Was darf die Polizei? - Kennen Sie Ihre Rechte?

Darf mich die Polizei einfach so verhaften?

In den vergangen Wochen gab es mehrfach aus dem Ausland Berichte über  unverhältnismässiges Vorgehen der Polizei gegenüber Privatpersonen. Vor allem aus Berlin erreichten uns vor einigen Tagen erschreckende Bilder.

Nicht wenige Schweizerinnen und Schweizer fragen sich derzeit, ob so etwas auch hierzulande möglich wäre. Deshalb haben wir in diesem Beitrag Ihre Rechte und Pflichten bei polizeilichen Massnahmen zusammengefasst.


Verhaftung bei Straftat
Es muss triftige Gründe geben, um einen überdurchschnittlichen Körpereinsatz bei einer Verhaftung zu rechtfertigen (Bild: Sandra Sanders – shutterstock.com)

Darf mich die Polizei einfach so kontrollieren?

Ohne Grund wird kein Polizist Ihre Personalien feststellen oder gar Ihre Tasche durchsuchen wollen. Sollte man meinen. Es kann aber auch sein, dass Sie einfach zur falschen Zeit am falschen Ort sind und absolut unschuldig in eine Kontrolle geraten.

Liegt kein polizeirechtlich nachvollziehbarer Grund vor, können Sie die Kontrolle verweigern. Um Ärger zu vermeiden, und wenn Sie sowieso nichts zu verbergen haben, ist es empfehlenswert, sich auszuweisen. Das sollten Sie dazu wissen:

  • Die Polizei hat kein Recht, Sie aufgrund Ihrer äusserlichen Erscheinung für verdächtig zu halten und zu kontrollieren.
  • Eine Ausnahme gibt es allerdings: Sollten Sie eine auffällige, frische Verletzung haben, ist eine Kontrolle angemessen.

Es gibt in der Schweiz keine Vorschrift, die besagt, dass Sie das Haus nicht ohne Ausweis verlassen dürfen. Allerdings ist es empfehlenswert, stets die ID, den Führerschein oder den Ausländerausweis einzustecken.

Liegt ein plausibler Grund für eine polizeiliche Kontrolle vor und können Sie sich nicht ausweisen, darf möglicherweise Ihre Tasche oder Ihr Handy durchsucht werden. Ohne konkreten Verdacht ist dies nicht zulässig!


Passkontrolle Polizei
Tragen Sie immer einen Ausweis bei sich. Es könnte sein, dass sie einmal zur falschen Zeit am falschen Ort sind und sich ausweisen müssen. (Bild: Kzenon – shutterstock.com)

Muss sich ein Polizist ausweisen?

Werden Sie von Zivilpolizei aufgefordert, sich auszuweisen, können Sie im Gegenzug deren Ausweis verlangen. Zivilpolizisten sind verpflichtet, diesen zu zeigen.

Sie sind zudem berechtigt, die Namen von Polizisten in Uniform zu erfahren. Sollte die Situation angespannt sein, notieren Sie sich am besten die Namen sowie Uhrzeit und Ort des Vorfalls auf. So geht in der Aufregung nichts vergessen.

Sollten Sie während der Kontrolle (oder einer Festnahme) bedroht, beschimpft oder gar geschlagen werden, versuchen Sie, Personalien von Zeugen zu bekommen.

Polizeiliche Körperkontrolle – das müssen Sie wissen

Nicht nur aufgrund fehlender Personalien darf die Tasche durchsucht werden. Auch wenn der Verdacht besteht, dass Sie eine Waffe oder zum Beispiel Drogen dabeihaben, darf im Rahmen der Kontrolle Tasche oder Rucksack ausgeräumt werden. Auch das Abtasten nach einer Waffe ist legal. Dabei sollten Frauen von Polizistinnen durchsucht werden. Nur bei sogenannter Gefahr für Leib und Leben ist auf diesen Punkt keine Rücksicht zu nehmen.

Stehen Gaffer umher, dürfen Sie verlangen, dass die Kontrolle und Durchsuchung diskret abläuft, zum Beispiel im Polizeiauto. Grundsätzlich ist Ihre Persönlichkeit zu schützen und Ihre Privatsphäre zu gewährleisten. Berichte und Bilder aus Deutschland, bei denen Frauen am Boden liegen, die Röcke bis zur Hüfte hochgerutscht und von mehreren Polizeibeamten festgehalten, sollten in der Schweiz unmöglich sein. Auch dürfen Polizisten und Polizistinnen niemals verlangen, dass Sie sich bis auf die Unterwäsche zwecks Durchsuchung ausziehen.

