Kapo Bern: Wie wird man Seepolizist und Einsatztaucher?
Bei der Kantonspolizei Bern gibt es verschiedene spezielle Tätigkeitsbereiche. Wie wird man zum Beispiel Seepolizist, und was tut eigentlich ein Polizeieinsatztaucher? Ein Mitarbeiter erzählt von seinen Erfahrungen.
Ich war schon mehrere Jahre bei der stationierten Polizei, als ich mich für eine Weiterbildung zum Seepolizist entschieden habe. Zusätzlich zum gängigen Bewerbungsverfahren werden in rund 16°C kaltem Wasser verschiedene Disziplinen getestet: Distanzschwimmen (mit und ohne Taucherbrille, Schnorchel und Flossen), Schnellschwimmen und Streckentauchen. Diese Disziplinen entsprechen dem jährlichen Schwimmtest der Seepolizei. Die Leistungen, die man dabei erbringen muss, unterliegen strengen Zeitlimiten.
Bei der Seepolizei haben wir eine Doppelfunktion. Neben der Funktion der Seepolizistinnen und -polizisten sind wir Generalisten und können von der Einsatzzentrale jederzeit für gerichts- und sicherheitspolizeiliche Einsätze am Land aufgeboten werden.
Die ersten Tage und der erste Sonnenbrand
Die ersten paar Tage in der neuen Funktion verbrachte ich hauptsächlich damit, das neue Material kennen zu lernen. Das Materialdepot der Seepolizei ist sehr umfangreich und vielseitig. Wir müssen für Personen- und Materialbergungen am, unter und auf dem Wasser ausgerüstet sein. Ausserdem sind wir sowohl in Fliessgewässern als auch in Seen im Einsatz, und dafür braucht es unterschiedliches Material. Die Handhabung konnte ich bei verschiedenen Übungen erlernen.
Am ersten Wochenende war es soweit, die ersehnte erste Patrouillenfahrt auf dem Wasser stand an. Da ich schon zuvor einen Führerausweis für Motorboote besass, durfte ich direkt an das Steuer des Einsatzboots – natürlich unter Aufsicht eines erfahrenen Seepolizisten. An diesem wundervollen, sonnigen Tag waren viele Schiffe auf dem See. Wir führten mehrere Schiffskontrollen durch und haben festgestellt, dass alle Schiffe mit genügend Rettungsmitteln ausgestattet waren und auch sonst alles in bester Ordnung war. Wie es kommen musste, hatte ich abends trotz guter Sonnencreme einen bösen Sonnenbrand. Meine Haut muss sich wohl erst an die Arbeit auf dem Wasser mit viel Sonnenschein gewöhnen.
Die vielseitigen Aufgaben der Seepolizei
Unser wichtigster Auftrag ist die Rettung und der Schutz menschlichen Lebens. Dies zeigt sich zum Beispiel bei der Rettung von in Not geratenen Personen auf dem Wasser; sei es bei einem medizinischen Problem auf einem Schiff oder bei der Rettung eines in Not geratenen Kitesurfers. Ein Kitesurfer kann zum Beispiel in Seenot geraten, weil er die starken Winde unterschätzt hat und nicht mehr selbstständig ans Ufer gelangt oder sich in seinen Drachenseilen verfängt und zu unterkühlen oder gar zu ertrinken droht.
Zusätzlich erfüllen wir sicherheits- und gerichtspolizeilichen Aufgaben und werden für Personen- und Materialsuche am, unter und auf dem Wasser eingesetzt. Auf den drei grossen Seen im Kanton Bern gibt es weder eine Ambulanz noch eine Feuerwehr. Diese Aufgaben werden in erster Linie durch die Seepolizei in enger Zusammenarbeit mit den beiden Partnern erfüllt. Im Kanton Bern ist die Seepolizei ausserdem zuständig für das Binden und Einsammeln von Schwemmholz.
Der Weg zum Einsatztaucher
Jeder Seepolizist am Thuner-, Brienzer- oder Bielersee ist gleichzeitig auch Polizeieinsatztaucher. Einsatztaucher benötigen mindestens das Brevet „Diver 1 Stars“ von CMAS sowie spezielle polizeiinterne Ausbildungen. In den ersten Dienstjahren machen wir weitere Ausbildungen bis zum „Diver 3 Stars“. In mehreren Theorieblöcken behandelten wir unter anderem die Themen Anatomie/Physiologie, Nitrox (Tauchen mit erhöhtem Sauerstoffanteil), Tauchmaterial, Tauchunfälle sowie Tauchphysik. Nach einigen Angewöhnungstauchgängen, bei dem wir das Handling mit dem neuen Trockentauchanzug erlernt hatten, begannen die verschiedenen Übungen.
Neben den Fähigkeiten, die jeder Tauchende mitbringen sollte wie das Schweben über dem Grund und dabei die Taucherbrille wechseln oder das Retten eines bewusstlosen Tauchers aus 25 Metern Wassertiefe sind nur zwei der vielen verschiedenen Übungen während der Tauchausbildung. Unter Wasser den Kompass zu benutzen und eine Ausstiegsstelle zu finden, wenn die Sichtweite nicht einmal einen Meter beträgt, stellte sich als grosse Herausforderung heraus. Um bei der Suche nach einer vermissten Person oder nach einer Tatwaffe mit den verschiedenen Suchmethoden vertraut zu sein, üben wir diese regelmässig bei Tauchtrainings.
Ein Jahr, viele Erlebnisse und Eindrücke
Während meines ersten Jahrs bei der Seepolizei wurde ich zudem in den gewässerspezifischen Gesetzgebungen sowie in der Wetter- und Radarkunde ausgebildet. Durch letztere erhielten wir die Bewilligung zum Ausführen von Radarfahrten, das heisst Fahren in der Nacht und bei unsichtigem Wetter. Ich wurde durch das Team der erfahrenen Seepolizisten, welche den liebevollen Spitznamen „Seebären“ tragen, tatkräftig unterstützt und unterrichtet.
Obwohl ich schon private Erfahrung mit Booten hatte, musste ich mit sämtlichen Einsatzbooten eine Fahrausbildung absolvieren. Dadurch beherrsche ich die Fahrmanöver auch unter erschwerten Bedingungen, damit ich auch bei starkem Wind und Wellengang das Einsatzboot sicher führen und somit jederzeit den Einsatz bewältigen kann.
Es gab in diesem Jahr Ereignisse, die mir noch lange in Erinnerung bleiben werden. Unter anderem die Bergung eines verunglückten Schwimmers, welcher nach einigen Tagen auf knapp 40 Metern Wassertiefe lokalisiert werden konnte. Anschliessend wurde dieser durch Einsatztaucher geborgen.
Tragische Einsätze bei denen Personen verletzt oder tödlich verunglückt sind, gehören ebenfalls zum Beruf des Seepolizisten. Zum grössten Teil erlebe ich jedoch erfreuliche und schöne Momente. Zu sehen wie freundlich der gemeinsame Umgang und die Hilfsbereitschaft unter den Seebenutzerinnen und -benutzern ist, ist für mich nach wie vor ein täglicher Aufsteller.
Quelle: Blog der Kapo Bern / Pascal Lüthi
Titelbild: Symbolbild © Kapo Bern