Nächtliche Abkühlung: Wovon hängt sie ab?

Heute Morgen starteten wir mit vergleichsweise milden Temperaturen in den Tag, die nächtliche Abkühlung hielt sich in Grenzen. Wovon hängt das eigentlich ab? Welche Faktoren beeinflussen, wie tief die Temperaturen im Laufe einer Nacht absinken?

Alles beginnt natürlich mit der Sonne, sie ist der treibende Motor für jegliche Wettervorgänge auf der Welt. Von ihr ausgehend erreicht uns ein breites Strahlungsspektrum, es reicht von langwelliger Wärmestrahlung über das sichtbare Licht bis hin zum kurzwelligen UV-Anteil.

Durch Wassertröpfchen, Eiskristalle und andere Bestandteile der Atmosphäre wird diese Strahlung bereits gestreut, reflektiert oder absorbiert. Die an der Erdoberfläche ankommende Strahlung wird zu einem mehr oder weniger grossen Anteil aufgenommen, ein Teil aber ebenfalls reflektiert. Wie gross dieser Anteil ist, hängt von der Oberfläche ab. Eine frische Neuschneedecke kann das menschliche Auge mitunter regelrecht blenden, sie reflektiert sehr stark. Dunklere Flächen absorbieren viel des eintreffenden Lichts und erwärmen sich in der Folge – ein trockener Erdboden schneller als beispielsweise Wasser. Der Untergrund erwärmt die darüber liegende Luft und strahlt langwellige Wärmestrahlung nach oben ab. An einem sonnigen Sommertag kommt viel mehr Energie von der Sonne an, als wieder abgestrahlt werden kann. Im Winter ist der Sonnenstand flacher, die Tage kürzer und so der Energieeintrag wesentlich geringer.

So oder so, nach Sonnenuntergang wird die Strahlungsbilanz negativ. Die tagsüber im Boden gespeicherte Wärme wird in Form langwelliger Strahlung in den Weltraum abgestrahlt. Ist der Himmel klar, passiert das praktisch ungehindert. Zuerst kühlen die obersten Schichten des Bodens ab, von hier ausgehen dann auch die darüber liegende Luft. Wie tief die Temperaturen dann aber bis zum nächsten Morgen absinken, hängt auch noch von anderen Faktoren ab:

Einer davon ist der Wasserdampf, denn trotz eines klaren Himmels ist immer mehr oder weniger von diesem Gas in der Luft vorhanden. Ist die Luft sehr trocken, bremst tatsächlich kaum etwas die Abkühlung. Aus diesem Grund sind auch die Unterschiede zwischen den Tages- und Nachttemperaturen in Wüstengebieten besonders gross. Bei mehr Feuchtigkeit wird bei sinkender Lufttemperatur eventuell 100% Sättigung erreicht, diese Temperaturschwelle nennt sich Taupunkt. Der gasförmige Wasserdampf beginnt zu feinen Wassertropfen zu kondensieren. Am Boden bildet sich Tau (oder bei Frost auch Reif), in der Luft darüber Nebel. Durch die freiwerdende Kondensationswärme wird die weitere Abkühlung der bodennahen Luft gebremst oder auch ganz gestoppt. Ist die Luft im Hochsommer dagegen feucht und nach einem heissen Tag die

Temperatur zu Beginn der Nacht entsprechend hoch, kühlt es nur langsam ab. Der gasförmige Wasserdampf wirkt wie Art Batterie, die für seine Verdunstung benötigte Energie ist in ihm gespeichert (latente Energie). In so einem Fall tut sich der menschliche Organismus mit der Regelung der Körpertemperatur schwer, es ist schwül und sorgt mitunter für schlaflose Stunden und verschwitzte Betten.

Ein zweiter Faktor ist der Wind. Bei wenig Wind wird die Luft nicht mehr durchmischt und sie kühlt sich, wie oben beschrieben, vom Boden her ab. Diese bodennahe Kaltluft ist schwerer und rinnt quasi wie Wasser in Senken und Mulden – es können sich allmählich Kaltluftseen und Inversionen bilden. Dies passiert auch im Sommer, allerdings sind diese Bodeninversionen zu dieser Jahreszeit nur flach. Im Herbst werden die Nächte immer länger und die Kaltluftansammlungen immer mächtiger sowie die Temperaturinversionen an ihrem Oberrand stärker – sichtbar in Form von Nebel oder tiefem Hochnebel. Bei mehr Wind kommt es kaum oder gar nicht dazu, da die Luft ständig „umgerührt“ wird. Bläst beispielsweise der Föhn durch die Täler, kühlt es selbst in einer klaren Nacht kaum ab.

Auch die Beschaffenheit des Untergrunds ist wichtig. Trockene Sandböden (wieder zum Beispiel in Wüsten) kühlen deutlich schneller ab, als beispielsweise eine Wiese oder ein moosiger Waldboden. Wasser besitzt eine hohe Wärmekapazität und kühlt sich im Laufe einer Nacht generell viel weniger ab. Dieser Unterschied im thermischen Verhalten ist auch die Ursache für die Land-See-Windzirkulation. Die stärkste Abkühlung gibt es über einer geschlossenen Neuschneedecke bei trockener Luft, wenig Wind sowie einer langen und sternenklaren Nacht.

Und damit wären wir beim abschliessenden Punkt – der Bewölkung. Sie spielt eine entscheidende Rolle! Eine geschlossene Wolkendecke wirkt wie eine Art isolierende Decke, welche die vom Boden abgegebene langwellige Wärmestrahlung am Verlassen der Atmosphäre nach oben verhindert. Sie strahlt einen grossen Teil wieder nach unten zurück – es ist dies die sogenannte Gegenstrahlung. Tiefe und mittelhohe Wolken wirken hier am effektivsten, reine Schleierbewölkung dagegen hat viel weniger Einfluss. Die letzte Nacht war hierfür ein gutes Beispiel. Sie war mit nicht ganz 12 Stunden schon ziemlich lang, wir nähern uns nun ja mit grossen Schritten der Tag-Nacht-Gleiche (Äquinoktium) am 22. September. Trotz tagsüber zunehmender Bewölkung war es gestern noch lange Zeit recht sonnig und spätsommerlich, neben der Sonne trug übrigens auch die aktuell warme Luftmasse im Alpenraum ihren entscheidenden Teil dazu bei. Vom Sommer her ist zudem generell noch viel Wärmeenergie im Erdreich und in Gewässern gespeichert. Die meist starke Bewölkung konservierte so die Wärme des gestrigen Tages, trotz kaum vorhandenen Windes gab es heute Morgen ein mildes Erwachen.

Eine Grafik findet sich hier.

 

Quelle: MeteoNews
Titelbild: Symbolbild © Bernsten – shutterstock.com

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