Wenn es zur einer Festnahme kommt

Hat die Polizei Ihre Personalien aufgenommen und, falls erforderlich, überprüft, hat sie normalerweise keinen Grund, Sie weiterhin festzuhalten. Eine Ausnahme bilden Situationen, die gesetzlich eine Verhaftung rechtfertigen. Gibt es konkreten Anhaltspunkte, aufgrund derer Sie einem Verbrechen oder gröberem Vergehen beschuldigt werden, ist eine Festnahme wahrscheinlich. Sie haben ein Recht darauf, zu erfahren, was man Ihnen konkret vorwirft. Muss die Polizei von einer Verdunklungsgefahr ausgehen oder besteht Fluchtgefahr, klicken sehr wahrscheinlich die Handschellen, bzw. müssen Sie mit auf die Polizeiwache kommen.

Unter der Woche dürfen Sie maximal 24 Stunden festgehalten werden, an Wochenenden 48 Stunden. Danach erfolgt die Befragung durch den Untersuchungsrichter. Im Normalfall werden Festgenommene aber nach wenigen Stunden bereits wieder freigelassen.

So sollten Sie sich bei einer Festnahme verhalten

Lassen Sie sich nicht aus Angst zu einer Aussage verleiten, die sie später bereuen. Sie haben das Recht auf einen Anwalt. Bis Sie mit diesem sprechen können, sollten Sie besser schweigen. Hören Sie gut zu, was man Ihnen vorwirft, aber äussern Sie sich, auch wenn es schwerfällt, nicht! Es ist Ihr Recht, zu schweigen. Häufig werden Fragen gestellt, die unzulässig sind, bzw. nicht beantwortet werden müssen:

Arbeitgeber, Freunde, Familie, politische Zugehörigkeit oder sexuelle Neigungen gehen die Polizei nichts an. Reden Sie zu viel, kann das Gesagte möglicherweise gegen Sie verwendet werden. Die Schweizer Polizei ist geschult und weiss, wie Sie mit vorläufig Festgenommenen umgehen darf und sollte. Trotzdem kann es vorkommen, dass ein Beamter oder eine Beamtin Grenzen überschreitet. Bleiben Sie in diesem Fall, auch wenn es schwerfällt, ruhig und lassen Sie sich nicht provozieren.


Verhör bei der Polizei
Sie haben das Recht zu schweigen, lassen Sie sich beim Verhör nicht provozieren! (Bild: nimito– shutterstock.com)

Aussage bei der Polizei gemacht – und nun?

Wie bereits erwähnt, sollten Sie mit einer Aussage warten, bis Ihnen ein Anwalt zur Seite steht. Liegen für die Anschuldigung nämlich keine ausreichenden Beweise vor, wird das Urteil aufgrund von Geständnissen gefällt!

Sind sie sich keiner Schuld bewusst oder fühlen sie sich in die Ecke gedrängt, äussern sich jedoch viele Personen nach der Festnahme voreilig. Dann ist es wichtig, dass Protokoll in Ruhe durchzulesen, bevor es unterschrieben wird. Sind Sie der Meinung, Ihre Aussage wurde falsch protokolliert, dürfen Sie die Unterschrift verweigern.

Gut zu wissen: Sollten Sie während der Vernehmung verletzt sein oder unter Schock stehen, muss dies im Protokoll vermerkt werden!

Darf die Polizei persönliche Dinge beschlagnahmen?

Tragen Sie illegale Dinge, wie Drogen oder Waffen, auf sich, hat die Polizei das Recht, diese einzubehalten. Sie bekommen eine Quittung zur Bestätigung. Persönliche Gegenstände werden in der Regel nicht beschlagnahmt, es sei denn, sie werden mit einer Straftat in Zusammenhang gebracht oder als Beweismittel benötigt.

Im Normalfall übertreten Schweizer Polizisten Ihre Grenzen nicht. Sollten Sie jedoch der Meinung sein, ungerecht oder demütigend behandelt worden zu sein, besprechen Sie den Vorfall mit einem Anwalt oder einer Anwältin.

Gut zu wissen:

Unter nachfolgenden Links finden Sie weitere Informationen darüber, was die Polizei darf und was nicht:

Ihre Rechte bei einer Verkehrskontrolle

Hausdurchsuchung – wann erlaubt?

Sie benötigen eine Rechtsberatung? Die meisten Schweizer Gemeinden bieten ihren Einwohnern kostenlose oder günstige Sprechstunden.

 

Titelbild: Vadim Kulikov © shutterstock.com

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