Medicane bedroht Sizilien

In der Nacht zog südöstlich von Sizilien ein Medicane auf, er bringt stürmische Winde und viel Regen. Ein Medicane besitzt tropensturmähnliche Strukturen, er ist sozusagen der kleine Bruder der grossen Hurrikans auf dem Atlantik oder der mächtigen Taifune über dem Pazifik.

Wie MeteoNews in einer Mitteilung schreibt, ist in der Nacht auf den Freitag ein Medicane auf die Küsten von Sizilien getroffen.

Die Insel kämpft seit zwei Wochen mit den Folgen schwerer Hochwasser, es wurden bereits drei Todesopfer bestätigt. Jetzt fallen in 36 Stunden nochmals teils deutlich über 100 Liter Regen pro Quadratmeter. Die Lage bleibt weiterhin angespannt, besonders in der Hafenstadt Catania am Fusse des Ätna. Dort sind seit gestern Schulen sowie Ämter und nicht essenzielle Geschäfte geschlossen. Bürgermeister Salvo Pogliese spricht in einem Video von „besorgniserregendenen Vorhersagen“.

Der Medicane ist bereits der zweite schwere Sturm innerhalb von nur einer Woche. Für heute Freitag werden stürmische Winde und Wellen von bis zu 4.5 Metern Höhe erwartet. In der sizilianischen Hafenstadt Catania sind in den letzten Tagen bereits 350 Liter Regen gefallen. Die Böden sind voll mit Wasser, nun drohen mit dem erneuten Regen Schlammlawinen, Hangrutsche und weitere Hochwasser. Die Regionalregierung in Sizilien hat am Mittwoch den Notstand ausgerufen, die Schäden in den Zitrushainen und an den Olivenbäumen sind beträchtlich. In ganz Italien haben Extremwetterereignisse dieses Jahr bereits zwei Milliarden Euro Verlust in der Landwirtschaft verursacht, so Schätzungen der Agrarverband Coldiretti.

Entstehung eines Medicanes

Die Medicanes entstehen meistens im Herbst (September bis November), dann ist die Meeresoberfläche vom Sommer noch aufgewärmt. Die Temperaturen in einem Höhentief, welches von Norden in die Mittelmeerregion hineinzieht, können aber bereits recht kalt sein. Diese grossen Temperaturunterschiede von Atmosphäre und Meeresoberfläche begünstigen die Verdunstung des Meereswassers, mächtige Gewitterwolken entstehen und schliesslich kann sich daraus ein Medicane bilden. Der aktuelle Medicane bekam übrigens den Namen Apollo.

Das Besondere an einem Medicane ist, dass er sowohl aussertropische als auch tropische Eigenschaften aufweist. Er dreht sich und bildet ab einer gewissen Grösse ein Auge aus. Der grösste Unterschied zu einem „richtigen“ Hurrikan ist, dass der Medicane kein selbst nährendes Wettersystem über mehrere Tage bilden kann. Der Mittelmeerraum ist als Einzugsgebiet zu klein, zudem sind die Temperaturen der Meeresoberfläche meist zu tief. Für die Entstehung eines Hurricanes gilt als Faustregel, dass die Meeresoberfläche über 26.5 Grad sein muss. Eine Hurrikan-Bildung über kälterem Wasser ist nur möglich, wenn sich darüber ein Kaltlufttropfen befindet. Genau so entstand jetzt auch der Medicane vor der Küste Siziliens. Da die Temperatur des Oberflächenwassers unter 26.5 Grad lag, ging es nur mithilfe eines mit kalter Luft gefüllten Höhentiefs über genau diesem Teil des Mittelmeers.

Zukünftige Entwicklung

Ein Medicane ist ein recht seltenes Phänomen, vor 2000 entstand ein Medicane nur alle paar Jahre einmal. Seit 2016 konnten sich infolge immer höherer Wassertemperaturen im Herbst fast in jedem Jahr ein Medicane bilden. Da die Sommermonate in der Mittelmeerregion heisser werden, steigen auch die Wassertemperaturen an. Die Bedingungen für Medicanes werden in der Zukunft also laufend verbessert.

Eine Karte findet sich hier.

 

Quelle: MeteoNews
Titelbild: andriano.cz – shutterstock.com

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