper in der oberen Troposphäre und der Stratosphäre. Bei einem gut ausgeprägten und quasi „gesunden“ Polarwirbel ist dieser abgeschlossen und durch einen starken Jetstream nach aussen abgegrenzt – die Kaltluft ist darin gefangen. Das Resultat ist es ein Westwind-Strömungsmuster mit darin eingelagerten Sturmtiefs, welche bei uns typischerweise vom Nordatlantik über die Britischen Inseln nach Skandinavien ziehen. Manchmal greifen sie etwas weiter südwärts aus und äussern sich dann auch in unseren Breiten in Form von Winterstürmen. Solche Winter sind bei uns eher mild, aber niederschlagsreich. Die Schwankungsbreite der Temperaturen ist weniger gross.
In diesem Jahr aber ist der Polarwirbel unorganisiert und zerfleddert, zum Teil auch geteilt – ein sogenannter Polarwirbelsplit. Dabei findet sich die kälteste Luft nicht in der unmittelbaren Polregion, sondern aufgeteilt in mehrere Zentren in den Randbereichen. Der Jetstream ist schwächer und mäandert stark. Zwischen diesen Zentren wird relativ warme Luft bis in die Polregion geführt, als Ausgleich gibt es rund um die Nordhalbkugel zum Teil starke Kaltluftvorstösse bis weit nach Süden. Aktuell liegen wir im Bereich einer solchen Kaltluftzunge.
In den kommenden Tagen dauert die Achterbahnfahrt der Temperaturen weiter an. Morgen Donnerstag kommen wir in den Einflussbereich eines Hochs, die Luft im Alpenraum wird abgetrocknet und die Temperaturen beginnen in allen Höhen anzusteigen. Am Freitag und am Wochenende stellt sich eine föhnige Südwestströmung ein, die Temperaturkurve zeigt weiter nach oben. Am Sonntag kommen wir schliesslich wieder in den Bereich der 20-Grad-Marke, und dies nicht nur in den Föhntälern. Die Nullgradgrenze steigt auf über 2500 Meter. Aus heutiger Sicht erfasst und aber leider Anfang nächster Woche der nächste Schwall kühler Luft.
Grafiken finden sich hier.
Quelle: MeteoNews
Titelbild: Leonid Ikan – shutterstock.com