Wetter-Schweiz: Morgendliche Überraschung
Heute Mittwoch lag die Schweiz zwischen einem umfangreichen Hochdruckgebiet über Osteuropa und einer schwach ausgeprägten Tiefdruckzone, die sich zwischen Portugal der Biskaya und Nordafrika erstreckte.
Das Wetter im Alpenraum stand dabei im Einflussbereich des Hochs über Osteuropa. Trotz dem deutlichen Hocheinfluss zogen kurz nach Mitternacht erste Regenschauer von Frankreich her über die Region rund um den Genfersee nach Südosten hinweg.
In den ersten Stunden des Tages weitete sich die Schaueraktivität sogar weiter östlich aus. Woher die Schauer unerwartet kamen? In den nächsten Zeilen wagt sich ein postfrontaler Blogschreiber auf eine Erklärung. Ausserdem hat das Bild nicht viel mit der aktuellen Wetterlage zu tun. Es ist nur eine Erinnerung, dass letzte Nacht Vollmond war, was dem Fotograph, Daniel Gerstgrasser, nicht entgangen ist.
Grosswetterlage
In der Nacht auf Mittwoch verlagerte ein wetterbestimmendes Hoch sein Zentrum von Norddeutschland nach Ungarn. Im Laufe des Mittwochs bewegte sich das Hoch unter Abschwächung weiter südöstlich. Gleichzeitig näherte sich ein weiteres Hoch den Britischen Inseln vom Atlantik her an. Etwa in der gleichen Zeitspanne lag eine Tiefdruckzone über der Iberischen Halbinsel. Tagsüber verursachte die sommerliche Hitze ein auf den Wetterkarten deutlich erkennbares Hitzetief mit Zentrum über der Mitte der Halbinsel.
Am Mittwochfrüh lag ein solches kleinräumiges Hitzetief über Südwestfrankreich und sorgte für die Entwicklung eines über mehrere Stunden anhaltenden Gewitterherdes. Diese Entwicklung konnte allerdings nicht in direkter Beziehung mit den plötzlichen, nächtlichen Regenschauern in den Voralpen gebracht werden.
Höhenkarten
Das Bild der Höhenströmung lieferte etwas mehr Hinweise für die unerwarteten Regenschauer. Auf 500 hPa (auf rund 5500 Metern) erschien nämlich eine deutliche Delle in der Strömung. Solche Dellen in der Strömung werden auch kurzwellige Tröge genannt. Die Achse des betroffenen kurzwelligen Troges ist auf dem Bild mit einem roten Strich auf 500 hPa markiert. Auf dem Bild nicht sichtbar, konnte auch eine schwache Anfeuchtung der Luftschichten zwischen 3000 und 5000 Metern festgestellt werden. Der kurzwellige Trog sorgte damit für die Instabilität. Zusammen mit der herangeführten Feuchte waren die wichtigsten Bedingungen für die Bildung konvektiver Zellen erfüllt.
Dieser kurzwellige Trog wurde mit der Höhe noch deutlicher sichtbar. Auf den 300 hPa Karten oder etwa 10’000 Metern erscheint der Trog viel markanter als auf 500 hPa; ein Zeichen für erhöhte Labilität in den höheren Luftschichten.
Nach genauer Betrachtung der Höhenkarten sowohl auf 500 wie auch 300 hPa sind auch weitere kurwellige Tröge deutlich erkennbar. Auf den entsprechenden Bildern sind die Achsen der jeweiligen Tröge mit einem blauen Strich gekennzeichnet. Voraussichtlich dürften diese Instabilitätszonen zur Bildung weiterer Regenschauer in der Nacht auf Donnerstag auf der Alpennordseite beitragen.
Die 6-stündige Radar Animation in der Nacht auf Mittwoch zeigt die Bildung von Regenschauern und deren Bewegung von West nach Ost. Allgemein ist ersichtlich, dass die Anzahl von Schauerzellen gering und eher erratisch als organisiert war. Zudem zeigt die vertikale Projektion auf der oberen und rechten Seite der Radaranimation, dass die Schauerzellen nur bis etwa 6 oder 8 km in die Höhe wuchsen.
Die Erklärung für diese reduzierte vertikale Ausdehnung der Schauer liefert die Ballonsondierungen von Mitternacht in Payerne. Auf etwa 5000 Meter ist eine Inversion zu erkennen, die die Intensität der Konvektion sicherlich abbremste. Zudem ist zwischen 6000 und 9000 Metern eine sehr trockene Luftschicht vorhanden, die die Entwicklung von konvektiven Zellen mit einem Feuchtigkeitsdefizit ebenfalls einschränkte.
Labilität in Wolkenbildern
Beim Sonnenaufgang konnten an vielen Orten auf der Alpennordseite die Anzeichen der beiden Ingredienzen zur Bildung von konvektiven Zellen beobachtet werden. Die klassischen Wolken in solchen Lagen werden „Altocumulus castellanus“ oder „Altocumulus floccus“ genannt. Diese Wolken zeigen indirekt, dass die Luftschichten Feuchtigkeit enthalten, und dass die entsprechende Schicht zur Bildung von grösseren konvektiven Wolken führen können.
Meteorologische Weisheit
Erklärungen nach einem Ereignis sind in der Meteorologen-Gilde besonders beliebt. Vor allem wenn sie das Gewissen der Meteorologen mit Fragen quälen wie: „Warum hat niemand diese Entwicklung gesehen?“. Dabei haben sich viele Autoren besonders treffend über die Schwierigkeiten der Prognosetätigkeit geäussert: „Prognose sind eine schwierige Sache. Vor allem wenn sie die Zukunft betreffen“. Darum werden nachträgliche Erklärende liebevoll auch postfrontale Klug(Blog-)schreiber genannt.
Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz
Titelbild: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz